Julia Festival Band 0105
den er offenbar so dringend brauchte?
„Entscheide dich, Francesca. Die Ungewissheit bringt mich um.“
Der Klang seiner Stimme ließ sie zusammenzucken. „Du bist wach.“
„Ich habe einen leichten Schlaf.“ Miles richtete sich auf. „Ich habe schon vor langer Zeit gelernt, dass es besser ist, auf der Hut zu sein, wenn sich jemand anschleicht.“
„Ich habe mich nicht angeschlichen“, verteidigte Chessie sich würdevoll. „Ich habe lediglich deinen Kaffee und die Post gebracht. Warum hast du mich herumstehen lassen, wenn du wusstest, dass ich hier bin?“, fügte sie gereizt hinzu.
Er lächelte ironisch. „Vielleicht habe ich gehofft, du würdest mich mit einem Kuss wecken.“
Sie ignorierte diese Bemerkung. „Warst du die ganze Nacht auf?“
Miles erhob sich und dehnte die Muskeln. „Das passiert gelegentlich. Ich war gestern Abend nicht besonders müde, und da ich über einiges nachdenken musste, habe ich mich erst in den Garten gesetzt und dann einen Spaziergang gemacht.“ Er zögerte. „Mir scheint, du hattest einen Besucher.“
„Ja.“ Chessie errötete. „Das ist doch nicht verboten, oder? Warum spionierst du mir nach?“
„Das habe ich nicht. Aber wie jeden Hausbesitzer interessiert mich die Identität von Fremden, die mein Grundstück nach Mitternacht verlassen.“ Er hinkte zum Tisch hinüber und goss sich Kaffee ein. „Hoffentlich hat er dir keine Probleme bereitet.“
„Warum sollte er?“
„Ich habe angenommen, er sei Jennys unpassender Freund, über den du dich beim Dinner so aufgeregt hast.“
„O nein. Es war Alastair Markham, ein alter Freund.“
„Markham?“, wiederholte Miles stirnrunzelnd. „Ist er etwa mit der atemberaubenden Lady verwandt, der wir gestern Abend begegnet sind?“
„Ja. Er ist ihr Stiefsohn. Sein Vater hat bedauerlicherweise einen Schlaganfall erlitten, deshalb mussten sie aus Spanien zurückkehren. Und Alastair ist aus London angereist, um Wenmore Court behindertengerecht umbauen zu lassen.“
„Und um alte Bekanntschaften zu erneuern.“
„Natürlich.“ Trotzig hob sie das Kinn. „Das kann doch nicht schaden.“
„Ich finde, das hängt ganz von der Bekanntschaft ab.“
„Beanspruchst du Exklusivrechte an meiner Gesellschaft aufgrund der sogenannten Verlobung?“, fragte sie empört.
„Im Moment beanspruche ich gar nichts.“ Miles leerte seine Tasse. „Aber wenn es so weit ist, wirst du es merken.“ Er ließ ihr Zeit, seine Worte zu verarbeiten. „Wie ist eigentlich dein Gespräch mit Jenny verlaufen? Hast du etwas erreicht?“
„Es war nicht der richtige Zeitpunkt“, erklärte sie. „Ich werde heute Abend mit ihr reden.“
„Außer es kommen noch mehr alte Freunde vorbei. Weißt du, Francesca …“ Miles verstummte unvermittelt und griff nach dem cremefarbenen Umschlag. Seine Miene wirkte plötzlich angespannt.
„Stimmt etwas nicht?“ Wenn er mich überwacht, habe ich auch das Recht, Fragen zu stellen.
Es dauerte einen Moment, dann schaute er Chessie mit einem sonderbaren Ausdruck an, so als würde er sie gar nicht wahrnehmen. Er schien weit weg von ihr zu sein, und zwar an keinem sehr schönen Ort.
„Es ist alles in Ordnung“, behauptete er kalt. „Außer dass ich eine Dusche brauche. Außerdem muss ich mich rasieren und umziehen. Und du musst natürlich arbeiten.“
„Ja.“ Sie rang sich ein Lächeln ab und ging an ihm vorbei zur Verbindungstür.
Auf der Schwelle wandte sie sich um und sah gerade noch, wie Miles das Kuvert mit undurchdringlicher Miene in die Hosentasche schob. Zweifellos wollte er sich mit dem Schreiben in aller Ruhe befassen.
Sie schloss leise die Tür hinter sich und setzte sich an den Computer. Die Sache ging sie nichts an – das durfte sie nie vergessen.
Es fiel Chessie an diesem Morgen schwer, sich zu konzentrieren. Ich bin heute offenbar überempfindlich, dachte sie und korrigierte einen Tippfehler. Sie atmete erleichtert auf, als die letzte Seite übertragen und auf Diskette gespeichert war und ausgedruckt auf dem Stapel im Ausgangskorb lag.
Als Chessie sich gerade mit der Korrespondenz beschäftigte, steckte Mrs. Chubb den Kopf zur Tür herein. „Besuch“, verkündete sie in einem bühnenreifen Flüstern.
„Oh.“ Chessie stand auf. „Ich habe vergessen, ihn danach zu fragen. Ist das Zimmer fertig?“
„Nicht der Besuch.“ Mrs. Chubb machte eine wegwerfende Geste. „Madam ist vorbeigekommen. Sie schlenderte die Auffahrt herauf, während ich das Messing putzte, und
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