Julia Festival Band 05
durch diese harte Antwort verletzt fühlte, blieb sie ruhig, denn sie kannte den Schmerz, der hinter den Worten steckte. „Es hat aber zuerst unter meinem Herzen geschlagen.“ Sie tippte mit dem Daumen auf ihre Brust. „Bevor es ein Teil von dir wurde, war es ein Teil von mir. Und wenn es glücklich ist, dann werde ich es in Ruhe lassen.“
Laura seufzte. Es lag nicht in ihrer Absicht, ihre Mutter zu verletzen. Sie schlang die Arme um die kleine, aber üppige Gestalt. „Du bist ein Quälgeist, weißt du das eigentlich?“
Janka zog die breiten Schultern hoch und ließ sie dann langsam fallen. „Vielleicht. Aber ein liebenswerter Quälgeist.“
„Bestimmt, Mama.“ Laura lachte. „Ganz bestimmt.
„Komm, wir bringen Robbie zum Bett.“
„Zu Bett, Mutter“, verbesserte Laura sie, während sie sich bei Janka einhakte.
„Zum Bett, zu Bett, was spielt das für eine Rolle? Hauptsache, er schläft ein.“
Laura ließ es dabei bewenden. Es hatte wenig Sinn, mit ihrer Mutter über die englische Sprache zu diskutieren. „Ich habe keinen Schimmer, Mama.“
„Warum solltest du einen Schimmer haben?“
„Schon gut, Mutter, schon gut!“
5. KAPITEL
Tim hatte die halbe Nacht damit verbracht, Daten zu seinem Bericht zu schreiben, damit Laura etwas zu tun hatte, wenn sie zu ihm kam. Seine Sekretärin war einfach zu fleißig. Sie hatte alles, was er letzte Woche geschrieben hatte, bereits in den Computer eingegeben. Den Rest der Nacht hatte er die Spuren eines nicht sehr ordentlichen Junggesellen beseitigt. Tim lebte allein und hasste Hausarbeit, sodass das Saubermachen ihn bis auf einige wenige Stunden, in denen er ruhelos schlief, beschäftigt hatte.
Er war nervös. Als er einige Kleidungsstücke in seinen Schrank warf, fiel sein Blick auf den roten Mantel, der dort hing. Er war versucht, das Kostüm zu berühren. Vielleicht brachte es ihm Glück und stärkte sein Selbstvertrauen.
Während er über seine ungewohnten Gefühle den Kopf schüttelte, schloss er die Schranktür wieder.
Es erschien ihm wie eine Ewigkeit, bis Laura schließlich vor seiner Haustür stand. Etwas zögernd trat sie ein. Laura trug einen schlichten, hellblauen Rock und eine Bluse, wie man sie in jedem Kaufhaus auf dem Kleiderständer finden konnte.
Für Tim sah sie wie eine Königin aus.
Was Laura betraf, so war sie durch nichts darauf vorbereitet, wie Tim ohne seine Verkleidung aussah. Er hatte einen durchtrainierten, athletischen Körper. In Jeans und einem blauweißen Nadelstreifenhemd mit aufgekrempelten Ärmeln entsprach er in jeder Hinsicht den Träumen einer Frau.
Als Laura ihn ansah, wusste sie, dass sie in diesem Moment den sicheren Boden verlassen hatte.
Er nahm ihr den Pullover ab und schloss eilig die Tür hinter ihr, als fürchtete er, sie könne sofort wieder umkehren. „Wie geht es Ihrer Mutter?“ Die Frage klang sehr förmlich. Doch ohne Jankas Anwesenheit fühlte Tim sich in Lauras Gegenwart plötzlich seltsam verlegen.
Laura schaute sich um. In dem Raum herrschte eine angenehme Atmosphäre. Große Fenster zu beiden Seiten ließen den Sonnenschein herein. Es war das Apartment eines erfolgreichen Geschäftsmanns. Noch gestern Abend hatte sie über die geschäftliche Seite Erkundigungen eingezogen. Tim hatte sich im Telefonbuch unter Marketing eintragen lassen. So stand es auch auf seiner Karte. Dennoch hatte Laura am Vormittag zweimal zum Telefonhörer gegriffen, um die Verabredung abzusagen. Jedes Mal hatte sie dann doch noch ihre Meinung geändert. Sie wollte diesen Job, und sie wollte sich mit Tim treffen, obwohl sie Bedenken hatte. Fast verspürte sie Angst, aber wovor?
Irgendwie war es ihr gelungen, ihre unerklärlichen Befürchtungen beiseitezuschieben. Diesen Mann umgab etwas, das sie zu ihm hinzog, auch wenn sie sich dies nicht eingestehen wollte.
Es war dasselbe Etwas, das sie vor ihm warnte. Laura ahnte, dass er ihren Seelenfrieden stören konnte. Sie hatte das Gefühl, ihr Leben stünde auf dem Spiel.
Trotzdem war sie gekommen.
„Sie spricht immer noch von Ihnen“, erwiderte sie in einem unbekümmerten Tonfall, der ihren Empfindungen ganz und gar nicht entsprach. „Sie haben sie sehr beeindruckt.“
„Und die Tochter?“
Tim stand immer noch hinter ihr. Als er sprach, schien er jedoch den ganzen Raum auszufüllen. Für Laura gab es kein Entkommen. „Die Tochter muss etwas Geld für Weihnachten verdienen.“ Sie hielt ihre Tasche fest an sich gepresst, als sie sich nun zu ihm umdrehte und
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