Julia Festival Band 05
Sie werden meine Hilfe brauchen“, entgegnete sie.
Abschätzig musterte er ihre Gestalt. Sie war knapp einen Meter sechzig groß, wog nicht mehr als fünfzig Kilo, und seine Miene brachte deutlich zum Ausdruck, dass er ihr nicht viel zutraute. Dennoch zuckte er nur die Achseln und ging seinen Mantel holen.
Lucy starrte ihm finster nach. Er mochte perfekt aussehen, aber sein Verhalten ließ einiges zu wünschen übrig.
Vielleicht hatte es der Weihnachtsmann in diesem Jahr doch nicht so gut mit ihr gemeint.
Als Banner auf das total unerwartete Läuten hin die Haustür geöffnet hatte, war sein erster Gedanke gewesen, dass sich eine Weihnachtselfe auf seine Schwelle verirrt hatte. Die Unbekannte reichte ihm nicht mal bis an das Kinn. Sie hatte ein zartes Gesicht mit riesigen, grünen Augen, einem niedlichen Stupsnäschen sowie einem sinnlich vollen Mund, und ihr kurvenreiches Figürchen ließ ihn seine bisherige Vorliebe für große, vollbusige Blondinen einen Moment lang überdenken.
Als er begriffen hatte, dass sie die Vorhut einer Invasion von Fremden bildete, die in seine geschätzte Privatsphäre einfielen, war er versucht gewesen, ihr die Tür vor der kleinen, niedlichen Nase zuzuknallen. Aber selbst er war nicht ganz so fies, wie manche Leute von ihm behaupteten. Seine Exfrau zum Beispiel.
Das Wetter war tatsächlich hundsgemein. Windböen schlugen ihm wie eisige Spitzen ins Gesicht, und er zog sich den Fellkragen seines Mantels enger um den Hals. Sein breitkrempiger Hut hielt seine Haare trocken, aber der Wind blies den Eisregen seitwärts, sodass er überall sonst nass wurde. Sehnsüchtig dachte er an sein warmes, trockenes, friedliches Wohnzimmer, in dem er gerade bei einem knisternden Kaminfeuer und mit einem guten Buch gesessen hatte.
Die Elfe blieb bei ihrem Auto stehen, wo sie ihre modische Lederjacke gegen einen dicken Parka tauschte. Dann hängte sie sich einen vollgestopften Rucksack über eine Schulter und verschloss den Kofferraum.
„Trockene Sachen!“, rief sie über den Sturm hinweg. „Wir werden alle welche brauchen.“
Er nickte und ging vorsichtig zu dem Pick-up. Die Fahrertür stand offen, und ein dünner, zerbrechlich wirkender Mann stieg aus. „Meine Frau kann nicht allein laufen.“
Banner nickte und wandte sich an die Elfe. „Können Sie der Frau und den Kindern helfen, während ich mich um das Ehepaar kümmere?“
Sie nickte.
Das Quietschen von Bremsen sowie das folgende Geräusch von krachendem Blech und knackenden Ästen ließ Banner zum Highway herumwirbeln. Ein Truck aus nördlicher Richtung hatte die Kurve kurz vor der Zufahrt nicht gekriegt und war mit dem Führerhaus im Graben gelandet.
Mit einem Fluch sprintete Banner los, bremste aber wieder ab, als er sah, dass der Fahrer bereits ausstieg.
In einen dicken Mantel gehüllt, einen breitkrempigen Lederhut tief ins Gesicht gezogen, kam ein Hüne von Mann aus dem Graben geklettert.
„Alles okay?“, rief Banner ihm besorgt zu.
Ein dröhnender Bass erwiderte: „Bin angefressen, aber unbeschädigt.“
„Ein Glück. Ich bringe gerade die Leute da ins Haus und könnte Ihre Hilfe gebrauchen.“
„Gern.“
Banner drehte sich um und sah, dass Mutter und Kinder inzwischen ausgestiegen waren. Die Elfe beugte sich schützend über die Kleinen, während die Mutter das Gepäck vom Rücksitz zerrte.
Der Trucker ging auf den Viertürer zu, während Banner sich um das alte Ehepaar kümmerte. Die Frau wirkte noch zerbrechlicher als ihr Mann. Sie hatte schlohweißes Haar und ein runzliges Gesicht. Ihr Mantel aus leichtem Wolltuch war nicht dick genug für das Wetter, und Banner konnte nicht sicher sagen, wie sehr ihr merkliches Zittern altersbedingt oder durch die Kälte verursacht war.
„Sie benutzt ein Gehgestell“, erklärte der alte Mann und deutete zu einem zusammengeklappten Gefährt hinter den Sitzen.
„Das nützt nichts auf dem steinigen, vereisten Boden.“ Banner schätzte, dass die Frau nicht mehr als vierzig Kilo wog. „Wenn Sie gestatten, trage ich Sie hinein, Ma’am. Machen Sie sich keine Sorgen, ich lasse Sie nicht fallen.“
„Er sieht aus wie ein strammer junger Bursche“, beruhigte der alte Mann seine Frau. „Lass dich ruhig von ihm ins Warme tragen.“
„Gut.“ Ihre Stimme war hoch, aber überraschend kräftig. „Heben Sie sich nur keinen Bruch, junger Mann.“
„Keine Angst.“ Banner hatte schon so manches geschleppt, was schwerer wog.
Der alte Mann zog eine Decke hervor und legte sie
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