Julia Festival Band 05
gern die Dinge in die Hand nahm, schenkte sie ihm ein breites Lächeln. „Vielen Dank, dass Sie uns aufnehmen. Sie sind sehr freundlich, Mr. …“
„Nennen Sie mich Banner“, bot er an und massierte sich mit einer Hand den Nacken.
Sie nickte. „Mr. Banner.“
„Nur Banner“, korrigierte er sie knapp.
„Oh … Mein Name ist Lucy Guerin. Ich bin auf dem Weg nach Missouri, um Weihnachten bei meiner Familie zu verbringen. Ich schlage vor, dass Sie alle sich ebenfalls vorstellen.“
Sie wusste, dass sie sich aufführte wie eine kecke Animateurin auf einer Kreuzfahrt, aber der Mann, der sich „nur Banner“ nannte, machte sie nervös, wie er so finster in der Tür stand. Also wandte sie sich an die Mutter der Kinder. „Wie heißen Sie?“
Die Frau erblasste, so als wäre sie gebeten worden, aus dem Stegreif eine Rede vor einer großen Zuhörerschaft zu halten. Offensichtlich war sie sehr schüchtern. „Ich bin Joan Gatewood“, murmelte sie schließlich. „Und das sind meine Kinder Tyler und Tricia. Wir fahren über die Feiertage zu meiner Mutter nach Hollister in Missouri.“
„Ich bin Cordell Carter“, verkündete der alte Mann und strich sich über seinen überwiegend kahlen Schädel. „Jeder nennt mich Pop. Und das ist meine Annie. Sie ist seit zweiundsechzig Jahren meine Frau. Wir sind auf dem Weg nach Harrison zu unserem Enkelsohn.“
„Zweiundsechzig Jahre Ehe“, murmelte Lucy verwundert. „Mrs. Carter, Sie müssen ja eine ausgesprochen junge Braut gewesen sein.“
In den müden Augen der alten Frau blitzte es auf. Um ihre Lippen spielte der Anflug eines schelmischen Lächelns, das ihren Mann vermutlich vor zweiundsechzig Jahren gefesselt hatte – und es nach wie vor tat. „Ich war dreiundzwanzig. Und Sie können mich Miss Annie nennen. Das tut jeder, schon immer. ‚Mrs. Carter‘ erinnert mich an meine Schwiegermutter, und die konnte ich nie leiden, der liebe Gott sei ihrer widerspenstigen Seele gnädig.“
Ihr Mann schmunzelte und klopfte ihr nachsichtig auf die Schulter.
„Ich bin Bobby Ray Jones“, verkündete der Trucker dröhnend. „Ich wollte heute Abend noch nach Little Rock. Ich dachte, ich würde es vor dem Sturm schaffen. War ein Irrtum. Mein Boss wird mächtig sauer sein, dass ich die Kiste in den Graben gesetzt habe, aber das lässt sich ja wohl nicht ändern.“
Lucy bemerkte, dass Joan Gatewood den großen, bärtigen Mann mit demselben Misstrauen beäugte wie den großen Hund. Anscheinend machten große, haarige Wesen ihr Angst. Lucy hingegen fand Bobby Ray sehr nett. Alle schienen nett zu sein – mit Ausnahme des missmutigen Gastgebers.
„Okay, da wir jetzt wissen, wer wir alle sind …“
„Wie heißt denn der Hund?“, wollte Tyler wissen.
„Hulk“, gab Banner wortkarg Auskunft.
Lucy war sich nicht ganz sicher, ob Banner einen Scherz gemacht hatte. „Moment mal. Sie heißen Banner und der Hund heißt Hulk? Ihr Vorname lautet wohl nicht zufällig Bruce?“
„Nein. Keine Sorge, Sie sind nicht in einem Comicfilm gelandet.“ Trotz der witzigen Entgegnung blieb seine Miene ernst.
Kopfschüttelnd wandte Lucy sich an die anderen. „Wir sollten uns trockene Kleidung anziehen und unsere Angehörigen verständigen.“
„Mommy, ich habe Hunger“, quengelte Tricia und zerrte an der nassen Bluse ihrer Mutter.
„Ich setze einen Topf Suppe auf“, erklärte Banner resigniert. „Das Telefon steht da drüben auf dem Tischchen. Fühlen Sie sich wie zu Hause.“
2. KAPITEL
Lucy folgte dem Essensgeruch und fand so in die Küche. Sie hatte sich einen dunkelroten Sweater und eine trockene Jeans angezogen, an den Füßen trug sie dicke, dunkelrote Socken. Ihre Stiefel standen zum Trocknen am Kamin.
Banner rührte in einem großen Topf auf dem Herd. Er hatte sich die Gummistiefel ausgezogen, trug aber immer noch die feuchte Jeans und das graue Sweatshirt.
„Riecht köstlich. Was ist das?“
„Gemüsesuppe mit Rindfleisch“, erwiderte er, ohne sich zu ihr umzudrehen. „Ich hoffe, dass kein Vegetarier dabei ist. Wenn doch, werde ich was anderes zaubern.“
Sie spähte ihm über die Schulter in den Topf. „Das sieht selbst gemacht aus.“
„Ist es auch. Ich hatte ein paar Behälter im Gefrierschrank.“ Eine Zeituhr klingelte, woraufhin er einen Topflappen nahm und ein großes Blech mit Maisbrot aus dem Backofen holte, das genauso gut roch wie die Suppe.
Verwundert blickte Lucy ihn an. „Sie haben das alles selbst gemacht?“
„Sicher. Ich esse gern,
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