Julia Festival Band 05
Geschwister auf seine Weise mochte, trotz seiner kühlen Fassade. „Sie scheinen alle nett zu sein.“
„Ich habe nie etwas anderes gesagt.“
„Du wolltest nur nicht Weihnachten mit ihnen verbringen.“
„Ich war dieses Jahr einfach nicht in der Stimmung für die Konkurrenzspielchen meiner Eltern. Oder für die Vorträge meines Vaters, dass ich mein Leben vergeude, oder die Kritik meiner Mutter an meinem nicht vorhandenen Gesellschaftsleben.“
Zum ersten Mal kam Lucy in den Sinn, dass er das Fest doch gern bei seiner Familie verbracht hätte. Dass er sich nur dagegen entschieden hatte, um mögliche Konflikte zu vermeiden.
Er räusperte sich, blickte zum Fernseher und griff zur Fernbedienung. „Ich nehme an, du hast keine Lust, Football zu gucken, oder?“
„Machst du Witze? Ich habe jedenfalls alle Spiele in dieser Saison verfolgt.“
„Wirklich? Welche Teams bevorzugst du?“
„Viele. Aber ich habe eine Schwäche für die Georgia Bulldogs und die Florida State Seminoles , weil ich an den beiden Universitäten studiert habe. Und du?“
„Da ich nie eine Universität besucht habe – und schon gar nicht zwei –, habe ich kein bevorzugtes Team. Mir gefällt das Spiel an sich.“
Wieder mal fiel ihr auf, dass er sich an ihrem unterschiedlichen Hintergrund zu stören schien. Um eventuelle Grübeleien zu verscheuchen, schmiegte sie sich an ihn und sagte: „Ich werde mit dir das schwächere Team anfeuern.“
„Banner?“
Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt. Seit geraumer Zeit lag er auf dem Rücken, nicht ganz eingeschlafen, aber auch nicht mehr ganz wach. Lucy lag neben ihm, den Lockenkopf auf seine Schulter gebettet, den warmen Körper an seinen geschmiegt. So sehr er die zufriedene, entspannte Stille genossen hatte, war ihm doch bewusst gewesen, dass es sie über kurz oder lang drängen würde, etwas zu sagen.
Konversation zu treiben war nicht sein stärkster Zug, aber bei Lucy machte ihm das nicht so viel aus. Nie zu wissen, was sie als Nächstes von sich geben würde, machte die Sache zumindest interessanter als die gewöhnlich steifen Wortwechsel mit anderen. Und da er spürte, dass sie sich nicht an seinem Mangel an Redegewandtheit, Schliff oder Takt störte, fiel es ihm leichter, mit ihr zu reden als mit anderen Leuten.
In gewisser Weise erinnerte sie ihn an Kyle Polston, seinen Nachbarn, der sein Freund geworden war, weil er einer der tolerantesten, lässigsten Typen war, die Banner je kennengelernt hatte. In anderer, sehr bedeutungsvoller Hinsicht war Lucy natürlich ganz anders als Polston. Gebildeter, ehrgeiziger, begieriger – und wesentlich attraktiver, dachte er mit einem Lächeln.
„Was denn?“, fragte er schließlich, ohne sie anzusehen.
„Wie viele Fragen habe ich noch?“
„Du hast schon so viele gestellt, dass ich den Überblick verloren habe. Sagen wir mal fünf.“
„Das sind nicht viele“, murmelte sie schmollend.
Sein Lächeln wurde breiter. „Überleg dir die nächsten Fragen lieber gut.“
„Okay. Wo siehst du dich in zehn Jahren?“
Seine Miene wurde ernst. Typisch Lucy, dass sie eine Frage stellte, die ihn seit geraumer Zeit beschäftigte. „Ich werde vermutlich hier sein, Möbel bauen und zusehen, wie meine Haare grau werden.“
„Allein?“
„Hulk könnte in zehn Jahren noch da sein. Er wäre dann ziemlich alt und klapprig, aber wahrscheinlich nicht fauler oder nutzloser als jetzt.“
Nach einer Pause hakte sie nach: „Ist es das, was du wirklich von deiner Zukunft willst?“
Es war das, was er erwartete. Aufgrund der Entscheidungen, die er bisher getroffen hatte, nahm er an, dass sich sein Leben im kommenden Jahrzehnt nicht wesentlich verändern würde, auch wenn die Bekanntschaft mit Lucy momentan alles anders aussehen ließ. So spontan und freigeistig, wie sie war, bezweifelte er, dass sie die nächsten zehn Tage bei ihm bleiben würde, geschweige denn die nächsten zehn Jahre.
Er hatte sie bereits vermisst, nachdem sie am ersten Weihnachtstag weggegangen war. Er konnte sich kaum vorstellen, wie einsam er sich fühlen würde, wenn sie ihn nun verließ, nachdem sie sich so nahegekommen waren.
Und das bedeutete, dass er die Zeit, die ihm mit ihr blieb, nicht verschwenden sollte. Er drehte sich zu ihr um. „Ich will jetzt nicht über die Zukunft reden.“
„Ach? Worüber willst du dann sprechen?“
„Ich will überhaupt nicht reden“, murmelte er an ihren Lippen.
Sie schlang die Beine um seine und flüsterte: „Das kommt mir
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