Julia Festival Band 05
Situation Loyalität und Verantwortung entgegenbringst, nachdem du es sonst nie getan hast.“
„Tja, so bin ich nun mal“, murmelte Banner. Es hatte lakonisch klingen sollen, doch der scharfe Unterton war nicht zu überhören.
„Deine Mutter hat bei deiner Erziehung kläglich versagt. Meine Frau hat mich immer davor gewarnt, Tim zu viel Zeit mit dir verbringen zu lassen, aber ich hätte nie gedacht, dass du einen so gefährlichen Einfluss auf ihn gewinnen könntest.“
„Möchtest du noch weitere Kritik loswerden, oder bist du fertig?“
„Ich kann nur hoffen, dass Tim zu Vernunft kommt, wenn er ein paar Tage bei dir verbringt und sieht, wie er enden könnte, wenn er sein Studium nicht fortsetzt.“
„Wie immer Tim sich entscheidet, es wird ihm gut gehen. Wie du allen ständig erzählt hast, ist Tim ein kluger Junge. Klug genug, um sich von niemandem reinreden zu lassen. Auch von dir nicht.“
„Ich kann nur sagen, dass meine beiden Söhne eine bittere Enttäuschung für mich sind“, erklärte Richard steif.
In betont höflichem Ton entgegnete Banner: „Es tut mir leid, dass du so empfindest. Vielleicht solltest du dir gelegentlich mal die Zeit nehmen und dich fragen, ob du vielleicht zu viel von uns erwartest. Und ob wir vielleicht ein bisschen von dir enttäuscht sind.“
Tim war aufgesprungen, und als Banner den Hörer auflegte, murmelte er: „Du hast ‚wir‘ gesagt.“
„Ja und?“
„Du hast dich zum ersten Mal so verhalten, als ob wir auf derselben Seite stehen. Als ob wir wirklich Brüder sind.“
„Na ja, wir sind keine Schwestern“, entgegnete Banner lakonisch. Vor Verlegenheit über die Gefühle in Tims Blick räusperte er sich und wandte sich hastig ab, um in die Küche zu gehen. „Ich fange mit dem Kochen an. Ich habe Hunger.“
Plötzlich erinnerte Banner sich an den Silvesterabend vom Vorjahr. Er und Hulk hatten Football geguckt, sich eine Pizza und ein Bier geteilt und waren kurz nach Mitternacht schlafen gegangen in der Erwartung, dass sich das neue Jahr sehr wenig vom alten unterscheiden würde.
Dieser Silvesterabend dagegen verlief ganz anders.
Der Couchtisch stand voll mit Gläsern, Tellern samt Essensresten, Partydekoration und allerlei lustigen Gesellschaftsspielen, die sie veranstaltet hatten.
Nun war es noch zehn Minuten bis Mitternacht. Lucy füllte gerade die Sektgläser aus Plastik, die sie aus der Stadt mitgebracht hatte.
Sie hielt Banner ein Glas hin und gab ihm eine gelbe Tröte sowie ein Knallbonbon.
Skeptisch musterte er das in buntes Glanzpapier eingewickelte Röhrchen. „Was soll ich denn damit?“
„Halt es an beiden Enden fest, und zieh mit einem kräftigen Ruck“, wies sie ihn an. „Du findest eine Überraschung darin.“
Weil sie ihn so hoffnungsvoll anschaute, ließ er sich das Ding in die Hand drücken und dachte dabei, dass er ihr am Schluss noch wie ein Schoßhündchen nachlaufen würde, wenn er nicht aufpasste.
Banner umfasste die bunte Folie an beiden Enden und zog daran. Mit einem Knall öffnete sich die Pappröhre darunter. Neugierig bog er sie auf und holte einen roten Papierhut, einen gestreiften Kreisel sowie einen weißen Zettel hervor.
„Lies deine Wahrsagung vor“, drängte sie aufgeregt.
„ Neue Freuden erwarten dich “, rezitierte er gehorsam.
Verstohlen legte sie eine Hand auf seinen Po. „Das klingt vielversprechend.“
Während er verlegen hüstelte, wandte Lucy sich an Tim. „Mach deins auf.“
„Okay.“ Tims Knallbonbon enthielt einen gelben Papierhut, einen blauen Fallschirmspringer und einen Zettel mit dem weisen Spruch: Dein Glück liegt in deinen eigenen Händen .
Argwöhnisch blickte er sie an. „Du wusstest nicht zufällig, welcher Spruch hier drin war, nein?“
Sie lachte. „Wie könnte ich? Ich habe doch keinen Röntgenblick. Aber es trifft zu, weißt du.“
„Das sage ich mir auch schon seit Tagen“, entgegnete er trocken.
„Jetzt mach deins auf“, drängte Banner sie mit unerwarteter Neugier.
Sie zog an den Enden ihres Bonbons, kicherte über den Knall und holte einen grünen Papierhut und ein Armband aus roten und grünen Plastikperlen heraus. Sofort legte sie sich das Armband an und las dann vor: „ Beharrlichkeit zahlt sich aus. Hm, das war schon immer mein Motto. Unheimlich, wie zutreffend diese Sprüche sind, nicht wahr?“
Banner zuckte die Achseln. „Sie sind immer so allgemein gehalten, dass sie auf jeden zutreffen.“
Lucy ignorierte seine nüchterne Bemerkung und griff zu
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