Julia Festival Band 05
heute Nacht besorgen und mir dann einen Job und ein Apartment suchen. Bisher hat Dad meine Miete bezahlt, aber das ist jetzt vorbei. Ich habe ihm gesagt, dass ich keinen Unterhalt mehr von ihm will.“
„Das ist auch tatsächlich der einzige Weg, sich seiner Kontrolle zu entziehen.“
„Ich weiß. Ich habe zwar ein paar Ersparnisse, aber ich muss ziemlich schnell einen Job finden.“
„Dein Bruder will bestimmt, dass du hierbleibst, bis du etwas anderes gefunden hast“, bemerkte Lucy und stieß Banner dabei mit dem Ellbogen an.
„Ja, natürlich“, murmelte er und rieb sich die Rippen.
Tim hob die hängenden Schultern. „Wirklich? Ich meine, ich hatte gehofft, dass ich für ein paar Tage hier unterschlüpfen kann, aber wenn du lieber …“ Er blickte zu Lucy, während er sprach, so als fürchtete er, eine romantische Idylle zu stören.
„Aber natürlich bleibst du. Schließlich ist das nächste Hotel fünfzehn Meilen entfernt, und wir haben Silvester. Wir werden eine Party schmeißen.“
Banner runzelte die Stirn. „Gehört zu dieser Party Dekoration? Muss ich wieder einen Baum fällen?“
Lachend küsste sie ihn auf die Wange, und er errötete prompt. Sie liebte es, diesen nach außen hin so beherrschten und schroffen Mann in Verlegenheit zu bringen. Er war längst nicht so streng und zugeknöpft, wie er vorgab.
„Kein Baum“, versicherte sie. „Aber wir brauchen Sekt. Hast du welchen da?“
Er schüttelte den Kopf.
Sie stand auf. „Dann fahre ich jetzt einkaufen. Fehlt sonst noch etwas?“
Banner stand ebenfalls auf. „Ich erledige das. Schreib mir nur auf, was du willst, und ich …“
„Nein. Bleib du hier bei Tim“, widersprach sie und flüsterte ihm zu: „Rede mit ihm. Er braucht deine Hilfe.“
Widerstrebend nickte er und setzte sich wieder. „Aber fahr vorsichtig.“
Schweigend saßen Tim und Banner da und starrten sich an. Schließlich räusperte Banner sich, murmelte „Also …“ und verstummte wieder.
„Wie hast du Lucy kennengelernt?“, eröffnete Tim das Gespräch mit einer Frage.
„Sie ist während des Eiswetters in der letzten Woche hier gestrandet.“
„Echt? Und seitdem ist sie hier?“
„Nein. Sie war Weihnachten bei ihrer Familie in Springfield und ist gestern zurückgekommen. Sie will mich besser kennenlernen.“
„Und ausgerechnet dann muss ich hier auftauchen. Tut mir leid. Ich bin sicherlich im Weg. Ich verschwinde lieber, bevor sie zurückkommt.“
„Bitte nicht. Sie würde mir den Kopf abreißen. Sie will mit uns beiden Silvester feiern, und wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hat, ist es das Beste, sich zu fügen.“
Tims Lächeln wirkte verwundert. „Ich hätte nicht gedacht, dass du dich von irgendwem rumkommandieren lässt, auch nicht von einer hübschen Frau wie Lucy.“
„Sie kommandiert niemanden herum. Sie leitet die Leute nur an, mit ihr zu kooperieren.“
„Und das ist für dich okay?“
Banner machte eine unentschiedene Geste. So sehr er Lucy auch bewunderte und begehrte, war er nicht blind gegen ihre Fehler. Sicher, sie neigte dazu, die Dinge in die Hand zu nehmen, aber er konnte sich ihr gegenüber durchaus behaupten, wenn es um etwas ging, was ihm wichtig war. Er erwartete allerdings nicht, dass sie lange genug bei ihm bleiben würde, bis es dazu kommen konnte.
Da er einen Themenwechsel für angebracht hielt, überlegte er, wie Tims Freundin hieß. Er hatte sie bei einem sehr steifen Dinner zu Thanksgiving im Haus seines Vaters kennengelernt. „Wie geht es eigentlich … Jessica?“
„Jennifer. Die ist Schnee von gestern.“
„Hast du deine Freundin zusammen mit dem Studium sausen lassen?“
„Sie hat mich sausen lassen. Sie will unbedingt einen Anwalt heiraten.“
„Oh! Das tut mir leid.“
„Nicht nötig. Hat ein bisschen wehgetan, aber ich kann nicht den Rest meines Lebens vortäuschen, jemand anderer zu sein, um sie glücklich zu machen. Und – ehrlich gesagt – nimmt es mich gar nicht so sehr mit. Vielleicht passen wir doch nicht zusammen.“
Nachdenklich musterte Banner seinen Halbbruder, den er nie besonders beachtet hatte.
Banner war bei Tims Geburt fast acht Jahre alt und sich der Entfremdung von der Familie seines Vaters bereits bewusst gewesen. Er erinnerte sich noch gut, wie Richard mit seinem „Jungen“ angegeben und damit nicht seinen erstgeborenen Sohn gemeint hatte. Ebenso erinnerte er sich, wie seine Stiefmutter immer nervös geworden war, wenn er mit dem Baby zu spielen versucht hatte,
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