JULIA FESTIVAL Band 76
und dass es mehr um den Spaß am Malen ging. Aber er schwieg. David würde ihn wahrscheinlich gar nicht verstehen.
Seit dem Jahrmarkt war er ein regelmäßiger Gast in der Werkstatt, und zuerst hatte Austin sich gestört gefühlt. Aber mit der Zeit hatte er sich an Davids Anwesenheit gewöhnt.
„Das machst du toll“, sagte er jetzt. „Ich wette, das wird das beste Flugzeug, das jemals jemand gesehen hat.“
David strahlte. „Sind wir bis nächsten Dienstag fertig damit?“
„Möglich. Warum ist das wichtig?“
„Da ist mein Geburtstag. Ich werde acht.“
„Und dafür brauchst du das Flugzeug?“
David nickte. „Ja. Vielleicht kommt mein Onkel Bob. Und ich will ihm zeigen, was ich schon alles kann.“
Die Hoffnung in seinen Augen ging Austin ans Herz. Am liebsten hätte er ihn in die Arme genommen und vor allem Bösen in der Welt beschützt. „Dann werden wir dafür sorgen müssen, dass das Flugzeug fertig ist.“
David machte sich wieder an seine Malarbeit. „Kommst du auch zu meinem Fest?“
„Ich weiß es noch nicht, weil ich am Montag nach Kansas fliegen muss. Wahrscheinlich bin ich nicht rechtzeitig zurück.“
„Aber du musst kommen! Du bist am allerwichtigsten, noch viel wichtiger als Onkel Bob.“
Austin wand sich. Er scheute sich vor Verpflichtungen. „Ich werde es versuchen.“ Zu mehr konnte er sich nicht durchringen.
David nickte stumm, aber seine Schultern sanken. Austin stieß eine lautlose Verwünschung aus. Er machte schon wieder alles falsch.
Sie arbeiteten schweigend weiter, bis Austin es nicht mehr aushielt. „Was hältst du davon, wenn wir das Flugzeug morgen fertig machen?“, fragte er.
David legte sofort den Pinsel weg und fing an aufzuräumen. Austin sah ihm zu, unsicher, was er tun konnte, um seinen Fehler gutzumachen. Sollte er es überhaupt versuchen?
Er hörte Schritte und sah auf. Rebecca kam aus der Garage. „Steckt ihr schon wieder in der Werkstatt?“, fragte sie. „Was macht ihr denn da so Wichtiges?“
David lächelte sie an, aber er sagte nichts. Rebecca ging neben ihm in die Knie und legte den Arm um seine Schultern. „Na? Willst du mir nicht zeigen, was du tust?“
„Wir bauen ein Flugzeug.“
„Ist das ein Flügel?“ David nickte. „Hast du den ganz allein angemalt, oder hat Austin dir geholfen?“
Austin lehnte sich zurück und beobachtete seine Frau. Sie hatte ihr dickes Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, und in ihrem weißen Kleid wirkte sie trotz der Hitze kühl. Es hatte einen tief angesetzten knielangen Rock und war weder durchsichtig noch besonders tief ausgeschnitten. Und doch war es unglaublich sexy.
Verlangen stieg in ihm hoch, wenn er sie nur anschaute. Sie musste ihn nicht einmal berühren. Seit vier Wochen schlief sie in seinem Bett, und sie liebten sich jede Nacht. Wenn er die Augen schloss, sah sie wieder vor sich, wie sie gestern rittlings auf ihm gesessen hatte, ihrem Verlangen hingegeben. Sie war schamlos und leidenschaftlich, aber wenn sie morgens die Augen aufschlug, wirkte sie unschuldig wie ein junges Mädchen.
Hier, in der sicheren Umgebung seiner Werkstatt, konnte er die Wahrheit zugeben. Er war gern in ihrer Gesellschaft, er mochte ihre Stimme, ihre Art zu gehen, ihre Unschuld, ihren Glauben an ihn, das Strahlen in ihren Augen, wenn sie ihn anlächelte. Alles an ihm gefiel ihr, aber er weigerte sich, sie zu lieben. Dieser letzte Vertrauensschritt ging über seine Kräfte. Und daran würde sich auch nichts ändern. Das wusste er. Er konnte ja nicht einmal sich selbst trauen. Irgendetwas würde passieren, und sie würde ihn verlassen. Sie nicht zu lieben, war seine einzige Rettung.
Rebecca stand auf. „Zeit zum Mittagessen, David. Ab mit dir.“
David setzte sich gehorsam in Bewegung.
„Wollen wir das Flugzeug morgen fertig machen?“, rief Austin ihm nach.
David hob die Schultern. „Ist mir egal.“
„Ich dachte, du wolltest es für dein Geburtstagsfest.“
David drehte sich zu ihm um. „Ach, das ist nicht mehr so wichtig.“
Austin verzog das Gesicht.
„Was war das denn?“, wollte Rebecca wissen und setzte sich auf Davids verwaisten Hocker.
„Ich bin nicht ganz sicher“, gab Austin zurück, aber er hatte einen Verdacht. Er war offenbar wichtig für den Jungen geworden, und das war für sie beide gefährlich.
Rebecca legte ihm die Hand auf den Arm. „Ich bin dir sehr dankbar, dass du dir so viel Zeit für ihn nimmst. Das bedeutet ihm sehr viel.“
„Übertreib nicht“, erwiderte er
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