JULIA FESTIVAL Band 76
einen einzigen Grund, warum ich das sollte“, erwiderte er wütend.
„Dein Vater hat dieses Werk für dich erhalten. Er hätte es schon vor Jahren stilllegen können.“
„Ich will es nicht.“
„Dir bleibt keine andere Wahl.“
„Wart nur ab.“
Es klopfte, und eine junge Frau trat ein. „Jenny, ich …“ Sie verstummte, als sie Chase bemerkte. „Ich kann später wiederkommen.“
„Gute Idee“, sagte er.
„Nein, warte, Connie. Gib mir die Unterlagen.“ Sie nahm die Papiere, sprach kurz mit der Kollegin und schloss die Tür hinter ihr. „Connie hat mir die gerade gedruckte Zeitung gebracht. Ich wollte sehen, wie sie geworden ist.“
„Du hast unser Gespräch wegen einer Zeitung unterbrochen?“, empörte er sich.
„Wegen meiner Zeitung.“
„Augenblick mal. Du schreibst sie?“
Sie legte sie auf den Schreibtisch und setzte sich auf eine Ecke. „Es ist die Betriebszeitung. Ich gebe sie heraus. Die Artikel stammen von Kollegen. Ich kümmere mich um das Layout und mache alles druckfertig.“
Er streckte den Arm aus, und sie reichte ihm ein Exemplar. Er überflog es. Die achtseitige Zeitung war professionell gemacht. Die Titelseite enthielt gestochen scharfe Fotos und ins Auge fallende Überschriften. Er blätterte weiter. „Die ist besser als die Broschüre, die meine Bank herausgibt. Kann ich das Exemplar behalten?“
„Natürlich.“
„Du hast Talent für so etwas. Warum verbringst du deine Zeit mit Zahlenkolonnen?“
„Ich habe mir das Vorlesungsverzeichnis des Junior College angesehen. Man kann einen Abschluss in Graphikdesign machen. Ich dachte mir, ich könnte ein paar Abendkurse belegen und …“ Sie brach ab. „Du findest die Idee sicher kindisch, nicht?“
„Ich finde sie großartig. Ich wiederhole meine Frage. Warum arbeitest du hier?“
„Ich habe eine Verantwortung.“
„Deiner Familie gegenüber, ich weiß. Du bist edel, und ich egoistisch. Erspar mir den Vortrag. Ich werde die Unterlagen mit nach Hause nehmen und meine Entscheidung treffen. Und danach werde ich mit deinem Vater sprechen.“
Jenny berührte seinen Arm. „Sei nicht so hart zu ihm, Chase. Er lebt für das Werk.“
„Nicht so hart? Er ist derjenige, der mich damals zusammengeschlagen und aus der Stadt gejagt hat.“
„Das ist lange her.“
„Nicht lange genug“, entgegnete er zornig. „Ich brauche nur in den Spiegel zu sehen, um mich daran zu erinnern.“
„Er wollte seine Tochter beschützen.“
Chase packte den Türgriff. „Er hat gedroht, mich umzubringen. Ich war achtzehn und glaubte es ihm.“
Er hörte, wie sie erschreckt die Luft anhielt. „Das wusste ich nicht“, sagte sie leise.
„Jetzt weißt du es.“
Der Dienstag war noch schlimmer als der Montag. Missmutig blinzelte Chase ins Sonnenlicht. Die dunkle Brille nützte nichts. Der Schlafmangel allein hätte ausgereicht, ihn reizbar zu machen. Jetzt kamen auch noch die bohrenden Kopfschmerzen hinzu, die der Whiskey hinterließ. Er hatte den gestrigen Nachmittag mit der Lektüre der Geschäftsunterlagen verbracht. Und die Nacht damit, über Jenny nachzudenken. Bis zum Abend würde er beide Probleme gelöst haben, doch die Lösungen würden niemanden zufriedenstellen.
„Verdammt“, knurrte er, als er den Bronco startete. Wenig später hielt er auf der anderen Seite der Stadt vor einem zweigeschossigen Holzhaus. Er war noch nie hier gewesen, aber welchen Grund hätte es für den Sohn des Werkseigentümers auch gegeben, das Hauptquartier der Gewerkschaft aufzusuchen?
Die Sekretärin am Empfang erkannte ihn sofort und griff nach dem Telefonhörer.
„Mr. Davidson wird gleich hier sein“, sagte sie nach dem kurzen, leisen Gespräch und zeigte auf eine abgewetzte Kunststoffcouch an der gegenüberliegenden Wand.
„Danke“, sagte Chase und versuchte zu lächeln.
Es ging nicht. Der Schmerz war zu groß. In seinem Kopf dröhnte ein Presslufthammer.
„Mr. Jackson.“
Die laute Stimme ließ Chase zusammenzucken. „Mr. Davidson. Nennen Sie mich Chase, an das andere kann ich mich nur schwer gewöhnen.“
„Mein Büro ist dort hinten.“ Davidson ging vor.
Auf dem langen Korridor herrschte hektisches Treiben. Jeder starrte Chase an.
„Nehmen Sie Platz.“
Chase betrachtete den schlichten, harten Stuhl neben dem bescheidenen Schreibtisch.
„Ich stehe lieber“, sagte er. „Sehen Sie sich das hier mal an.“
Der Gewerkschafter nahm den Hefter und blätterte darin.
„Die Zahlen hat Ihre Tochter gestern für mich
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