JULIA FESTIVAL Band 76
nur …
Chase seufzte schwer. Mit dem Werk und all den Problemen hatte er auch die Anrede geerbt. Mit schweren Schritten stieg er die Treppe in den ersten Stock hinauf.
„Guten Morgen, Mr. Jackson.“ Eine Angestellte eilte über den Korridor.
„Morgen“, murmelte er.
„Guten Morgen, Sir.“ Eine Sekretärin lächelte ihm zu.
Er winkte zurück. Es war schlimmer, als er befürchtet hatte. Ihre Höflichkeit würde ihn umbringen.
Als er Jennys Büro erreichte, zögerte er. Was sollte er ihr sagen? Nachdem er sie am Freitag praktisch aus dem Haus geworfen hatte, würde sie vielleicht gar nicht mehr mit ihm sprechen.
Eine weitere Sekretärin kam vorbei und begrüßte ihn. Hastig betrat er Jennys Zimmer.
„Hallo, und nenn mich nicht Mr. Jackson“, bat er und setzte sich.
„Tue ich nicht, aber könntest du mir erklären, warum du mich darum bittest?“
Er zeigte zur Tür. „Alle nennen mich so. Mir läuft es jedesmal kalt den Rücken herunter.“
„Gewöhn dich daran. Du bist jetzt der Chef.“
Sie lächelte. Offenbar war sie ihm nicht böse.
„Ich wollte mich am Wochenende um dein Dach kümmern. Aber der Papierkram ließ es nicht zu.“
„Mein Dach ist nicht dein Problem.“
„Ich will es reparieren. Lass mich es doch tun.“
„Du bist der Chef.“
„Fang du nicht auch noch an.“
Sie lehnte sich zurück. „Früher warst du nicht so herrisch.“
„Na gut, Ms. Davidson, ich bin jetzt bereit, mir die Bücher anzusehen.“
Sie führte ihn zum Büro seines Vaters. In der Tür zögerte er. Hier war er seit über elf Jahren nicht mehr gewesen. Langsam trat er ein. Der Ledersessel hinter dem breiten Schreibtisch war zum Fenster und dem Werk gedreht. Er war leer und würde es immer bleiben. Chase hatte nicht vor, den Platz seines Vaters einzunehmen.
Auf dem Konferenztisch lagen mehrere Ordner. „Ich habe dir alles hingelegt, was du brauchst. Die Zahlen sind vom letzten Monat. Der Bericht des Buchprüfers stammt vom Jahresbeginn. Soll ich dir noch etwas bringen?“
„Einen Kaffee?“
„Gern. Ich rufe dich, wenn ich eine Frage habe.“
Sie ging zur Tür. „Ach ja, eins muss ich dir noch geben.“ Sie eilte davon und kehrte mit einem Kaffee und einen dünnen Hefter zurück.
„Was ist das?“
Sie reichte sie ihm. „Die Liste der Belegschaft. Nur die Namen.“
Er warf den Hefter auf den Tisch. „Du versuchst, mir ein schlechtes Gewissen zu machen. Das schaffst du nicht.“
„Du bist unsere einzige Hoffnung. Meine einzige Hoffnung.“
„Für dich ist gesorgt, keine Angst.“
„Hier arbeiten tausend Menschen. Meine Familie, meine Freunde. Die gesamte Stadt hängt von Jackson Steel ab.“
„Die Stand und ich haben uns nie sehr nahgestanden. Warum sollte ich mir jetzt um sie Gedanken machen?“
Sie antwortete nicht. Dann hörte er, wie sich die Tür hinter ihr schloss.
Drei Stunden später stürmte er in ihr Büro und warf einen Bericht auf den Schreibtisch.
„Stimmt der?“
Sie warf einen Blick auf die Zahlen. „Ja.“
„Nein. Das ist unmöglich. Dieses Werk macht seit zehn Jahren Verluste und existiert immer noch?“
„Ja.“
Chase setzte sich, stand wieder auf und ging ans Fenster. „Das ist doch verrückt. Hätte Jackson Steel keine riesigen Investitionsrücklagen besessen, wäre das Unternehmen schon vor einem Jahrzehnt bankrott gewesen.“
„Ich weiß.“
„Du weißt!“, rief er. „Du weißt! Was zum Teufel war hier los? Unternehmen sind dazu da, Gewinne zu erzielen. Mindestens genug, um die Rechnungen zu bezahlen.“ Er nahm den Bericht. „Diese Verluste betragen Millionen.“
„Wenn du mir zuhören …“
„Dem Märchen, dass die amerikanische Stahlindustrie ihren Niedergang aufhalten kann? Vielleicht kann sie das sogar. Aber nicht dieses Werk.“ Er zeigte auf die Hallen. „Ich war noch nicht drüben, aber ich wette, die Maschinen und Öfen sind uralt. Es müsste komplett modernisiert werden. War mein Vater denn blind?“
„Du bist aufgebracht.“
„Verdammt richtig. Ich dachte, ich könnte das Werk verkaufen. Aber wer soll ein solches Industriemuseum kaufen? Die einzig gute Neuigkeit ist, dass das Unternehmen nicht verschuldet ist.“
Sie stand auf und ging zu ihm. „Die Belegschaft …“
„Du wusstest es, aber du hast mir nichts gesagt. Hast du gehofft, dass ich dieses sinkende Schiff übernehme? Dass ich mit dem Werk weiter Verluste mache, bis kein Geld mehr da ist?“
„Ich dachte, du würdest es wenigstens versuchen.“
„Nenn mir
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