Julia Festival Band 86
ich wette, du bist froh darüber.“
„Froh?“ Annie schnaubte wenig damenhaft. „Das trifft es nicht einmal im Entferntesten.“ Seufzend fuhr sie fort: „Die Planung der ganzen Sache übersteigt jedes Vorstellungsvermögen. Stell dir mal vor, dass deine Tochter eines Abends hereinkommt und ruhig verkündet, dass sie in zwei Monaten heiratet und ob es nicht einfach großartig wäre, wenn sie die perfekte Hochzeit haben könnte, von der sie schon immer geträumt hat.“
Debbie zog sich die Strumpfhose aus, die sie unter ihrem Chiffonkleid trug. „Meine Tochter ist absolut vernarrt in die Siebziger“, erklärte sie, wobei sie sich die Strumpfhose wie eine Boa um den Hals drapierte. „Wenn ich Glück habe, will sie ihre Hochzeit irgendwo auf einem Hügel in der freien Natur feiern, und alle Gäste sollen etwas mitbringen zum … Was hast du?“
„Ach nichts.“ Annie sprang auf und tappte barfuß in die Küche, aus der sie gleich darauf mit einer Champagnerflasche sowie zwei Saftgläsern zurückkehrte. „Dessen hat er mich bezichtigt, musst du wissen.“
„Was? Wer hat dich wessen bezichtigt?“
„Macht es dir was aus, dieses Zeug aus Saftgläsern zu trinken?“
„Meinetwegen können wir es auch aus Marmeladengläsern trinken. Wovon redest du, Annie?“
„Von Chase. Mr. Ex.“ Sorgfältig löste Annie den Korken, ließ ihn knallen, und der Champagner schäumte heraus. Rasch hielt sie die Gläser darunter. „Vor ein paar Wochen hat er angerufen, um mit Dawn zu sprechen. Leider bin ich ans Telefon gegangen. Er sagte, er habe seine Einladung erhalten und sei froh, dass meine Gefühle offenbar nicht mit mir durchgegangen seien.“ Sie hielt Debbie eines der Gläser hin. „Kannst du dir das vorstellen? Und bloß, weil ich damals, als wir noch jung verheiratet waren, ein paar Partys im Hinterhof der Mietskaserne gegeben habe, in der wir gewohnt haben.“
„Ich dachte, ihr hättet in einem Apartment gewohnt.“
„Später ja, aber zu der Zeit noch nicht. Chase kannte jemanden, der uns diese wirklich billige Mietwohnung in Queens vermittelt hat.“
„Und was für Partys hast du veranstaltet?“
„Freiluft-Partys zum größten Teil.“
„Na und?“ Debbie schnitt eine Grimasse.
Annies Lippen zuckten. „Na ja, es war Winter.“
„Im Winter?“
„Ja. Die Wohnung war eben so klein, und außerdem hatten die Mäuse das Haus fest im Griff.“
Annie ließ sich erneut auf die Ottomane sinken. „Es war nichts Großartiges, aber schließlich hatten wir auch nicht viel Geld. Ich war gerade aus der Highschool raus, und der einzige Job, den ich kriegen konnte, war Verkäuferin bei dem Burger King in unserem Viertel. Chase war aufs City College gewechselt, wo die Studiengebühren viel niedriger waren. Und außerdem konnte er so zwei Tage die Woche in der Baufirma seines Vaters arbeiten.“ Sie seufzte. „Wir waren dermaßen pleite. Glaub mir, wir haben tausenderlei Möglichkeiten erfunden, um Geld zu sparen!“
Debbie schmunzelte. „Einschließlich der Freiluft-Partys mitten im Winter.“
Annie schmunzelte ebenfalls. „Ach, das war gar nicht so schlimm. Wir haben ein Feuer in einem Barbecue-Grill angezündet, und ich habe tonnenweise Chili und selbstgebackenes Brot gemacht. Wir haben eine Riesenkanne Kaffee aufgesetzt, und für die Jungs gab’s Bier …“ Ihre Stimme verlor sich vage.
„Welch ein Unterschied zu heute“, meinte Debbie, die die Gläser nachfüllte. „Champagner, Kaviar, Shrimps auf Eis, Rindfleisch ohne Knochen mit Pilzen …“
„ Filet de Boeuf aux Chanterelles , wenn ich bitten darf“, gab Annie scherzhaft zurück.
Debbie grinste. „ Oh, pardonnez-moi, Madame .“
„Kein Witz. Wenn man bedenkt, wie kostspielig das Zeug ist, sollte man lieber die französische Bezeichnung dafür nehmen.“
„Und du hast Chase keinen roten Heller zahlen lassen, hm?“
„Nein“, sagte Annie scharf.
„Ich finde ja immer noch, du bist verrückt. Was willst du dir denn damit beweisen?“
„Dass ich sein Geld nicht brauche.“
„Und ihn auch nicht?“, meinte Debbie sanft. Annie schaute sie an, und Debbie zuckte die Achseln. „Ich habe euch tanzen sehen. Eine Weile lang hat das ziemlich innig ausgesehen.“
„Du hast gesehen, wie sich die Vergangenheit in die Gegenwart eingeschlichen hat. Glaub mir, Debbie. Dieser Teil meines Lebens ist vorbei. Ich habe überhaupt keine Gefühle mehr für Chase. Ich kann kaum glauben, dass ich je welche hatte.“
„Verstehe. Ein Nostalgietrip
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