Julia Festival Band 86
gezwungen.
„Wir bewegen uns nicht in denselben Kreisen, fürchte ich. Aber ich weiß natürlich, wer sie ist. Es freut mich, dass dein Geschmack Fortschritte gemacht hat, von Zweiundzwanzigjährigen hin zu Frauen, die bereits auf die Dreißig zugehen. Hast du es Dawn schon erzählt?“
„Nein! Ich meine, dazu war noch keine Gelegenheit. Ich … äh, ich habe gedacht, ich warte noch damit, bis sie und Nick aus den Flitterwochen zurück …“
„Milton. Da bist du ja.“ Annie packte Milton Hoffman, der offenbar versucht hatte, sich an ihnen vorbeizudrücken, um ans Buffet zu gelangen, am Arm. „Milton“, sagte sie, hakte sich bei ihm ein und bedachte ihn mit ihrem strahlendsten Lächeln. „Mein Exmann hat mir gerade ein paar aufregende Neuigkeiten mitgeteilt.“
Hoffman sah Chase hinter seiner Hornbrille hervor misstrauisch an. „Tatsächlich? Wie schön.“
„Chase hat sich entschlossen, wieder zu heiraten. Janet Pendleton. Ist das nicht wundervoll?“
„Nun ja“, meinte Chase einschränkend, „eigentlich …“
„Mir scheint, dies ist eine Zeit der Romanzen“, erklärte Annie mit silberhellem Lachen. „Dawn und Nick, Chase und Janet Pendleton …“ Sie legte den Kopf in den Nacken und schaute in Milton Hoffmans langes, knochiges Gesicht. „Und wir.“
Hoffmans Adamsapfel hüpfte so heftig auf und ab, dass man fast befürchten musste, seine Fliege würde sich lösen. Es war erst eine Woche her, dass er Annie Cooper einen Heiratsantrag gemacht hatte. Und sie hatte ihm gesagt, wie sehr sie ihn mochte und bewunderte, wie sehr sie seine Gesellschaft und seine Aufmerksamkeit schätzte. Nur ja hatte sie nicht gesagt.
Hoffmans Blick ging zu ihrem früheren Mann. Chase Cooper hatte aus der Baufirma seines Vaters ein landesweit bekanntes Unternehmen gemacht. Hoffman schluckte erneut. Im Moment wirkte der Kerl, als wollte er ihn am liebsten zu Mus verarbeiten.
„Chase?“, sagte Annie. „Willst du uns nicht gratulieren?“
„Doch.“ Chase steckte die Hände tief in die Hosentaschen, wo er sie zu Fäusten ballte. „Ich wünsche dir alles Gute, Annie. Dir und deinem Gerippe, euch beiden.“
Annies Lächeln verschwand. „Du hast ja schon immer das Richtige zu sagen gewusst, Chase, nicht wahr?“ Sich auf dem Absatz herumdrehend, zog sie Milton mit sich zur Schlange der Wartenden am Buffet.
„Annie“, wisperte Milton ihr zu. „Annie, meine Liebste, ich hatte ja keine Ahnung …“
„Ich auch nicht“, wisperte sie zurück und lächelte so angestrengt in sein verblüfftes Gesicht hinauf, dass er glauben musste, die Tränen in ihren Augen seien Tränen des Glücks und nicht solche, die daherrührten, dass sich in ihrem Herzen auf einmal ein tiefes Loch aufzutun schien.
Heiraten, dachte Chase. Meine Annie und diesen Trottel heiraten … Da hätte ich ihr wahrhaftig einen besseren Geschmack zugetraut.
Er schob dem Barmann sein leeres Glas hinüber.
„Frauen, ha“, meinte er. „Man kann nicht mit ihnen leben, aber auch nicht ohne sie.“
Der Barkeeper lächelte höflich. „Ja, Sir.“
„Geben Sie mir noch einen. Bourbon und …“
„Und Wasser, einen Eiswürfel. Ich weiß.“
Chase sah den Mann an. „Wollen Sie mir damit etwa sagen, dass ich heute Nachmittag zu oft hier gewesen bin?“
Das Lächeln des Barkeepers wurde noch höflicher. „Das werde ich vielleicht bald tun müssen, Sir. Das Gesetz, wissen Sie.“
Chase presste die Lippen zusammen. „Wenn ich zu viel zu trinken gehabt habe, werde ich es Sie sicher wissen lassen. Bis dahin machen Sie einen doppelten daraus.“
„Chase?“
Er wandte sich um. Hinter ihm tanzten einige der Gäste, während andere sich noch an dem raffinierten Essen gütlich taten, das Annie hatte auffahren lassen und an dessen Kosten er sich nicht hatte beteiligen dürfen.
„Chase? Bist du okay?“
Chase blinzelte. David Chambers, hochgewachsen, blaue Augen, die dunklen Haare noch immer im Nacken zu einem Pferdeschwanz zusammengefasst wie damals vor zwölf Jahren, als er Chases persönlicher Anwalt geworden war, stand neben ihm.
Chase stieß ein freudloses Lachen aus. „David.“ Er packte ihn an beiden Schultern. „He, Mann, wie geht’s dir denn so?“
Chambers umarmte ihn kurz und betrachtete ihn dann aufmerksam. „Gut. Und dir? Alles in Ordnung?“
„Könnte nicht besser sein. Was trinkst du?“
Chambers warf dem Barmann einen Blick zu. „Scotch“, sagte er. „Einfach, mit Eis. Und ein Glas Chardonnay, bitte.“
„Sag bloß“,
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