Julia Festival Band 86
tut mir leid. Ich hätte nicht ‚hinterlistig‘ sagen sollen. Aber nach unserer Unterhaltung kannst du doch nicht meinen, ich würde mich freuen, wenn du mir …“
„Luciana Bari ist nicht eigentlich als Frau zu betrachten. Sie ist eine Köchin.“
Eine Träne lief ihr über die Wange, und Joe reichte Nonna sein Taschentuch. „Eine Köchin?“
„Ja.“ Sie tupfte sich die Augen. „Sie hat das gelato gemacht, von dem selbst du sagst, es würde wunderbar schmecken.“
Joe hatte das Gefühl, in der Falle zu sitzen, und war alarmiert. „Es ist wirklich exquisit“, bestätigte er langsam. „Aber was hat diese Luciana Bari mit mir zu tun?“
„Sie ist dein Geschenk, und es macht mich traurig, dass du denkst, ich wolle dich ‚reinlegen‘.“
Verflixt, dachte er, genau das versuchst du. Er wusste es. Doch er sah, wie ihre Lippen bebten und ihre Augen verdächtig funkelten. Auch hatte er noch immer den köstlichen Eisgeschmack auf der Zunge.
„Mein Geschenk“, sagte er vorsichtig. „Soll diese Luciana Bari mir ein Geburtstagsessen zubereiten?“
Nonna lachte. „Ein einziges Essen? Wozu wäre das gut? Dann würde ich mich doch weiter sorgen. Nein, Signorina Bari wird für dich arbeiten.“
„Für mich arbeiten?“, wiederholte er und stand auf. „Einen Moment mal …“
„Sie wird dich nicht viel kosten.“
„Sie wird mich etwas kosten?“, fragte er und sah seine Großmutter kritisch an. „Verstehe ich das richtig? Du schenkst mir eine Köchin zum Geburtstag, die ich bezahle?“
„Ja.“ Auch sie stand auf. „Du würdest nicht wollen, dass ich mein Geld für deine Köchin ausgebe, oder?“
Er konnte ihrer Logik nicht ganz folgen. „Was wäre, wenn ich ‚doch‘ sagen würde?“
„Tja …“ Nonna seufzte. „Dann müsste ich Signorina Bari mitteilen, dass aus ihrem Job nichts wird. Was sehr schwierig wäre, denn sie braucht ihn dringend.“ Sie begann, den Tisch abzuräumen. „Weißt du, sie hat nämlich Schulden.“
„Sie hat Schulden?“
„Ja. Die arme Frau ist noch nicht lange hier.“
„Sie kommt aus Italien?“
Nonna ließ sich Spülwasser einlaufen. „Sie ist erst vor einigen Monaten hergekommen und kennt sich noch nicht so gut aus. Und du weißt ja, wie teuer das Leben in San Francisco ist, vor allem wenn man neu hier ist. Sie ist auch nicht mehr jung, was einen Neuanfang erschwert.“
Joe setzte sich wieder, blickte zur Decke und atmete hörbar aus. Eine arme, ältere italienische Immigrantin, die vermutlich nur wenig Englisch sprach und ganz allein hier in der großen Stadt war …
„Mach dir keine Gedanken, Joseph.“ Nonna sah ihn kurz an und lächelte traurig. „Ich sage ihr, dass es falsch von mir war, ihr einen Job bei dir anzubieten. Bestimmt kann sie ihren Vermieter überzeugen, sie noch einen Monat länger in dem Apartment wohnen zu lassen. Sogar er dürfte nicht so grausam sein, sie auf die Straße zu setzen.“
„Ihr Vermieter“, wiederholte er leise und schüttelte den Kopf.
„Ja. Er will, dass sie bis Montag ausgezogen ist. Deshalb war sie auch so erfreut, als ich ihr sagte, sie könne in deinem Gästezimmer wohnen.“
Er blickte erstaunt drein. „Einen Moment mal …“
„Würdest du mir den Topf vom Herd reichen?“
Langsam, als hätte er eine schwere Last zu tragen, stand er auf, gab ihr den Topf und nahm sich ein Geschirrtuch.
„O Joseph.“ Nonna legte die Hand auf seine. „Ich habe dir das Lächeln geraubt.“
„Ja“, erwiderte er schroff. „Der Gedanke behagt mir nicht, dass eine arme ältere Lady vielleicht auf der Straße sitzt.“
„Du hast einfach ein gutes Herz.“ Sie seufzte. „Aber ehrlich, ich hätte der Signorina nicht sagen dürfen, dass du sie einstellst. Das ist mir inzwischen klar. Mach dir keine Sorgen, bambino. Hier in Amerika gibt es so wundervolle Einrichtungen. Essensausgaben für Obdachlose, Sozialämter …“
„Eine Weile könnte ich sie wohl für mich kochen lassen“, erklärte Joe bedächtig und erwartete, dass seine Großmutter noch einen Moment mit ihm diskutierte. Doch sie wandte sich ihm einfach nur zu und strahlte ihn an.
„Du bist ein guter Junge. Ich habe gewusst, dass du das für sie tust.“
„Ich tue es für dich, aber nicht sehr lange.“
„Natürlich nicht. Zwei oder drei Monate …“
„Zwei Wochen, höchstens drei. Dann sollte die Signora eine andere Stelle und eine neue Unterkunft gefunden haben.“
„Signorina. Aber das ist eigentlich egal.“ Nonna spülte weiter. „Die
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