JULIA FESTIVAL Band 97
anders überlegt. Ahnte sie denn nicht, wie aufreizend das wirkte?
Offenbar nicht. Genauso wenig wie sie merkte, dass ihre Brust sich hob und senkte, weil sie schneller atmete. Ihre Knospen hatten sich aufgerichtet. War sie womöglich erregt?
Er war sich nicht sicher. Gern hätte er es geglaubt, doch bisher hatte sie ihn hartnäckig ignoriert und keine Spur von Interesse an ihm gezeigt.
Jetzt bewegte sie sich vom Geländer weg, offenbar in der Hoffnung, dass er sie nicht noch einmal aufhalten würde. „Bis später“, sagte sie bemüht locker.
Schnell schob Christian seine Hände in die Hosentaschen, damit sie seine Erregung nicht bemerkte.
„Ganz bestimmt“, erwiderte er, und sie nickte ihm kurz zu, bevor sie davonging.
9. KAPITEL
Wieso war es nur so schwierig, Christian aus dem Weg zu gehen?
Von Tag zu Tag schien die Villa, die Olivia bisher sehr geräumig erschienen war, kleiner zu werden. Und einen Bogen um Christian zu machen bedeutete oft auch, Luis aus dem Weg zu gehen, was zur Folge gehabt hätte, dass dieser Verdacht schöpfte.
Noch nie zuvor hatte Olivia Luis so glücklich erlebt, was in Anbetracht der Tatsache, dass er sich von einem schweren Unfall erholte, seltsam anmutete. Eigentlich hatte sie damit gerechnet, dass er lieber am College gewesen wäre und sich mit seinen Freunden amüsiert hätte, doch offenbar genoss er seinen Aufenthalt auf der Insel sehr.
Tatsächlich hatten Christian und er mehr gemeinsam, als es bei Tony und Luis je der Fall gewesen war. Vor allem war Christian sehr geduldig mit dem Jungen. Er ermunterte ihn, seine Krücken zu benutzen, und half ihm einmal sogar an den Strand. Wenn es draußen zu heiß war, spielten die beiden endlos lange Partien Schach.
Kein Wunder, dass die Tage wie im Flug vergingen. Da Christian Luis viel Gesellschaft leistete, hatte Olivia mehr Zeit zum Schreiben, und ihre erste Geschichte über Dimdums Abenteuer war bis auf die Zeichnungen fast fertig.
Natürlich hatte sie im Krankenhaus von San Gimeno anrufen und ihren Termin verschieben müssen. Doch es hatte ihr nichts ausgemacht, weil Luis’ Wohlergehen ihr wichtiger war. Und obwohl Christian immer noch durch ihre Träume geisterte, fühlte sie sich inzwischen besser. Trotzdem war es ihr vor seinem Besuch leichter gefallen, sich einzureden, dass ihre Entscheidung richtig war, ihm nicht von dem Baby zu erzählen.
Inzwischen war sie sich da nicht mehr so sicher. Und wenn er besonders nett zu ihr war, fragte sie sich regelmäßig, wie er wohl reagieren würde, wenn er es wüsste. In solchen schwachen Momenten rief sie sich jedoch ins Gedächtnis, was für ein Leben sie an Tonys Seite geführt hatte. Nie wieder wollte sie so leben!
Am schwierigsten waren die gemeinsamen Mahlzeiten. Mit Christian zu frühstücken konnte sie vermeiden, denn Susannah freute sich, wenn sie sich frühmorgens bei Kaffee und Toast in der Küche zu ihr gesellte. Ansonsten war es ihr aber nicht möglich, den Mahlzeiten fernzubleiben, unter anderem weil Helen mit ihnen zu Mittag und Abend aß. Oft hatte Olivia Probleme, etwas zu essen, wenn Christian ihr zusah.
Was jedoch nicht an seinem Verhalten ihr gegenüber lag, sondern eher daran, dass es ihr nicht passte, wenn er mit Helen sprach und sie ignorierte. In solchen Momenten verspürte sie jedes Mal einen kleinen Stich.
Helen hingegen genoss seine Aufmerksamkeit sichtlich und erschien neuerdings lässig gekleidet anstatt in ihrer Schwesterntracht zum Abendessen. Mit ihren kastanienbraunen Locken und der tollen Figur war sie eine attraktive junge Frau. In ihrer Gegenwart fühlte Olivia sich dick und alt, und sie war sicher, dass auch Christian den Unterschied zwischen ihnen bemerkte.
Neben Christian hatte Helen noch einen weiteren Bewunderer. Jules, der schon immer gern mit ihr zusammen gewesen war, hatte sie für diesen Abend zu einem Barbecue in der Stadt eingeladen.
Wie alle anderen auch war der Abend, an dem das Barbecue stattfinden sollte, sehr mild, lau und angenehm. Eben ein perfekter Abend zum Grillen und auch für fast alles andere – nur nicht, um ins Bett zu gehen.
Obwohl Olivia die Fenster in ihrem Zimmer aufgelassen hatte, war es dort nach dem Abendessen stickig. Deshalb beschloss sie, einen Spaziergang am Wasser zu machen, in der Hoffnung, dass es später etwas kühler sein würde.
Vorsichtig trat sie auf die Veranda und ging um das Haus herum. Vorn spielten Christian und Luis Backgammon, und sie wollte sie nicht stören oder womöglich mit
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