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JULIA FESTIVAL Band 97

JULIA FESTIVAL Band 97

Titel: JULIA FESTIVAL Band 97 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE MATHER
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sie unglücklich. Vielleicht hatte Raphael ihr vor Augen führen wollen, wie groß der Unterschied zwischen seinem und ihrem Leben war. Sie stützte die Ellbogen auf den Tisch und das Kinn auf die Hände und nahm sich vor, sich nie wieder von Raphael zu etwas überreden zu lassen.
    Er hängte das Jackett über die Sessellehne, setzte sich neben Tess und krempelte die Ärmel seines Hemdes auf. Dann legte er den Arm neben ihren Ellbogen auf den Tisch, und sogleich wich Tess zurück. Sie hatte nicht vergessen, welche Gefühle er in ihr geweckt hatte, als er ihr die Hand auf die Schulter gelegt hatte. Es hatte wie eine besitzergreifende Geste gewirkt.
    Aber das war natürlich ein abwegiger Gedanke. Wahrscheinlich hatte er ihr damit nur zu verstehen geben wollen, dass sie nicht verriet, warum sie gekommen waren.
    Maria fragte sich wahrscheinlich, ob sie und ihr Vater eine Affäre hätten. Aber Maria brauchte sich keine Sorgen um ihren Vater zu machen. Er befand sich nicht in einer Midlife-Crisis und interessierte sich ganz bestimmt nicht für sie, Tess.
    Die Hausangestellte brachte ihnen frisch gepressten Orangensaft, eine Kanne Kaffee mit Milch und Zucker, Gläser und Tassen und dazu eine Schale mit Mandelgebäck und eine Flasche Wein. Nachdem die junge Frau jedem eine Serviette hingelegt hatte, bedankte Raphael sich und lächelte sie an. Sie errötete vor Freude.
    Ja, er versteht es, jeder Frau das Gefühl zu geben, wichtig zu sein, dachte Tess wehmütig. Sie durfte es nicht vergessen und sich nicht der Illusion hingeben, sein Interesse an ihr sei etwas anderes als Eigennutz.
    Dennoch hatten sie sich während der Fahrt eine Zeit lang entspannter unterhalten. Er hatte ihr etwas über seine Kindheit erzählt, und sie hatte ihm verraten, was sie nach dem Tod ihres Vaters empfunden hatte. Aber als seine Fragen zu persönlich geworden waren, war ihr bewusst geworden, wie naiv sie war. Deshalb hatte ihn sie abgelenkt.
    Raphaels Blick war keineswegs unpersönlich gewesen, sondern er hatte sie so angesehen, als versuchte er, sie sich als Bettgefährtin vorzustellen. Wenige Sekunden später war sie überzeugt gewesen, sie hätte sich das alles nur eingebildet. Den Rest der Fahrt hatten sie schweigend zurückgelegt. Was hätte sie auch noch sagen sollen?
    Es war jedoch jetzt nicht der richtige Zeitpunkt, darüber nachzudenken, denn Raphaels Tochter betrachtete sie misstrauisch. Außerdem saß er so dicht neben ihr, dass sie sich beinah berührten. Was für eine komplizierte Situation.
    „Wie hast du Tess kennengelernt, Dad?“, fragte Maria.
    „Wir haben uns in der Medici Galleria kennengelernt. Ich wollte zu ihrer Schwester, aber sie ist nicht da.“
    „Nein? Ich wusste gar nicht, dass du etwas mit dieser Galerie zu tun hast, Dad“, entgegnete Maria betont uninteressiert.
    „Habe ich auch nicht. Aber dein Bruder Marco hat offenbar etwas damit zu tun“, antwortete Raphael.
    „Marco?“, wiederholte Maria bestürzt. „Wieso das denn?“
    „Weißt du es wirklich nicht, Liebes?“, fragte Raphael missbilligend. „Belüg mich nicht, Maria. Du weißt genau, dass Marco sich plötzlich für Malerei interessiert. Ich habe gehört, wie er mit dir darüber geredet hat.“
    „Sicher.“ Maria zuckte die Schultern. „Doch warum sollte ich sein Interesse für Malerei mit der Galerie in Verbindung bringen?“
    Er kniff die Augen zusammen. „Gib du mir bitte die Antwort.“
    Maria war es offenbar peinlich, dass Tess die Unterhaltung mitbekam, und sie warf ihr einen feindseligen Blick zu. Tess war genauso unglücklich über die Situation wie Maria und hätte sich am liebsten verabschiedet. Aber wohin hätte sie gehen sollen?
    „Wovon redest du, Dad?“ Maria schenkte sich ein Glas Orangensaft ein. Dabei zitterte ihre Hand. „Möchten Sie Saft oder einen Kaffee, Miss Daniels?“
    „Ich nehme gern einen Saft“, erwiderte Tess. „Danke.“
    „Und du, Dad?“
    Raphael rutschte auf dem Sessel hin und her. Tess zuckte zusammen, als er mit dem Oberschenkel an ihre Hüfte stieß. Sogleich überlief es Tess heiß, und ihr kribbelte die Haut. Er machte eine ungeduldige Handbewegung. „Ein Glas Chianti“, sagte er. „Doch du kannst mich nicht ablenken, Maria. Marco ist verschwunden. Falls es sich herausstellt, dass du weißt, wo er ist, werde ich es dir nie verzeihen.“
    „Was soll das heißen, Dad? Ist Marco weggelaufen?“ Maria schien entsetzt zu sein.
    „Sei nicht so melodramatisch, Maria. Ich nehme an, dir ist bekannt, wo er

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