JULIA FESTIVAL Band 97
einverstanden gewesen“, entgegnete sie, ohne nachzudenken, und prompt runzelte Raphael die Stirn. „Ich meine, sie war nicht in der Stimmung, Gäste zu empfangen. Sie ist noch sehr jung und noch nicht lange verheiratet.“
„Maria ist neunzehn“, wandte er ruhig ein. „Sie glauben, meiner Tochter sei es nicht recht gewesen, dass ich Sie mitgebracht habe. Aber ich habe genau wie mein Sohn das Recht, so zu leben, wie es mir gefällt.“
„Natürlich. Wahrscheinlich kennen Sie viele Frauen, die von Ihrer Erfahrung beeindruckt sind“, stellte sie betont gleichgültig fest.
„Ah ja?“ Seine Stimme klang leicht belustigt. „Jetzt haben Sie mich überrascht, meine Liebe. Ich bin mir nicht sicher, ob ich das als Kompliment auffassen soll oder nicht. Aber nennen Sie mich Raphael, nicht Signore.“
Tess schluckte. „Ich habe nur eine Tatsache festgestellt. Maria hat nicht grundsätzlich etwas dagegen, dass Sie in weiblicher Begleitung zu ihr kommen. Sie hatte nur etwas gegen mich.“
„So?“
„Ja.“ Da sie einmal damit angefangen hatte, wollte sie es auch zu Ende bringen. Sie atmete tief ein. „Ich bin eben anders als die Frauen, die Sie normalerweise mitbringen. Maria hat sich über mich ganz persönlich geärgert.“
„Weil Sie Ashleys Schwester sind.“ Er seufzte.
„Das war nicht das Schlimmste, wie Sie genau wissen.“ Sie machte eine Pause. „Ich passe eben nicht in das Bild, das man sich von Ihren Begleiterinnen macht.“
Er sah sie von der Seite an, und Tess war sich seines eindringlichen Blickes sehr bewusst. „Was ist das für ein Bild? Mit was für Frauen bin ich Ihrer Meinung nach zusammen?“
Verwirrt senkte sie den Kopf. „Mit weltgewandten, eleganten Frauen, nehme ich an“, erwiderte sie. „Aber woher soll ich das wissen? Ich bin mir jedoch ziemlich sicher, dass Ihre Begleiterinnen normalerweise keine Shorts tragen.“
Raphael fuhr langsamer. „Es ist Zeit, etwas zu essen. Meinen Sie nicht auch?“, fragte er.
7. KAPITEL
Zu Tess’ Überraschung hielt Raphael an einem Stand an, an dem Käsebrötchen, Pizzas, Frikadellen, Salate und andere Snacks angeboten wurde. Sie sah ihn mit ihren grünen Augen an. „Essen Sie immer an Imbissständen, oder hängt es davon ab, wer Sie begleitet?“
„Sind Sie beleidigt, weil ich Sie nicht in ein exklusives Restaurant eingeladen habe?“, fragte er mit Unschuldsmiene.
Sie errötete. „Sie wissen genau, dass ich es so nicht gemeint habe“, fuhr sie ihn an und lehnte sich auf dem Sitz zurück. „Aber wenn Sie nur meinetwegen angehalten haben, dann vergessen Sie es. Ich esse sowieso meist nicht zu Mittag und kann warten, bis wir in San Michele sind.“
„Ich aber nicht“, entgegnete er. Er stieg aus, und Tess folgte ihm.
„Ehrlich gesagt, ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie normalerweise an einem Imbissstand essen. Du liebe Zeit, ist das heiß“, fügte sie hinzu, als ihr die Sonne auf Kopf und Schultern brannte.
„Vielleicht sollten Sie im Auto sitzen bleiben“, schlug er vor und widerstand der Versuchung, ihre feine helle Haut zu streicheln. „Da ist es etwas kühler.“
„Wie bitte? Dann würde ich ja die Chance verpassen, mir aus dem reichhaltigen Angebot etwas auszusuchen.“
Als er ihre belustigte Miene bemerkte, fing sein Puls an zu jagen. „Okay. Wir holen uns etwas zu essen und zu trinken und setzen uns an den Strand. Dort sind wir ungestört.“
Tess hielt den Atem an. „Was? Ich soll da hinunterklettern?“ Skeptisch betrachtete sie den steilen Hang und den Strand unterhalb des Parkplatzes.
„Haben Sie etwa Angst?“, neckte er sie. „Wo bleibt Ihre Abenteuerlust?“
Sie schüttelte den Kopf. „Die hatte ich noch nie. Aber wenn Sie es schaffen …“
„Als alter Mann, meinen Sie?“
„Sie sind nicht alt, Signore“, protestierte sie.
„Warum reden Sie mich dann immer noch mit Signore an? Sie kennen doch meinen Vornamen, Tess.“
„Ich sollte Sie nicht Raphael nennen.“
„Warum nicht?“
„Weil … Ach, einfach weil ich es nicht sollte“, antwortete sie ausweichend. „Wollten wir uns nicht etwas zu essen kaufen?“, versuchte sie ihn abzulenken und ging auf den Imbissstand zu.
Sie konnte sich nicht entscheiden, was sie nehmen sollte. Deshalb kaufte er zwei Pizzas, Salat und zum Nachtisch Tiramisu. Dazu ließ er sich zwei geschlossene Becher Kaffee geben.
„Wie sollen wir damit an den Strand kommen?“, fragte sie.
„Warten Sie es ab.“ Er verstaute das Essen im Kofferraum und
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