JULIA FESTIVAL Band 97
hätte sie sich träumen lassen, so tief empfinden und sich einem Mann so sehr hingeben zu können. Das, was sie bisher erlebt hatte, war nichts im Vergleich zu dem, was sie mit Raphael erlebte.
„Sieh mich an“, forderte er sie leise auf. „Ich möchte, dass du genau weißt, mit wem du zusammen bist und dass wir eins sind, du und ich.“ In seinem Gesicht spiegelten sich seine Emotionen.
Sie nickte nur, denn sie war zu erregt und aufgewühlt, um ein einziges Wort herauszubringen. Dann umfasste sie seinen Kopf und küsste Raphael innig und liebevoll.
Seine Bewegungen wurden schneller, und Tess kam sich vor wie in einer Gefühlsspirale, die sich unaufhörlich aufwärts drehte. Nie hätte sie sich vorstellen können, so zu empfinden. Sie sah Raphael in die Augen, und gemeinsam erreichten sie einen Höhepunkt, den sie beide nie vergessen würden.
11. KAPITEL
Am nächsten Morgen wurde Tess durch lautes Klopfen an der Tür geweckt, das sich wie Hämmern anhörte. Ihr war übel, und sie hatte Kopfschmerzen. Wahrscheinlich habe ich gestern Abend zu viel Wein getrunken, dachte sie und barg das Gesicht in den Kissen.
Raphael war erst bei Tagesanbruch nach Hause gefahren. Sie hatten nur wenig geschlafen, und Tess war überzeugt, dass es die herrlichste Nacht ihres Lebens gewesen war.
Nachdem sie sich das erste Mal geliebt hatten, hatte Raphael den Wein und zwei Gläser geholt. Immer wieder küssten sie sich und tranken Wein, bis die Flasche leer war. Dann liebten sie sich noch einmal, langsam und ungemein intensiv. Etwas Schöneres hätte Tess sich nicht vorstellen können. Ihr ganzer Körper hatte geschmerzt, aber es war ihr wie eine süße Qual vorgekommen, die sie gern ihr Leben lang ertragen hätte.
Doch eine Wiederholung würde es nicht geben, dessen war sie sich sicher. Raphael hatte ihr nichts versprochen. Als er sich verabschiedet hatte, hatte er ein Wiedersehen nicht erwähnt. Sie machte sich nichts vor, es war ihm bestimmt nicht schwergefallen, zu gehen. Vielleicht würden sie sich nach Ashleys und Marcos Rückkehr noch einmal sehen, aber das war auch schon alles.
Wieder klopfte es an der Tür. Tess zog die Decke über den Kopf, um es nicht zu hören. Doch es half nichts. Sie musste sowieso aufstehen und in die Galerie gehen, denn bis Anfang der nächsten Woche sollte sie Ashley noch vertreten. Was sie versprochen hatte, wollte sie halten.
Ashley wird mir bestimmt vorwerfen, ich sei dumm und naiv, falls sie jemals herausfindet, was geschehen ist, überlegte Tess. Ihre Schwester hätte nicht so unbesonnen und leichtfertig gehandelt, sondern sich abgesichert.
Wie viel Uhr war es eigentlich? Vielleicht stand ja Andrea vor der Tür und hatte ihre Drohung wahr gemacht. Tess konnte sich gut vorstellen, wie entsetzt ihre Stiefmutter darüber wäre, dass sie um diese Zeit noch im Bett lag.
Sie schlug die Decke zurück und blinzelte ins Licht. Und dann stellte sie mit einem Blick auf die Uhr schockiert fest, dass es schon elf war. Sie war offenbar sehr müde gewesen, sonst wäre sie nicht wieder so fest eingeschlafen, nachdem Raphael gegangen war.
Das Klopfen hörte einfach nicht auf.
„Tess Daniels, bist du da? Verdammt, schieb den Riegel auf! Ich will endlich in meine Wohnung!“, ertönte eine weibliche Stimme.
Ashley war wieder da! Tess sprang auf und eilte zur Tür. Auf einmal wurde ihr bewusst, dass sie völlig nackt war. Sie lief zurück ins Schlafzimmer und zog hastig den Morgenmantel über, während Ashley nicht aufhörte zu klopfen und zu rufen. Tess vermutete, dass sie zuerst in der Galerie gewesen war. Und weil sie sie dort nicht vorgefunden hatte, war sie jetzt hier.
„Ich komme“, rief Tess. Sie befürchtete, der Hausmeister würde auf den Lärm aufmerksam werden und die Polizei holen. Rasch schob sie den Riegel zurück und riss die Tür auf. „Es tut mir leid, ich habe verschlafen.“
„Ach ja?“ Ärgerlich kam Ashley herein und sah sich so misstrauisch in ihrer Wohnung um, als glaubte sie, Tess sei nicht allein. „Hol bitte meinen Koffer herein“, fügte sie hinzu und warf ihre Tasche auf den Sessel. „Ich musste ihn von der Galerie bis nach Hause ziehen. Ich habe angenommen, du seist mit meinem Wagen zur Arbeit gefahren. Ich wollte ihn holen und war deshalb zuerst in der Galerie.“
„Es tut mir leid“, sagte Tess noch einmal, wenn auch nicht mehr ganz so freundlich. Doch während Ashley den Kessel mit Wasser füllte, holte Tess den Koffer aus dem Flur herein. „Du hättest
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