JULIA FESTIVAL Band 97
es dich etwas angeht“, erwiderte sie kurz angebunden. „Als wir das letzte Mal darüber gesprochen haben, hast du mir unmissverständlich zu verstehen gegeben, was du von meinen Ambitionen hältst. Und, was ist? Ist Luis wach?“
Normalerweise schlief ihr Stiefsohn nach dem Mittagessen ein paar Stunden, weil er nachts oft lange wach lag und die Sitzungen mit seinem Physiotherapeuten ihn zusätzlich ermüdeten.
Aber Christian ließ sich nicht ablenken. „Dann hast du also tatsächlich angefangen zu schreiben?“, erkundigte er sich. „Das finde ich toll!“
„Danke, aber ich brauche deinen Zuspruch nicht“, erklärte sie, obwohl sie sich sehr über seine anerkennenden Worte freute. „Wolltest du mir sagen, dass du abreist?“
„Nein.“ Während er sich an den Tisch lehnte und sie ansah, legte sich ein seltsamer Ausdruck über sein Gesicht, den sie nicht deuten konnte. „Warum kannst du es eigentlich nicht erwarten, mich loszuwerden? Hast du Angst, dass ich Luis von uns erzählen könnte?“
Entgeistert sah Olivia ihn an. „Da gibt es nichts zu erzählen.“ Als wollte sie direkt zum Angriff übergehen, schob sie ihren Stuhl zurück und stand auf. „Und falls du mir drohst …“
„Ich drohe dir nicht“, entgegnete er hart und richtete sich ebenfalls zu seiner vollen Größe auf. „So etwas würde ich niemals tun, Olivia.“ Nach einer Pause fügte er hinzu: „So gut müsstest du mich doch eigentlich kennen, oder?“
„Nein, ich kenne dich so gut wie gar nicht.“ Als sie ihre Unterlagen vom Tisch nahm und dabei versehentlich Christians Arm streifte, schlug ihr Herz plötzlich viel schneller. „Tut mir leid.“
„ Madre de Dios !“ Ihre Höflichkeit schien ihn auf die Palme zu bringen. „Wir müssen zusammenarbeiten, Olivia. Und du machst die Situation nicht besser, wenn du dich benimmst, als wäre ich dein Feind.“
„Mein Freund bist du jedenfalls nicht.“ Wie ein Schutzschild hielt Olivia ihr Manuskript vor sich. „So, und wenn es dir nichts ausmacht, würde ich jetzt gern zu …“
„Ich könnte dir helfen.“
Weil seine Worte so unerwartet kamen, blickte sie Christian zunächst nur starr an. Wusste er etwa von dem Baby? Hatte er es herausgefunden? Und wenn nicht, wovon redete er?
Vor Angst war ihr die Kehle wie zugeschnürt, und Olivia schluckte mühsam. „Wie bitte?“
„Ich sagte, ich könnte dir helfen“, wiederholte er ruhig. „Ich würde es wirklich gern tun.“
„Mir helfen?“ Sie bemühte sich, nicht die Nerven zu verlieren. „Inwiefern?“
„Ich habe Beziehungen zu Verlagen.“ Mit einem Nicken deutete er auf ihre Unterlagen. „Ich könnte Kontakte …“
„Nein!“, widersprach sie, ohne nachzudenken. Vor Erleichterung fingen ihre Beine an zu zittern, sie musste unbedingt die Flucht ergreifen, bevor ihre Beine ihr den Dienst versagten. Nur zu lebhaft konnte sie sich vorstellen, wie er reagieren würde, wenn sie vor ihm zu Boden sank. Aber für einen Moment hatte sie tatsächlich geglaubt, er hätte ihr Geheimnis erraten.
„Olivia!“
„Bitte …“ Dass ihre Stimme bebte, konnte Olivia nicht verhindern. „Ich will deine Hilfe nicht. Ich brauche sie nicht.“ Und auch wenn es ihr schwerfiel, fügte sie hinzu: „Danke.“
„Verdammt! Was ist eigentlich mit dir los?“, fluchte Christian mit finsterer Miene. „Fällt es dir so schwer, etwas von mir anzunehmen? Por Dios , ich habe schließlich nicht vorgeschlagen, dass wir wieder ins Bett gehen! Ich wollte dir nur anbieten, dass dein Manuskript auch tatsächlich von einem Lektor gelesen wird, statt monatelang bei irgendeiner Aushilfe auf dem Schreibtisch herumzuliegen.“ Wütend schüttelte er den Kopf. „Aber was weiß ich schon? Vielleicht stehen die Lektoren ja auch schon bei dir Schlange und warten mit angehaltenem Atem auf das erste Manuskript von Olivia Mora.“
Sie blickte auf die Papiere in ihren Händen. „Du musst nicht gleich wieder sarkastisch werden.“
„Ach nein?“ Nun klang er richtig zynisch. „Nein, vielleicht nicht. Allerdings machst du es mir nicht gerade leicht. Herrje, Olivia, was stimmt mit mir nicht? Warum hasst du mich so sehr?“
„Das … tue ich nicht“, erwiderte sie leise, während sie auf ihre Papiere sah.
„Wirklich nicht?“
Christian war ihr viel zu nahe. Und obwohl sie ahnte, dass es nichts nützen würde, wenn sie versuchte, ihn zu beschwichtigen, konnte sie nicht gehen, ohne sich noch mehr zu blamieren.
„Hör zu“, begann sie vorsichtig. „Ich
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