JULIA FESTIVAL Band 97
ging es gut, aber Tony war tot. Nach allem, was man bisher wusste, hatte er einen Herzinfarkt gehabt, während er mit seiner Geliebten zusammen war. Wahrscheinlich ist er beim Sex gestorben, dachte Olivia bitter. Erging es Männern, die sich nicht ihrem Alter entsprechend verhielten, nicht immer so?
Weil Christian so verständnisvoll und ganz anders als sonst war, unterstellte sie ihm, dass er sich nicht um sie, sondern um die Firma sorgte. In dieser Situation wäre es ein Leichtes für sie gewesen, sich an ihn zu lehnen und mehr in sein Mitgefühl hineinzudeuten.
Statt ihn schnell wieder loszuwerden, brachte sie ihn allerdings auf die Palme, so sehr, dass er ihr schließlich vorwarf, sie wäre gefühlskalt. Bevor auch sie etwas Dummes sagte oder tat, musste er unbedingt verschwinden. Verletzlich und hilflos wie sie war, wünschte sie sich sehnlichst, Joseph würde zurückkommen und sie könnte ihn bitten, Christian hinauszubegleiten.
Doch der alte Butler war verschwunden, und sie fragte sich, ob er vielleicht annahm, dass sie Christian erwartet hatte. Womöglich glaubte er, sie wollte es Tony mit gleicher Münze heimzahlen.
Aber Tony war tot, und für Olivia war es unmöglich zu sagen, was sie dabei empfand. Natürlich tat Tony ihr leid. Aber der Tony, den sie geheiratet hatte, war schon lange nicht mehr der Mensch, für den sie ihn gehalten hatte. Im Grunde war es, als hätte sie vom Tod eines fernen Verwandten erfahren: Sie war traurig, aber nicht am Boden zerstört. Früher hatte sie ihn geliebt, doch diese Gefühle waren längst erloschen.
Trotzdem überraschte es sie, dass sie Christian von dem Apartment in Coconut Grove erzählte, denn nie hätte sie es für möglich gehalten, dass sie mit ihm einmal so offen über ihre Ehe reden würde. Wahrscheinlich war er ohnehin im Bilde. Als Tonys Stellvertreter musste er zwangsläufig mitbekommen haben, was in dem Apartment und ihrer Ehe vor sich ging.
Als sie seine Hand berührte, ahnte sie allerdings nicht, was sie damit auslöste. Eigentlich wollte sie ihn nur trösten und ihm zeigen, dass sie ihm verziehen hatte, aber dafür war die Atmosphäre zwischen ihnen viel zu spannungsgeladen. Bevor sie sich versah, lag sie in seinen Armen, und seine Nähe war so beunruhigend, dass sie nur halbherzig protestierte.
Ihr Verlangen machte Olivia Angst. Lange Zeit hatte sie ihre Enthaltsamkeit schweigend ertragen und ihre körperlichen Bedürfnisse ignoriert. Kein Wunder, dass Tonys Freundinnen sie für frigide hielten, fast glaubte sie schließlich schon selbst daran. Aber sobald Christian ihr die Hand auf den Po legte und sie an sich zog, sodass sie seine Erregung spürte, gewann ihre Begierde die Oberhand.
Es war erschreckend, wie sehr sie sich danach sehnte, von ihm berührt zu werden, nicht nur dort, sondern überall. Sein Geruch – nach Duschgel und seinem ureigenen, maskulinen Duft – brachte sie fast um den Verstand.
Vermutlich schockierte ihre Reaktion ihn genauso sehr wie sie. Natürlich wusste sie nicht, was er erwartete, als er sie küsste, aber er hatte sicher nicht damit gerechnet, dass sie sofort nachgeben würde. Vermutlich löste er sich nur deshalb von ihr, weil ihr Verhalten ihn in Verlegenheit brachte.
Als er Tony erwähnte, schämte Olivia sich maßlos und fragte sich, was er wohl von ihr halten mochte. Schließlich wusste sie selbst nicht, was mit ihr los war, sie wusste nur, dass sie die Situation retten musste, bevor sie ihr völlig entglitt.
Also riss sie sich zusammen und bat ihn zu gehen. Wie er ganz richtig gesagt hatte, stand sie unter Schock und war nicht ganz zurechnungsfähig. Sie hatte Trost gebraucht, und Christian hatte ihren Schmerz etwas gelindert. Alles andere war reine Fantasie. Mit seinen Worten und seinem Verhalten hatte er nur ihr Selbstwertgefühl stärken wollen.
„Es wäre nicht gut für deinen Ruf, wenn man dich bei mir antreffen würde“, erklärte Olivia steif und wandte sich ab, um Joseph zu rufen.
Doch bevor sie den Raum verlassen konnte, ergriff Christian ihren Arm. „Glaubst du wirklich, mein Ruf wäre mir wichtig?“, fragte er, und sein rauer Tonfall brach ihren Widerstand. „Wofür hältst du mich eigentlich, Olivia?“
In diesem Moment hatte die spannungsgeladene Atmosphäre ihren Höhepunkt erreicht, und die Luft zwischen ihnen schien Funken zu sprühen.
„Wofür ich dich halte?“, wiederholte Olivia schließlich mit bebender Stimme.
Aufstöhnend zog er sie an sich. „Ich begehre dich“, gestand
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