JULIA FESTIVAL Band 98
wollte.
Als sie das Erdgeschoss erreichte und in die Küche gehen wollte, sah sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Sie wirbelte herum.
Nash wanderte rastlos im Wohnzimmer auf und ab. Er sah sie, blieb stehen und erklärte: „Ich bin aufgedreht vom Dinner und kann noch nicht schlafen gehen. Störe ich Sie?“
Nicht auf die Weise, die er meinte. „Natürlich nicht. Ich muss Kekse für die Zwillinge backen, die sie morgen mit zur Schule nehmen sollen. Es gibt nicht viele Dinge, die weniger interessant sind, als jemandem beim Backen zuzusehen. Wollen Sie mit in die Küche kommen und sich eine Weile langweilen? Das hilft Ihnen vielleicht einzuschlafen.“
„Vielleicht ja.“
Sobald er zugestimmt hatte, bereute Stephanie ihren Vorschlag. Für ihn mochte es langweilig sein, ihr zuzusehen, aber seine Nähe war für sie höchst aufregend. Eigentlich sollte sie nicht noch mehr Zeit mit ihm verbringen, denn es beflügelte nur ihre übereifrige Fantasie. Vor dem Dinner hatte sie ihn für sexy und verwegen charmant gehalten, doch nun mochte sie ihn darüber hinaus richtig gern.
Sie hatte es genossen, ihn im Kreis seiner Familie zu beobachten. Er war fürsorglich und verständnisvoll mit den Kindern umgegangen und hatte sich aufmerksam und interessiert seinen Brüdern gegenüber gezeigt. Es hatte sie überrascht, womit er sich den Lebensunterhalt verdiente. So viel zu ihrer Theorie, dass er Professor oder Schuhverkäufer sein könnte. Vielmehr lebte er in einer dunklen und gefährlichen Welt, die seine Anziehungskraft nur noch erhöhte.
Sie ermahnte sich, dass sie aufhören musste, von ihm zu träumen. Der arme Mann war als Gast in ihr Haus gekommen, nicht als Star ihrer erotischen Fantasien. Wenn er wüsste, was in ihr vorging, würde er schreiend die Flucht ergreifen.
Sie holte die Zutaten für Schokoplätzchen aus dem Schrank und stellte sie auf die Arbeitsplatte.
„Kann ich helfen?“, bot Nash an.
Sie schüttelte den Kopf. „Ich habe diese Kekse schon so oft gebacken, dass ich das Rezept im Schlaf kann. Aber wenn Sie ganz brav sind, lasse ich Sie einen frisch aus dem Ofen probieren.“
„Okay.“
„Was sagen Sie also zu dem Familientreffen?“, erkundigte sie sich, während sie Mehl in einen Messbecher schüttete.
„Es lief gut. Aber ich kann nicht alle auseinanderhalten.“
„Ich würde es gar nicht erst probieren. Die Namensschilder waren eine gute Idee.“ Sie maß Zucker ab. „Wo wohnen Sie in Chicago?“
„Ich habe eine Eigentumswohnung am See, mit einem guten Joggingpfad ganz in der Nähe.“
„Ich war noch nie dort, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie im Winter viel joggen.“
„Stimmt. Dann gehe ich ins Fitnessstudio.“
Und sein Körper bewies es. Aber sie bezweifelte, dass er aus Eitelkeit trainierte. Sicherlich war es unerlässlich für seinen Beruf. Sie musste ein Seufzen unterdrücken bei der Vorstellung, wie er in Shorts und Trägerhemd Gewichte stemmte, und baute ihre überschüssige Energie ab, indem sie heftig Eier verquirlte.
„Ich bin nur mit einem Bruder und meiner Mom aufgewachsen“, sagte er. „Ich hatte bisher keine Erfahrung mit einer großen Familie.“
„Sie werden sich erst daran gewöhnen müssen, aber es wird der Mühe wert sein.“
Er nickte. „Was ist mit Ihnen? Wie sind Sie aufgewachsen?“
„Meine Eltern waren Künstler und total auf ihre Werke und einander konzentriert. Sie lebten in ihrer eigenen Welt. Dinge wie Stromrechnungen und leere Kühlschränke interessierten sie nicht. Ich bin ziemlich früh erwachsen geworden. Jemand musste die Verantwortung übernehmen, und als Einzelkind war ich es.“
„War das hart?“
„Manchmal. Da habe ich mir gewünscht, Kind sein zu dürfen wie meine Freunde. Aber ich habe viel gelernt. Als ich zum College kam, war ich echt vorbereitet auf das wirkliche Leben.“
„Wollten Sie eine große Familie?“
„Unbedingt. Als Teenager habe ich mir ausgemalt, einen Mann, fünf Kinder und eine ganze Schar Haustiere zu haben.“
Den Traum hatte sie bei der Heirat mit Marty immer noch gehegt. Später erst hatten sich ihre Pläne geändert, als ihr bewusst geworden war, dass sie einen furchtbaren Irrtum begangen hatte. Da hatte sie sich damit abgefunden, nur ein Kind zu bekommen. Die Zwillinge waren zwar ein Segen, aber nicht geplant gewesen.
„Stephanie?“
„Ja?“
„Was ist? Sie sind so still geworden.“
„Entschuldigung. Ich habe nur nachgedacht.“
Er trat zu ihr an die Kochinsel. „Über
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