JULIA FESTIVAL Band 98
nicht wahr? Ich meine, wenn wir erst verheiratet sind?“
„Das verspreche ich dir.“
Seit Gage nach dem Militär nach Possum Landing zurückgekehrt war, hatte er ein Mal in der Woche bei ihr zu Abend gegessen. Wie so viele Dinge in seinem Leben war das Tradition.
Plötzlich spürte er, wie der prüfende Blick seiner Mutter auf ihm lag, und er wappnete sich gegen das, was jetzt unweigerlich kommen würde. Es war klar, dass sie das interessanteste Thema der Stadt neben dem Bankraub aufgreifen wollte.
„Ich habe gehört, dass Kari Asbury wieder in der Stadt ist.“
„Wie dezent du das Thema angehst, Mom.“ Er lächelte. „Kari ist hier, um das Haus ihrer Großmutter zu renovieren. Sie möchte es verkaufen.“
Edie runzelte die Stirn. „Und danach? Will sie etwa wieder nach New York zurückgehen? Sie ist zwar ein bildhübsches Mädchen, aber ist sie nicht inzwischen zu alt für ein Model?“
„Sie ist Lehrerin. Sie hat die Lehramtsprüfung abgelegt und bewirbt sich jetzt um einen Job in verschiedenen Teilen von Texas.“
„Nicht in Possum Landing?“
„Soweit ich weiß, nicht.“
„Macht dir das etwas aus?“
„Nein.“
„Wenn du mich anlügst, lege ich dich übers Knie, Junge.“
Er lächelte verschmitzt. „Dazu musst du mich aber erst fangen. Und ich laufe immer noch verflixt schnell.“
Ihr Gesicht nahm einen liebevollen Ausdruck an. „Pass auf dich auf, Gage. Sie hat schon ein Mal dein Herz gebrochen. Ich möchte nicht noch ein zweites Mal mit ansehen müssen, wie du leidest.“
„Das wird auch nicht passieren“, versicherte er ihr. Ein Mann durfte sich ein Mal von einer Frau zum Narren machen lassen, aber niemals zwei Mal. „Kari und ich werden jedoch immer Freunde sein. Wir standen uns zu nahe, um uns jetzt aus dem Weg zu gehen. Außerdem sind wir Nachbarn, also werden wir uns zwangsläufig begegnen.“
Und hoffentlich nicht nur an der Tür, dachte er. Denn er hatte es zu seinem Ziel erkoren, Kari ins Bett zu bekommen. Das würde er seiner Mutter allerdings nicht auf die Nase binden.
„Hast du in letzter Zeit etwas von Quinn gehört?“, wechselte er rasch das Thema.
„Nicht seit dem Brief von vor einem Monat.“ Sie seufzte. „Ich mache mir große Sorgen um den Jungen.“
Gage sah wenig Sinn darin, seine Mutter darauf hinzuweisen, dass der „Junge“ dreißig Jahre alt und ausgebildeter Soldat war, Mitglied einer Spezialeinheit.
„Er müsste in den nächsten Monaten Urlaub bekommen.“
„Ich hoffe, dass er zu unserer Hochzeit anreisen wird. Ich weiß natürlich nicht, ob er kommen will.“
Gage war sich da auch nicht sicher. Er und Quinn hatten sich früher mal sehr nahegestanden, aber die Zeit und die Umstände hatten vieles verändert. Beide waren nach der Highschool zum Militär gegangen, aber im Gegensatz zu Gage war Quinn bei der Armee geblieben. Er war zu einer Spezialeinheit gegangen, die überall dort eingesetzt wurde, wo es auf der Welt Probleme gab.
Obwohl sie eine Familie waren, hatte Quinn sich hier nie zu Hause gefühlt. Vor allem, weil ihr Vater ihm das Leben zur Hölle gemacht hatte.
Wie immer fühlte Gage sich bei der Erinnerung daran unbehaglich. Er hatte nie verstanden, warum er stets der Liebling der Familie und Quinn immer das schwarze Schaf gewesen war. Gage wusste auch nicht, warum er in der letzten Zeit so viel über die Vergangenheit nachdachte.
Vielleicht hatte Karis Rückkehr etwas damit zu tun. Vielleicht war jetzt der Moment, Fragen zu stellen, die bereits vor langer Zeit hätten gestellt werden müssen.
„Warum hat Daddy Quinn eigentlich nie gemocht?“
Er sah, wie seine Mutter sich anspannte. „Was sagst du da, Gage? Dein Vater hat euch Jungen gleich geliebt. Er war ein guter Vater.“
Gage sah sie an und fragte sich, warum sie log. Warum sie das Offensichtliche nicht wahrhaben wollte.
„Der alte Bauernmarkt hat letzte Woche wieder geöffnet“, lenkte Edie ab. „Ich werde mal hinüberfahren und sehen, ob ich verschiedene Beeren kaufen kann. Vielleicht werde ich uns einen Kuchen backen.“
Sie hatte bewusst das Thema gewechselt, und Gage zögerte einen Augenblick, bevor er sich einen Ruck gab und ihr sagte, dass er ihre Kuchen immer geliebt hatte.
Als sie jedoch über die Sommerhitze plauderten und darüber, wer wo Urlaub machte, konnte er das Gefühl nicht abschütteln, dass direkt unter der Oberfläche Geheimnisse verborgen lagen. Waren sie immer dort gewesen? Hatte er sie nur nie bemerkt?
Zwanzig Minuten später umarmte
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