JULIA FESTIVAL Band 98
beschützen.“
Sie trank einen Schluck Wein und setzte ihr Glas wieder ab.
„Es freut mich natürlich, dass dein Vater und ich es geschafft haben, dir ein Gefühl für Verantwortung zu geben.“
„Hättest du gewollt, dass ich anders gehandelt hätte?“
„Wahrscheinlich nicht.“
Das Telefon klingelte, und seine Mutter seufzte. „Das ist Betty Sue. Sie ruft mich ständig wegen unserer Wohltätigkeitsveranstaltung an. Es überrascht mich, dass sie uns wenigstens in Ruhe hat essen lassen.“ Sie nahm den Hörer ab.
„Hallo? Ach, Betty Sue, was für eine Überraschung“, schwindelte sie. „Nein, nein, wir haben schon gegessen. Hm. Klar.“ Edie ging langsam ins Wohnzimmer hinüber. „Wenn du die Stände anders anordnen willst, dann musst du das mit dem Komitee besprechen.“ Sie seufzte. „Ja, ich weiß, dass man dir die Leitung übertragen hat, aber …“
Gage lächelte und wandte sich wieder seiner Arbeit zu. Die ehrenamtlichen Tätigkeiten seiner Mutter waren ebenso ein Teil von ihr wie ihr aufdringliches White Diamond Parfüm.
Er hatte jetzt das Geschirr eingeräumt und griff zu einem Lappen, um die Arbeitsplatte und den Herd abzuwischen. Hin und wieder erklärte ihm seine Mutter, dass er nach dem Essen nicht helfen müsste, aber er hatte nie auf sie gehört. Er fand, dass sie mehr als genug gearbeitet hatte, während sie ihn und seinen Bruder Quinn aufgezogen hatte. Die Geschirrspülmaschine einzuräumen würde das niemals ausgleichen können.
Als er seine Arbeit beendet hatte, lehnte er sich gegen den Küchenschrank und wartete darauf, dass seine Mutter die Unterhaltung mit ihrer Freundin beendete. Die Küche war vor sieben Jahren renoviert worden, aber die Grundstruktur war noch dieselbe. Das alte Haus war voller Erinnerungen. Gage hatte hier von Geburt an gelebt, bis er zur Armee gegangen war.
Natürlich steckten in jedem Teil von Possum Landing Erinnerungen. Das war einer der Gründe, warum ihm diese Stadt so gefiel. Er gehörte hierher. Er konnte fünf Generationen seiner Familie von väterlicher Seite zurückverfolgen. Es gab Dutzende von alten Fotos im Flur. Auch Fotos von den ersten Reynolds, die sich gegen Ende des vergangenen Jahrhunderts hier niedergelassen hatten, als Possum Landing noch ein kleines Kuhdorf gewesen war.
Seine Mutter kehrte zurück in die Küche und legte den Hörer auf die Basis. „Betty Sue gibt sich alle Mühe, mich verrückt zu machen. Du weißt gar nicht, wie leid es mir tut, ausgerechnet sie als Leiterin für die Wohltätigkeitsveranstaltung gewählt zu haben. Ich muss einen richtigen Aussetzer gehabt haben.“
Er lachte. „Du wirst es überleben. Was ist mit dem Waschbecken im Badezimmer?“
„Der Abfluss ist repariert, Gage. Es gibt diese Woche keine Aufgaben für dich.“
Sie ging mit ihm ins Wohnzimmer, wo sie beide auf der gemütlichen Sitzgruppe Platz nahmen.
„Ich lade dich nicht ein, damit ich keine Handwerker bezahlen muss“, erklärte sie.
„Ich weiß, Mom, aber ich bin doch froh, dir helfen zu können.“
Sie nickte. „Wirst du damit zurechtkommen, dass John demnächst alle diese Aufgaben übernimmt?“
Seine Mutter war noch nie ein Mensch gewesen, der um den heißen Brei herumredete. Wenn sie ein Problem sah, kam sie ohne Umschweife darauf zu sprechen. Er lehnte sich vor und berührte leicht ihre Hand.
„Ich sagte dir doch bereits, ich freue mich, dass du John hast. Daddy ist jetzt bereits über fünf Jahre tot. Du hast eine zweite Chance, glücklich zu werden, verdient.“
Sie sah nicht sehr überzeugt aus.
„Ich meine das ernst, Mom.“ Und das war tatsächlich so.
Der Tod des Vaters war ein furchtbarer Schlag für die ganze Familie gewesen. Edie hatte ein Jahr lang wie unter Schock gestanden. Doch schließlich hatte sie wieder aus dem Tal der Tränen und der Trauer herausgefunden und die Kraft entwickelt, mit ihrem Leben fortzufahren. Ein Teilzeitjob und ihre Freunde hatten ihr geholfen, wieder Sinn im Leben zu finden. Ungefähr vor einem Jahr hatte sie dann John kennengelernt, einen Bauunternehmer, der sich vor kurzer Zeit zur Ruhe gesetzt hatte.
Gage hatte am Anfang Schwierigkeiten damit gehabt, dass seine Mutter sich in einen anderen Mann verliebt hatte. Aber glücklicherweise hatte er diese Phase schnell überwunden. John war ein ehrlicher, liebevoller Mann, der Edie wie eine Prinzessin behandelte. Gage hätte keinen besseren Mann für seine Mutter aussuchen können.
„Du wirst doch auch weiterhin zum Essen kommen,
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