JULIA FESTIVAL EXTRA Band 04
anfangs täuschen lassen, aber nicht drei Wochen lang! Es sei denn, sie war durch ihre andere, heimliche Absicht völlig mit Blindheit geschlagen. War das möglich? Nonna wollte ihn doch sicher nicht mit einer „Pseudoschriftstellerin“ verheiraten! Schön, Nicoles Aussehen war geeignet, die Menschen für sie einzunehmen, aber galt das auch für ihren Charakter? Wie gut konnte diese Frau schauspielern?
Da war sie! Der breitkrempige Strohhut mit der leuchtenden Sonnenblume war unverkennbar. Selbst aus dieser Entfernung hob sie sich aus der übrigen Gruppe ab. Als Einzige trug sie nicht das übliche Outfit aus T-Shirt, Shorts oder Jeans, sondern ein tannengrünes Ensemble aus einer langärmeligen Bluse und einem fließenden Rock, der ihre schlanke Figur umschmeichelte und fast bis zu ihren Fesseln reichte. Natürlich zum Schutz ihrer hellen Haut, dachte Matteo, aber an ihrer anmutigen, hochgewachsenen Figur wirkte es zudem sehr elegant und feminin. Auffallend feminin, vor allem in Kombination mit dem breitkrempigen Strohhut, der nicht nur ihr flammend rotes Haar verbarg, sondern inmitten all der Kappen und Mützen einen unübersehbaren Akzent setzte. Nicole Redman stach eben in jeder Hinsicht aus der Masse hervor.
Erneut verspürte Matteo eine Welle jenes heftigen Verlangens, das ihn seit ihrem Besuch in seinem Büro nicht mehr losgelassen hatte. Nächtelang hatte er wach gelegen und sich vorgestellt, die schöne, bleiche Nicole nackt in den Armen zu halten und mit ihr alle Höhen der Lust zu erkunden. Die Tatsache, dass sie ihm offenbar aus dem Weg ging, hatte ihn sogar in Versuchung geführt, seinerseits die Initiative zu ergreifen. Doch er hatte der Verlockung widerstanden, weil er Nicole auf keinen Fall das Gefühl geben wollte, irgendwelche Macht über ihn zu haben. Außerdem waren durch das Heiratskomplott seiner Großmutter weitere Treffen sowieso garantiert, weshalb es klüger war, Geduld zu bewahren.
Und jetzt war seine Geduld belohnt worden. Sie, Nicole, war hier und musste davon ausgehen, dass er sie nur persönlich auf dieser Führung begleitete, um der Bitte seiner Großmutter Genüge zu tun. Was ihm erlaubte, es völlig in der Hand zu haben, was heute zwischen ihm und Nicole Redman weiter geschehen würde.
Staunend blickte Nicole an den Kauri-Pinien empor, während der Reiseführer davon berichtete, wie sie vor sechzig Jahren gepflanzt worden waren. Wie gewaltige Säulen schienen sie geradewegs in den Himmel zu ragen. Die beeindruckende Höhe der Stämme ließ die begrünten Wipfel weit oben überraschend klein erscheinen. Die Giganten des Regenwaldes, wie der Reiseführer sie nannte.
Nicole fühlte sich an die riesigen Redwood-Bäume erinnert, die sie in Muir Woods außerhalb von San Francisco gesehen hatte, doch diese Bäume waren dennoch ganz anders, wirkten zwar genauso majestätisch, aber mit ihrer dicken, gefleckten Rinde irgendwie urzeitlicher … Nicole ließ den Blick fast ehrfürchtig die Allee entlangschweifen … und erblickte Matteo King, der geradewegs auf sie zukam!
Sie stand wie angewurzelt da, gebannt von der elektrisierenden Wirkung, die er selbst aus der Entfernung sofort wieder auf sie ausübte. Vergeblich versuchte sie sich klarzumachen, dass er nur ein Mann sei, der einen Familienauftrag erfüllte, den seine Großmutter ihm abgefordert hatte. Es half nichts. Bekleidet mit dunkelblauen Jeans und einem roten Sporthemd strahlte er eine unbändige Männlichkeit aus, die Nicole wider Willen heftig erregte.
„Guten Morgen!“, rief er ihr schon aus einigen Metern Entfernung zu.
Der tiefe, warme Klang seiner Stimme ließ ihr Herz schneller schlagen. Nicole atmete tief ein und nahm sich fest vor, so natürlich wie möglich zu reagieren. Der ausschließliche Zweck ihres Besuches hier war, sich einen eigenen Eindruck davon zu verschaffen, was mit der Anlage dieses Parks und der exotischen Obstplantagen dahinter geleistet worden war! „Hallo“, antwortete sie nervös. „Es ist wirklich sehr freundlich von Ihnen, mich persönlich zu begrüßen, aber ich möchte Sie nicht von Ihrer Arbeit abhalten …“
Er lächelte. Ihre offensichtliche Befangenheit schien ihn zu amüsieren. „Oh, es macht mir nicht aus, meiner Großmutter einen Gefallen zu tun und meine Einblicke in die Geschichte dieses Ortes mit Ihnen zu teilen.“
„Aber die Führung …“
„Die Gruppe ist bereits weitergegangen, während Sie auf mich gewartet haben.“
Sie bemerkte, dass er recht hatte, und errötete
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