JULIA FESTIVAL EXTRA Band 04
gefährlich nahe kommen würde. „Danke“, sagte sie leise und senkte den Blick. „Ich brauche die Hände wirklich frei, um mir Notizen machen zu können …“ Endlich hatte sie Notizblock und Kugelschreiber gefunden und zog auch noch ihre Kamera aus der Tasche und hängte sie sich um.
Sofort langte Matteo in ihr Haar und hob es über den Kameragurt. Nicole zuckte zusammen und blickte mit klopfendem Herzen zu ihm auf. „Ich habe nur Ihr Haar befreit“, sagte er entschuldigend, ließ aber die seidigen roten Strähnen betont langsam durch die Finger gleiten, bevor er die Hand zurückzog.
Nicole schluckte. Noch nie zuvor hatte sie etwas Ähnliches empfunden. Matteos vertrauliche Geste, diese kleine Berührung rief in ihr ein unbändiges Verlangen wach, das jeglichen Protest erstickte. Verzweifelt umklammerte sie den Notizblock und den Kugelschreiber und versuchte, sich auf die Erläuterungen des Reiseführers zu konzentrieren. Eifrig machte sie sich irgendwelche Notizen, die später bestimmt keinen Sinn mehr für sie ergeben würden. Aber es lenkte sie ein wenig von Matteo King ab, der neben ihr stand und sie beobachtete. Was er sich dabei dachte, wollte sie gar nicht genau wissen.
Verdammt, das Letzte, was sie wollte, war, sich wegen des Enkelsohnes ihrer Auftraggeberin zum Narren zu machen! Das konnte richtig peinlich werden, denn schließlich musste sie noch weitere fünf Monate in dem Schloss wohnen und würde in der Zeit Matteo sicherlich im Rahmen von Familienanlässen noch häufig begegnen. Was immer er von ihr wollte – wenn er denn etwas von ihr wollte –, sie musste um ihres Stolzes und ihrer Selbstachtung willen vorsichtig vorgehen. Am besten sie wartete ab, bis Matteo sich eindeutig äußern würde.
Zu Nicoles Enttäuschung begnügte sich Matteo jedoch zunächst mit der Rolle des freundlichen, unaufdringlichen Begleiters. Sie hielten sich am Ende der Gruppe, blieben mit den anderen stehen und betrachteten mit ihnen, was immer der Reiseführer als besonders erwähnenswert hervorhob. Nicole machte Fotos, wenn die anderen Fotos machten – egal, ob sich die Motive als Illustration für die Chronik eigneten oder nicht, sondern einfach nur, um beschäftigt und von Matteo abgelenkt zu sein.
Nachdem Matteo sie eine Weile beobachtet hatte, konnte er sich eine Bemerkung nicht verkneifen. „Sind diese Fotos für Ihren privaten Gebrauch gedacht, oder planen Sie eine Art Bildergeschichte?“, fragte er spöttisch.
„Ich möchte möglichst viele Fotos zur Auswahl haben, wenn ich anfange, darüber zu schreiben“, verteidigte sie sich sofort.
Er betrachtete sie kritisch. „Haben Sie denn schon viel geschrieben?“
„Ich bin noch bei der Erstellung der Notizen.“
„Das sehe ich.“
Sein skeptischer Ton verriet, dass er offenbar ihre Befähigung bezweifelte, je etwas Vernünftiges zu Papier zu bringen. Nicole fühlte sich in ihrer beruflichen Ehre gekränkt. Auch wenn sie heute zugegebenermaßen nicht sehr professionell wirkte, hatte Matteo kein Recht, ihre Fähigkeiten, der Aufgabe gerecht zu werden, grundsätzlich in Zweifel zu ziehen.
„Ich denke, dass die Fotos in meinem Haus von größerem historischen Interesse für Ihr Projekt sind“, sagte er nun. „Denn sie dokumentieren die verschiedenen Entstehungsphasen des Parks von seiner Planung bis zu seiner Vollendung.“
„Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?“
„Oh, ich fand es höchst interessant zu beobachten, wo Sie die Schwerpunkte setzen. Außerdem hätten Sie ja fragen können.“ Er lächelte spöttisch. „Schließlich habe ich mich wohl kaum heute zu Ihrer Verfügung gehalten, um Ihnen den Hut zu tragen.“
Nicole wäre am liebsten im Boden versunken, als ihr klar wurde, wie sehr sie sich von Matteos Gegenwart hatte verwirren lassen. „Es tut mir leid. Ich habe mich von dem beeindruckenden Anblick des Parks völlig mitreißen lassen …“ Sie schüttelte den Kopf über ihr unprofessionelles Verhalten. „Sie müssen mich ja für eine Hochstaplerin halten.“
Anstatt diesen halb im Scherz ausgesprochenen Verdacht von sich zu weisen, hakte Matteo nach. „Sind Sie denn eine?“
Nicole verschlug es fast die Sprache. Wie konnte er so etwas von ihr denken? „Nein, natürlich nicht!“, widersprach sie heftig.
Matteo betrachtete sie prüfend. „Dann hat es also einen besonderen Grund, warum Sie bei dieser öffentlichen Führung bleiben wollen?“
„Ich … bin mit dieser Gruppe gekommen.“
„Und ich werde dafür
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