JULIA FESTIVAL EXTRA Band 04
dass ich unterstellt habe, Sie könnten eine … Hochstaplerin sein. Ich muss zugeben, dass ich in meinem Urteil zum Teil durch eine Erinnerung voreingenommen war.“
Diese Worte brachten das Fass zum Überlaufen. Nicole machte ihrer Verbitterung Luft. „Eine Erinnerung!“ Ihre goldbraunen Augen sprühten vor Zorn. „Ihnen ist gar nicht in den Sinn gekommen zu fragen, warum ich damals in New Orleans diese Führungen gemacht habe. Sie wussten nichts von mir, außer dass Sie mich zufällig eines Nachts gesehen haben, wie ich Touristen auf einen gespenstischen Spaziergang durch die Stadtgeschichte mitgenommen habe. Und allein daraus haben Sie schon den Schluss gezogen, dass ich kaum besser als eine Hure bin, die die Leute einwickelt und übers Ohr haut und ihr bisschen Sexappeal einsetzt, um sich durchzulavieren.“
„Das habe ich nicht gesagt!“, wies Matteo ihre heftigen Anschuldigungen sofort zurück.
„Aber Sie haben es gedacht! Und Sie hatten kein Recht, keinen Grund, es zu denken. Im Gegenteil, Sie waren es doch, der sich mir gegenüber unverschämte Freiheiten herausgenommen hat. Sie haben jede Gelegenheit genutzt, mich zu berühren und zweideutige Andeutungen zu machen …“ Nicole verstummte und errötete, als ihr einfiel, wie er offen darüber nachgedacht hatte, wie gut sie beide im Bett zusammen sein würden.
Matteo atmete tief ein. „Es tut mir leid, wenn ich Sie in irgendeiner Weise in Verlegenheit gebracht haben sollte“, sagte er ruhig.
„Wenn?“ Sie sah ihn vorwurfsvoll an. „Sie haben es doch bewusst darauf angelegt. Das wissen Sie genau! Schon bei unserer ersten Begegnung in Ihrem Büro. Warum haben Sie mir meinen Hut nicht einfach zurückgegeben, anstatt …?“
„Das geschah nicht bewusst, sondern ganz impulsiv.“
„Ich habe Sie nicht dazu ermutigt.“
„Nein …“ Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht. „Außer vielleicht durch die Tatsache, dass Sie eine ungewöhnlich attraktive Frau sind.“
Nicole schüttelte den Kopf, wollte das nicht als Entschuldigung akzeptieren. „Es war ein Beweis dafür, dass Sie mir nicht den nötigen Respekt entgegenbringen.“
„Ach, kommen Sie schon, Nicole!“ Matteo ging gereizt auf sie zu. „Sie können es wohl kaum als einen ernsthaften Übergriff bezeichnen, dass ich Ihnen den Hut auf den Kopf gesetzt und die Wange gestreichelt habe. Sie haben nicht protestiert, sind nicht einmal zurückgezuckt.“
„Nun, dann nehmen Sie bitte mein jetziges Ausweichen zur Kenntnis, Matteo King!“, stieß sie aus und ging betont auf die andere Seite des Billardtisches, sodass er zwischen ihnen stand. „Ich möchte nicht, dass Sie mir nahe kommen.“
„Schön.“ Matteo war stehen geblieben. Seine dunklen Augen funkelten verächtlich. „Sie verdienen einen Oscar für Theatralik!“
„So viel zu Ihrer Entschuldigung!“
„Zu schade, dass Sie nicht großherzig genug waren, sie anzunehmen.“
Sie hielt seinem Blick herausfordernd stand. „Was ist eine solche Entschuldigung schon wert, wenn Sie mich immer noch in ein falsches Licht stellen und keinen Fehler zugeben wollen?“
„Mag sein, dass ich Sie in ein falsches Licht gestellt habe, Lady, aber Sie haben durch Ihr unprofessionelles Verhalten im Park viel dazu beigetragen.“
„Stand Ihr Urteil nicht schon längst fest? Aus Ihrer Erinnerung an New Orleans?“
„Ja“, räumte er widerstrebend ein.
Eine Erinnerung, die nur aus einem oberflächlichen Blick bestehen konnte. Ihre eigenen Erinnerungen dagegen … waren voller Traurigkeit, zehrten immer noch an ihr, und doch war sie froh, dass sie sie hatte. „Was haben Sie damals vor zehn Jahren überhaupt in New Orleans gemacht?“, fragte sie trotzig.
Matteo zuckte die Schultern. „Ich wollte etwas von der Welt sehen, bevor ich ins Familiengeschäft eingestiegen bin.“
Er war also auf einer Art Spritztour gewesen, sorglos, jung und unbeschwert. Der Gegensatz zwischen ihnen hätte nicht größer sein können. Nicole schnürte es unwillkürlich die Kehle zu, als sie daran dachte, welche Verantwortung in jenem Jahr auf ihren Schultern gelastet hatte. „Nun, ich war sozusagen in ‚Familiengeschäften‘ dort“, sagte sie heiser. „Mein Vater war unheilbar an Krebs erkrankt, und es war sein letzter Wunsch, noch einmal nach New Orleans zurückzukehren. Obwohl wir nicht viel Geld hatten, reiste ich mit ihm dorthin und nahm jeden Job an, den ich ergattern konnte, um für unseren Lebensunterhalt zu sorgen. Dad verbrachte jeden
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