JULIA FESTIVAL EXTRA Band 04
urteilen, waren die weiblichen Passagiere, die er jetzt eingangs des Salons persönlich begrüßte und einlud, sich zunächst einmal eine Tasse Kaffee oder Tee an der Bar zu gönnen, derselben Ansicht.
Einen „fabelhaften Gastgeber“ hatte Sally ihn genannt, und es war ihm zweifellos anzusehen, dass es ihm viel Spaß bereitete, seine Gäste an Bord der „Duchess“ willkommen zu heißen. Hannah war fast eifersüchtig darauf, wie freigiebig er die anderen Frauen mit seinem Lächeln beschenkte. So hatte er auch sie bei ihrer ersten Begegnung auf dem Schloss angelächelt, bevor seine Großmutter ihm eröffnet hatte, sie, Hannah, sei der neue Küchenchef für die „Duchess“. Von da an war er ihr nur noch außerordentlich reserviert begegnet. Was Fragen aufwarf und Hannah zutiefst verunsicherte.
Dennoch zeigte sie jetzt ihr strahlendstes Gesicht, fest entschlossen, ihr Möglichstes dazu beizutragen, dass sich die Gäste auf der „Duchess“ denen sie Kaffee oder Tee servierte, gleich an Bord wohl fühlten.
„Hannah! Ich kann es nicht glauben! Was, in aller Welt, machst du denn hier? Ich dachte, du hättest irgendeinen Spitzenjob in Übersee angenommen …“
Beim Klang dieser Stimme, die Hannah nie wieder hatte hören wollen, gefror ihr das Lächeln förmlich auf den Lippen. Jodie! Ihre ehemals beste Freundin Jodie Dowler, jetzt Jodie Lovett, Flynns Ehefrau. Was bedeutete … Hannah wurde das Herz bleischwer bei dem Gedanken, dass Flynn auch an Bord sein musste.
Jodie näherte sich unaufhaltsam der Bar. Sie trug ihr langes schwarzes Haar immer noch zu einer wilden Mähne frisiert, etwas künstlich, aber sehr sexy. Schwarze Kajalkohle betonte die blauen Augen, ein leuchtend roter Lippenstift den aufreizenden Schmollmund. Ein enges T-Shirt in derselben Farbe, ein breiter goldener Gürtel und eine enge weiße Hose unterstrichen die atemberaubende Figur – Jodie, wie sie leibte und lebte. Und sie redete immer noch ohne Punkt und Komma davon, dass sie, Hannah, so einfach von der Bildfläche verschwunden sei! War sie immer schon so laut gewesen?
Antonio war bereits aufmerksam geworden und blickte fragend zwischen ihnen hin und her. Und als Nächstes würde Flynn erscheinen, Flynn Lovett, das dynamische Finanzgenie, schlank und elegant, hochintelligent und geistreich – der einzige Mann, den Hannah kannte, der genügend Selbstbewusstsein besaß, um rotes Haar so selbstverständlich zu tragen, dass es geradezu distinguiert wirkte und ihm eine ganz besondere Note verlieh.
Was allerdings nichts an seinen Ohren ändert, dachte Hannah bissig. Trotzdem hätte sie sich am liebsten in ein Mauseloch verkrochen.
„Seit zwei Jahren hast du nichts mehr von dir hören lassen!“, beklagte sich Jodie gerade, als hätte sie, Hannah, ihr Unrecht getan.
„Tee oder Kaffee?“, fragte sie betont höflich.
„Hannah!“
„Fruchtsaft oder Mineralwasser?“ Hannah weigerte sich standhaft, Jodie Lovett ein Anrecht auf mehr einzuräumen als auf den Service, für den sie bezahlt hatte.
„Also schön, dann Kaffee“, gab Jodie schmollend nach. „Mach zwei Cappuccinos, denn Flynn wird auch gleich hier sein. Er wollte nur kurz mit den Tauchern sprechen.“
Hannah konzentrierte sich ganz auf die Bedienung der Kaffeemaschine und verwünschte die Tatsache, dass sie hinter der Theke der Kombüse sozusagen gefangen war. Aber sie war grimmig entschlossen, sich von Jodie oder Flynn zu keinerlei persönlicher Reaktion hinreißen zu lassen. Darauf hatten die beiden vor zwei Jahren jegliches Recht verwirkt.
„Du liebe Güte, Hannah! Wir waren einmal die besten Freundinnen!“
Was sie nicht daran gehindert hatte, hinter ihrem, Hannahs, Rücken mit Flynn zu schlafen!
Der Kaffee floss zischend in die Tassen.
„Wir wollten dir nicht wehtun“, fügte Jodie in gedämpftem Ton hinzu.
„Zucker nimm dir bitte selbst.“ Hannah deutete auf die Zuckerdose und stellte die beiden Cappuccinos auf die Theke, wobei sie einigermaßen stolz darauf war, dass ihre Hände nicht zitterten. Denn innerlich zitterte sie, sie hasste Jodie für diese Konfrontation in aller Öffentlichkeit und sich selber, weil sie nicht souveräner damit fertig wurde. Jodie und Flynn waren Geister der Vergangenheit, eines früheren Lebens, unter das sie durch Jodies und Flynns Schuld einen Schlussstrich gezogen hatte. Hannah wollte sich nicht mehr daran erinnern. Die beiden hatten kein Recht, zurückzukommen und sie damit zu verfolgen.
„Verdammt, Hannah! Ich lasse
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