JULIA GOLD Band 32
als wolle sie ihn für immer halten.
Sie spürte den kalten Nachtwind nicht, als Rashid ihr Jacke und Bluse aufknöpfte und seine Lippen auf ihre bloße Haut presste. Ihren zaghaften Protest erstickte er mit brennenden Küssen. Dann glitten seine Lippen über ihre Wangen zu ihrem Ohr und weiter zu ihren Schultern und zu ihrem Busen.
Felicias Herz schlug wie das eines gefangenen Vogels. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich gleichzeitig so beschämt und so erregt gefühlt. Eine gleichgültige Mattigkeit erfasste sie. Sie hatte nur noch das Verlangen, ihm ganz zu gehören, und ihr Körper kam dem Seinen instinktiv entgegen. Ein Stöhnen kam über seine Lippen, und mit den Händen auf ihren Hüften zog er sie so nah an sich, dass sie deutlich sein Verlangen spüren konnte. Ein wildes, unbezähmbares Feuer erfasste sie.
In dem Augenblick huschte ein Tier an ihnen vorüber und brach jäh die Stille der Nacht. Sofort bekam Felicia wieder einen klaren Kopf. Sie wich vor Rashid zurück, der angestrengt in die Dunkelheit lauschte und wartete …
Aber der Zauber des Augenblicks war verloren. Sie waren kein Liebespaar, das sich nach dem Höhepunkt seiner Liebe sehnte, sondern Feinde, die ihre Körper benutzten, um sich zu bekämpfen … zumindest Rashid dachte so. Was hatte er vorgehabt? Sie zu verführen und ihr dann ins Gesicht zu schleudern, dass Faisal sie nicht mehr wollte? Vielleicht glaubte er auch, dass sie noch gar nicht Bescheid wusste, und wartete auf den Augenblick, wo sie am verletzbarsten wäre, um ihr die Wahrheit zu sagen.
„Offensichtlich eigne ich mich nicht als Ersatz“, sagte Rashid schließlich mit seiner dunklen Stimme. „Schade. Haben Sie vergessen, dass ich viel reicher als Faisal bin und somit einen erheblich höheren Preis zahlen kann als er?“
Er drehte sich um und verschwand in der Dunkelheit. Völlig verwirrt ging Felicia allein zurück zu ihrem Zelt.
„Hat dir der Ausflug in die Wüste gefallen?“, erkundigte sich Umm Faisal.
Sie waren soeben zurückgekehrt. Achmed und Nadia hatten sich mit Zayad sofort in ihre Zimmer zurückgezogen. Zahra musste zum Maßnehmen noch einmal zur Schneiderin, und so waren Felicia und Umm Faisal allein.
„Ja, sehr.“ Felicia fühlte sich erschöpft und war nervös.
„Rashid hat einen Brief von Faisal erhalten“, fuhr Umm Faisal fort. „Ich glaube, dass er nun bald nach Hause kommt.“
Dann hatte Rashid den Brief also gelesen. Wie sollte sie ihm nun gegenübertreten? Felicia entschuldigte sich bei Umm Faisal und ging in ihr Zimmer. Wenn sie nur in Kuwait wären! Dann könnte sie zumindest beim britischen Konsulat um Hilfe nachsuchen. Aber sie waren in der Wüste. Die Wüste … Felicia sah zum Fenster hinaus. Vielleicht würde etwas frische Luft ihr helfen, wieder klare Gedanken zu fassen.
Sie ging hinunter. Vor Umm Faisals Wohnzimmer hörte sie Rashids Stimme.
„Du kannst dich darauf verlassen, dass sie Faisal nicht heiraten wird“, hörte sie ihn sagen.
Felicia blieb wie versteinert stehe. Einen Augenblick lang fürchtete sie zusammenzubrechen.
Doch dann riss sie sich zusammen und ging in den Hof. Die schweren Tore standen offen. Die Wüste schien sie zu rufen, sie bot ihr Einsamkeit und Ruhe. Wie eine Schlafwandlerin schritt Felicia hinaus in die Oase. Viele kleine Wunden hatten aus ihrem Herzen eine große, schmerzhafte Masse gemacht, für die es nur eine Heilung gab: Rashids Liebe.
10. KAPITEL
Felicia liefen Tränen über die Wangen. Mit gesenktem Kopf ging sie weiter, ohne zu sehen wohin. Die Sonne brannte ihr auf den Nacken. Ihre Beine taten weh, ihr Haar klebte an Gesicht und Hals. Sie fühlte sich schwindlig und hatte furchtbaren Durst. Sie stellte sich ein Glas mit frischem Zitronensaft vor, und plötzlich drehte sie sich um und warf einen Blick in die Richtung, aus der sie gekommen war.
Sie hatte sich verlaufen! Sie hatte den schlimmsten Fehler begangen, den man in der Wüste machen konnte: Sie hatte sich von der schützenden Oase entfernt, ohne Bescheid zu sagen. Zahra und Umm Faisal besuchten an diesem Nachmittag Sauds Mutter, und bis zum Dinner würde sie niemand vermissen. Sosehr sie sich auch anstrengte, nirgends am Horizont konnte sie das Anzeichen einer Oase entdecken.
Felicia musste sich setzen, weil ihre Beine plötzlich zu versagen drohten. Ihr wurde übel. Ihre Augen schmerzten von dem gleißenden Licht. Sie kroch in den spärlichen Schatten eines Sandbügels in der Hoffnung, dort zumindest ein wenig gegen die
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