JULIA GOLD Band 32
verhindern, dass sie sie schloss. „Ich habe versucht, höflich zu sein, aber vielleicht muss ich deutlicher werden. Es wird keine Hochzeit geben am nächsten Samstag. Solange ich lebe, wirst du keinen anderen Mann heiraten. Niemals.“
Sie biss die Zähne zusammen, versuchte, ihre Wut im Zaum zu halten. Dort, wo er herkam, konnten die Männer ihre Frauen vielleicht in Schleier hüllen, ihnen vorschreiben, wie sie sich zu kleiden hatten und wohin sie gehen durften. Aber nicht in den Vereinigten Staaten, nicht in ihrer Heimat. „Ich gehöre dir nicht.“
„Doch, du gehörst mir.“
„Menschen sind keine Gegenstände, Kahlil!“
Er drückte die Tür weit auf und zog Bryn an sich. Seine Hände umschlossen ihren Brustkorb, die Daumen lagen unter ihren Brüsten. Ihre Brüste kribbelten, ihre Sinne reagierten genauso heftig wie früher auf ihn. In null Komma nichts konnte er ihre Leidenschaft entfachen.
Kahlil neigte sie ein wenig nach hinten. Ihr Herz begann zu rasen. „Wie kommst du auf die Idee, ich könnte zulassen, dass du einen anderen Mann heiratest? Wie konntest du glauben, dass ich dich jemals aufgeben würde?“
„Weil die Scheidung …“ Die Worte blieben ihr im Hals stecken. Sie verspürte plötzlich Angst, jedoch nicht vor ihm, sondern der Gedanke, noch mit ihm verheiratet zu sein, erschreckte sie. Ihre Ehe war zu Ende.
„Welche Scheidung?“, fragte er.
„Unsere Scheidung.“
Im dunklen Flur tanzten unheilvolle Schatten auf seinem Gesicht. „Es gibt keine Scheidung. Du hast die letzten Papiere nicht zurückgeschickt, und die Scheidungsangelegenheit wurde ad acta gelegt, weil einige Dokumente nicht unterschrieben waren.“
Bryn bekam einen trockenen Mund. Ihr Herz hämmerte laut in der Brust. Jeden Schlag spürte sie fast schmerzhaft. „Dokumente?“, stotterte sie und wiederholte das Wort, als sei es ein Fremdwort.
„Ich habe die Scheidung angefochten. Niemals hätte ich akzeptiert, dass du mich verlassen hast. Also habe ich dem Richter gesagt, dass von böswilligem Verlassen keine Rede sein könne, sondern dass du nur vorübergehend abwesend seist. Daraufhin hat er dir einige Dokumente zugeschickt, die du aber nie ausgefüllt hast. Deshalb ist die Scheidung nicht rechtskräftig.“
„Du hast den Richter bestochen. Du hast ihm Geld gegeben …“
„Jetzt rede dir nichts ein. So korrupt ist euer Rechtssystem nicht. Wenn du jemandem die Schuld geben willst, dann dir selbst.“
Er hatte sie sprachlos gemacht, ihr den Atem genommen, die Worte, die Wut.
Hatte er womöglich recht? War ihr irgendein wichtiges Papier entgangen?
Ihr Geist arbeitete auf Hochtouren, und sie versuchte, sich an das erste Jahr zu erinnern, die ersten entsetzlichen Monate mit dem Baby, als sie ums Überleben kämpfen musste. Sie war ein halbes Dutzend Mal in ebenso vielen Monaten umgezogen, hatte zusätzlich zu ihrem normalen Job noch Nebenjobs angenommen, um die Rechnungen bezahlen zu können. Sie schluckte und sagte schließlich: „Ich wusste nicht, dass man in Texas eine Scheidung anfechten kann.“
„In Texas ist alles möglich.“
Plötzlich hatte sie das Bild vor Augen, wie er Ben hochhob, mit ihm an Bord seines Privatjets ging und abflog. Er würde Ben für sich beanspruchen. Sie würde ihren Sohn nie wiedersehen. Die Vision war so schrecklich, so lebendig, real und schmerzhaft, dass sie meinte, er hätte den Dolch, den er in seiner Heimat unter den Gewändern trug, direkt in ihr Herz gestoßen. „Warum tust du das?“
Er musterte sie eingehend. „Du hast mich geheiratet. Du hast einen Schwur abgegeben. Ich halte mich an den Schwur. Und du wirst es auch tun.“
„Ich werde nie wieder mit dir zusammenleben, Kahlil.“
„Aber du bist meine Frau. Und du bleibst meine Frau.“
Sie verschränkte die Arme vor der Brust. Ihr war kalt. Ein Leben lang an ihn gebunden zu sein, wäre ein Leben in Ketten. Und Ben – sie schloss die Augen. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Ben mit ihr gefangen war.
Entschlossen hob sie den Blick und heftete ihn auf das Gesicht des Mannes. Einst hatte sie ihn unglaublich gut aussehend gefunden. Jetzt erschien er ihr nur noch Furcht erregend. „Was willst du?“
„Dich.“
Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Niemals. Sie grub die Fingernägel in ihre Oberarme. „Nie im Leben.“
Er lächelte. Es war ein hartes, kompromissloses Lächeln. „O doch. Darauf verwette ich mein Leben.“ Kahlil öffnete die Tür und trat hinaus auf die schmale Veranda. „Ich
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