JULIA GOLD Band 32
Beste, einen klaren Schlussstrich zu ziehen. Ich bin sicher, der kleine Kronprinz schläft schon im Wagen, und wenn Sie erst einmal im Flugzeug sitzen, werden Sie auch schlafen. Und schon bald werden Sie sich nur noch schwach an alles erinnern …“
„Nein ! Nein, nein, nein.“ Das konnte Kahlil nicht machen. Nicht, nachdem er sie hierhergebracht und ihre Liebe wieder hatte aufleben lassen. „Ich muss zu ihm.“
„Prinzessin, Sie können nicht …“
Bryn hörte den Rest nicht mehr, sondern rannte hinaus und die langen Palastkorridore entlang. Ihre Schritte hallten auf dem glänzenden Marmor wider. Sie schlüpfte an zwei Wachen vorbei, die zu verblüfft waren, um sie aufzuhalten, und stürmte in Kahlils Büroräume. Niemand war dort. Es war alles dunkel.
Aus der Entfernung hörte sie Rifaat ihren Namen rufen, doch sie ignorierte ihn und rannte weiter zu Kahlils Schlafzimmer. Die Tür war verschlossen.
„Kahlil“, schrie sie und hämmerte gegen die Tür. „Hör mir zu. Ich verstehe, dass du wütend bist. Du hast das Recht dazu. Aber bestraf mich, und nicht das Kind. Der Junge liebt dich. Er braucht dich. Ich brauche dich.“ Sie zitterte von Kopf bis Fuß. „Verdammt, Kahlil, wie soll es zwischen uns funktionieren, wenn wir nicht einmal miteinander sprechen? Mach die Tür auf, bitte!“
Sie würde nicht zulassen, dass Kahlil sie aus seinem Leben ausschloss. Sie wusste, dass er sie liebte, tief drinnen in seinem harten, unbarmherzigen Herzen. „Kahlil, sprich mit mir. Du kannst den Jungen und mich nicht einfach in ein Flugzeug setzen, ohne dich zu verabschieden. Was sollen wir ohne dich tun? Wohin sollen wir gehen? Wie soll ich Ben ohne dich großziehen? Wenn du mich wirklich wegschicken willst, dann hilf mir – gib mir Antworten, Ratschläge, irgendetwas, Kahlil, bitte!“
Rifaat hatte sie erreicht und legte die Hände auf ihre Schultern. Er versuchte, sie von der Tür fortzuziehen. „Kommen Sie, Prinzessin. Ich möchte nicht erst die Wachen rufen.“
Bryn riss sich von ihm los und hämmerte weiter wild gegen die Tür. „Kahlil, hilf mir.“ Die Tür bebte unter ihren Faustschlägen. „Sie bringen mich jetzt von hier fort. Ich kann sie nicht aufhalten. Du musst sie daran hindern!“
Rifaat legte wieder die Hände auf ihre Schultern. „Bitte, Bryn“, sagte er sanft und benutzte das erste Mal, seit sie zurückgekehrt war, ihren Namen. „Sie wollen den Palast doch nicht in Schande verlassen. Gehen Sie mit Würde. Ich bitte Sie. Tun Sie es Ben zuliebe.“
Aber sie kämpfte doch Ben zuliebe. Kahlil brauchte sie, ebenso sehr wie Ben und sie Kahlil brauchten. „Ich werde nicht gehen!“, schrie sie und drückte ihre Stirn gegen die Tür. „Ich werde nicht gehen.“
Rifaat übte mit den Händen mehr Druck auf ihre Schultern aus. „Ich muss Sie zum Wagen bringen. Kommen Sie, Bryn, machen Sie es nicht noch schlimmer, als es schon ist.“
Tränen liefen ihr über die Wangen. „Kahlil! Ich schwöre dir, Kahlil, ich habe immer nur dich geliebt.“
Bryn spürte, dass er auf der anderen Seite der Tür war. Sie meinte, seinen Herzschlag, seine Wärme und seine Stärke spüren zu können. Mit geschlossenen Augen presste sie die Handfläche auf die Höhe der Tür, wo seine Brust sein musste. Sie musste die Hand nach seinem Herzen ausstrecken. Seine Wut pulsierte durch ihre Handfläche. Sie spürte seinen Zorn, seine Unentschlossenheit und seinen Stolz. „Ich würde ans Ende der Welt für dich gehen. Kahlil. Ich würde alles für dich tun.“ Sie hörte leise Schritte. Er entfernte sich von der Tür. Und von ihr. Körperlich und emotional. Er schloss sie aus seinem Leben aus. Kahlil !
Rifaat und eine Wache zogen sie von der Tür fort. Sie hatte nicht mehr die Kraft, Widerstand zu leisten. Jegliche Energie hatte sie verlassen. Sie war wie betäubt.
Es war vorbei. Kahlil wollte sie nicht. Kahlil wollte Ben nicht. Er hatte eine Entscheidung getroffen, und er würde seine Meinung nicht ändern.
Draußen wartete der Fahrer der Limousine hinter dem Steuerrad. Die hintere Tür des schwarzen Wagens stand offen, und Bryn entdeckte Ben, der zusammengerollt auf dem Rücksitz unter einer warmen Decke schlief. In den Armen hielt er einen Plüschelefanten.
Zitternd beugte sie sich vor und berührte liebevoll ihren Sohn. Ihr Baby. Kahlils Baby. „Ich kann einfach nicht glauben, dass es wirklich so enden soll.“
Rifaat legte die Hand auf die Wagentür und blickte zu ihr hinab. „Es tut mir leid,
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