JULIA GOLD Band 32
vertrauen, als sie seine junge Braut war. Aber alles andere stritt sie mit einem heftigen Kopfschütteln ab.
Im Gegensatz zu Amin. Er beschuldigte sie der ungeheuerlichsten Sachen, die allein seiner schmutzigen Fantasie entsprangen. Dabei klammerte er sich an seine unglaubliche Geschichte und schmückte sie im Laufe des Abends immer weiter aus. Er nannte sie eine heiße, leidenschaftliche, unersättliche Frau.
Bryn lief es bei seinen Lügen kalt über den Rücken. Wie hatte sie diesem Mann jemals vertrauen können?
Während Amin sprach, würdigte Kahlil sie keines Blickes. Er stand mit leerem Gesichtsausdruck und verschränkten Armen vor seinem reich verzierten Stuhl.
Und Bryn, die wusste, dass Kahlil seine Mutter hatte entbehren müssen und sich der Liebe seines Vaters nie sicher gewesen war, erkannte, dass auch sie bei Kahlil versagt hatte. Sie hatte ihn enttäuscht, und um sie zu bestrafen, hätte er sich keine bessere Quälerei ausdenken können, als dem zuhören zu müssen, was Amin vorbrachte.
Aus den Augenwinkeln heraus sah sie Rifaat. Der Mann starrte mit leerem Blick vor sich hin. Sie erbebte und fragte sich, was er denken mochte und was er für solch eine untreue Frau empfand.
Sie hatte alle enttäuscht.
Das nächste Mal würde sie es anders machen. Das nächste Mal wäre sie stärker, zäher und mutiger. Das nächste Mal würde sie rechtzeitig aussprechen, was ihr auf dem Herzen lag, und die richtigen Fragen stellen. Das nächste Mal würde sie schnell verzeihen und noch schneller vergessen. Das nächste Mal …
Sie schloss die Augen und versuchte, die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken.
Kahlil. Ich liebe dich, Kahlil. Verzeih mir, Kahlil. Du bist meine Sonne und mein Mond und alles …
Kahlil schnippte laut mit den Fingern. Sie öffnete die Augen und sah, wie er auf Amin zuging. „Es reicht. Ich habe mehr als genug gehört. Draußen wartet die Polizei. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass es im Gefängnis nicht so komfortabel sein wird wie in deinem Apartment in Monte Carlo.“
„Als wenn dich das je interessiert hätte“, schimpfte Amin.
„Doch, das hat es. Du bist mein Bruder. In unseren Adern fließt dasselbe Blut.“
„Blut?“, höhnte Amin. „Ich war nichts anderes als eine Verpflichtung für dich. An mir konntest du deine Wohltätigkeit zeigen.“
„Ich habe alles mit dir geteilt.“
„Du hast nichts mit mir geteilt. Du hast mir die Mutter genommen …“
„Ich habe sie auch verloren“, unterbrach Kahlil mit belegter Stimme. „Als mein Vater sie ins Exil schickte, habe auch ich gelitten.“
„Du hast dich aber erholt, du warst der Kronprinz von Zwar. Dir standen alle Möglichkeiten offen. Internat in England, Universität in Amerika. Geld. Macht. Du hattest alles. Ich wollte nur meinen Anteil haben.“
„Meine Frau stand in der Hinsicht nicht zur Debatte.“
Plötzlich begann Amin laut hysterisch zu lachen. „Stand sie nicht?“
Bryn bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. Sie konnte es nicht länger ertragen. Sie hörte, dass die Wachen Amin aus dem Zimmer zerrten, sah jedoch nicht hin. Erst als die schweren Türen ins Schloss fielen, blickte sie auf. Aber nicht nur Amin war verschwunden. Auch Kahlil war fort.
Einen quälenden Moment lang saß sie ganz still, dann rieb sie nervös über ihr Seidengewand. Rifaat war geblieben, doch er sprach nicht mit ihr. Schließlich konnte sie das Schweigen nicht länger ertragen und stieß hervor: „Wann kommt er zurück?“
Rifaat antwortete nicht sofort. Sie drehte sich um, starrte ihn an und bemerkte seinen eigentümlichen Gesichtsausdruck. „Er kommt doch wieder, oder?“
„Nein, Prinzessin.“
Hatte sie richtig gehört? Sie beugte den Kopf ein wenig. „Aber später wird er nach mir schicken?“
„Ich soll Sie zum Wagen bringen. Er steht bereits vor dem Palast und wartet.“
„Und … Ben?“
„Er ist bereits im Wagen. Mit seinen Sachen. Ihre Dienerin hat alles gepackt.“
Bryn verstand überhaupt nichts mehr. Es musste an ihren überreizten Nerven, an der ganzen Aufregung und der Angst liegen, ihr Kind zu verlieren. Wenn Rifaat ihr doch alles noch einmal erklären würde. „Warum ist Ben im Wagen? Wohin fahren wir?“
„Nach Hause.“
Aber dies war doch ihr Zuhause. Kahlil und Bryn und das Kind. Hier gehörten sie hin. Warum also saß Ben im Wagen? Sie sprang auf. „Wo ist Kahlil?“
„Ich weiß, dass dies sehr schwierig für Sie ist, Prinzessin, aber vielleicht hat seine Hoheit recht. Es ist das
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