Julia Gold Band 51
dir sage, Clio, wird es dir nur eine Last aufbürden, die du mit niemandem teilen kannst. Du dürftest es keinem Menschen erzählen. Möchtest du eine solche Last tragen?“
„Du lieber Himmel!“, flüsterte sie. „Ich bin nicht sicher, ob ich das schaffen würde. Was für eine Last wäre das?“ Wenn es darum ging, dass sie zwischen seinem Glück und Zaras wählen musste, wie sollte sie das ertragen?
Er fasste in ihr Haar. „Es wäre sehr gefährlich, wenn du darüber sprechen würdest. Du musst wissen, damit brächtest du das Leben anderer in Gefahr. Kannst du das akzeptieren?“
„Ist es eine Verschwörung? Gehörst du dazu?“
Er schaute ihr nur stumm in die Augen. Da wusste sie Bescheid.
„Gehört … gehört Zara auch dazu?“
Jalal holte tief Luft, strich ihr übers Haar und über die Schulter. „Ich bemühe mich, dass keine Gefahr daraus erwächst.“
„Oh nein!“ Clio schloss entsetzt die Augen. „Ich glaube, ich will das nicht wissen.“ Sie überlegte, ob das nicht feige von ihr war. Konnte dieser Mann, so wie sie ihn mittlerweile kennengelernt hatte, etwas derart Entsetzliches planen? Andererseits, wenn er tatsächlich eine Verschwörung organisierte, musste sie nicht versuchen, herauszufinden, was da lief?
Aber sie hatte Angst, auf etwas zu stoßen, das ihre so leidenschaftliche Beziehung zu Jalal schon wieder zerstören würde. Nein, das könnte sie nicht ertragen. Was würde es ihr ausmachen, wenn sie noch ein paar Tage mehr in Ungewissheit lebte?
„Es kann sein, dass ich bald nach Barakat zurückkehren muss“, berichtete Jalal plötzlich, nahm ihre Hand und küsste sie. „Wenn ich gehe, Clio, wirst du mitkommen?“
Die Frage versetzte ihr einen Stich. Die Veränderung kam einfach zu rasch für sie. „Was meinst du damit?“
„Wenn die Umstände mich zwingen, nach Hause zu fahren, dann komm mit mir, Clio.“
„In die Emirate?“ Ihr war fast zum Weinen zu Mute. „Für wie lange? Im Sommer ist hier Hochsaison!“
„Für wie lange? Für immer! Willst du mich heiraten? Ich liebe dich, Clio. Ich will, dass du mit mir nach Hause kommst. Bitte werde meine Frau.“
Sie schaute ihm in die Augen. Ihr Herz raste, und Wärme durchströmte sie, als ob die Liebe trotz aller Hindernisse den Weg zu ihrem Herzen fand. Aber … „Oh Jalal.“
„Sag Ja.“
„Ich soll von hier weggehen? Für immer?“
Er zog sie in seine Arme. Sie klammerte sich an ihn und schaute sich im Raum um, betrachtete die in der Nachtbrise wehenden Vorhänge und lauschte den Klängen, die vom See kamen. Die Eule, der Bär und der Wolf schienen ihr aus den Bergen in der Ferne zuzurufen. In der Wüste würde sie sie nie wieder hören.
„Wir werden zu Besuch kommen, Clio.“
„Das kann ich nicht!“, flüsterte sie rau. „Jalal, das hier ist mein Zuhause!“
„Ich werde dir ein neues Zuhause geben. Einen Palast mit Springbrunnen und anderen Kostbarkeiten. Wir werden nicht weit weg sein von den Bergen …“
„Ich kann nicht weggehen und in einem anderen Land leben. Ich gehöre hierher!“
Das ist nur ihre erste Reaktion, dachte Jalal. Frauen änderten ihre Meinung, wenn sie liebten. Es war schließlich die Aufgabe der Frau, ihrem Mann zu folgen. Doch dann dachte er an seine Großmutter und deren Sehnsucht nach dem Land ihrer Jugend. Wenn er Clio mit nach Barakat nähme, würde sie ihren Kindern auch Geschichten von dem Land erzählen, das sie liebte und nach dem sie sich sehnte? Aber wenn er sie nicht mitnahm, wie sollte er dann überleben?
„Clio, endlich habe ich dich gefunden. Du bedeutest mir alles. Liebst du mich denn nicht?“
Tränen brannten ihr in den Augen. „Ich liebe dich. Oh ja, ich will mit dir zusammen sein. Aber, Jalal, verlang nicht das von mir!“
Darauf wusste er nichts zu erwidern. Stumm nahm er sie in die Arme und küsste Clio leidenschaftlich. Dann glitt er über sie und suchte Trost in einer erneuten völligen Vereinigung.
Auf den Regen folgte am nächsten Morgen strahlender Sonnenschein. Es würde ein heißer Tag werden.
„Sie werden die Eisdiele stürmen, und dabei ist Willa gestern Abend nicht mit der Eislieferung gekommen“, bemerkte Maddy nach dem Frühstück, als die anderen schon gegangen waren und Clio und sie noch am Tisch saßen.
Clio war dankbar, dass sie sich auf Alltägliches konzentrieren musste. Sie war niedergeschlagen aufgewacht und wollte nicht darüber nachdenken, vor welcher Wahl sie stand. Warum war Liebe mit so viel Leiden verbunden? Liebe sollte
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