Julia Gold Band 51
doch herrlich sein.
Früh am Morgen war Jalal weggegangen, und sie war eingeschlafen, ehe er zurückgekommen war. Als sie dann aufwachte, war sie allein, aber das Licht war ausgeschaltet. Offenbar hatte er sie schlafend vorgefunden und war in sein eigenes Zimmer gegangen.
Das schien ihr wie ein Hinweis auf die Zukunft.
Beim Frühstück hatten sie und Jalal an ihren üblichen Plätzen gesessen, so weit auseinander, wie das an dem großen Tisch der Blakes nur möglich war. Dafür hatte sie schließlich gesorgt. Und wie lange war das her? Ganz am Anfang, als sie geglaubt hatte, sie hasse Jalal.
Und jetzt liebte sie ihn, aber sie standen immer noch am Anfang.
„… bei Willa noch mal anzurufen“, sagte Maddy.
Jalal hatte ihr zugelächelt, als er mit ihrem Vater zum Bootsverleih hinübergegangen war, aber sein Lächeln hatte gequält gewirkt. Sie dachte an Zara, der die Wahl so leicht gefallen war, als hätte sie sich nur für ein anderes Kleid entscheiden müssen. Dabei ging es um ein neues Land, andere Menschen, eine neue Familie. Wie hatte sie das so leicht fertiggebracht?
„Clio, wo zum Donnerwetter, bist du heute Morgen mit den Gedanken?“
„Wie bitte?“ Sie blinzelte verwirrt. „Entschuldige, Mom, was hast du gerade gesagt?“
„Was ist los, Clio? Du siehst aus, als würde dich ein Bärengeist verfolgen.“
Sie lachte leise auf, und dann plötzlich liefen ihr die Tränen übers Gesicht. „Ach, Mom, ich will nicht hier weg. Ich will nicht den Rest meines Lebens an einem Ort verbringen, wo man nicht mal weiß, was ein Bärengeist ist.“
Maddy Blake sprang auf. „Was ist denn los? Schatz, warum solltest du hier weggehen?“ Ihr Gesicht wurde auf einmal ausdruckslos. „Nein!“, hauchte sie. „Nicht Jalal! Nicht du und Jalal!“
„Er hat mich gestern Abend gebeten, ihn zu heiraten.“
„Oh Schatz! Nicht du auch noch! Lieber Himmel, warum habe ich nicht auf dich gehört, als du gesagt hast, ich sollte ihn nicht kommen lassen? Nein, du sollst nicht Tausende von Kilometern weit weg sein. Werden meine Töchter mich denn alle verlassen?“
„Mom, ich habe ja nicht zugesagt. Ich liebe ihn, aber wie könnte ich hier weggehen? Das hier ist mein Zuhause. Wenn es nur bis Quebec wäre oder so, aber nicht so weit weg.“ Sie barg ihr Gesicht in den Händen. „Sag mir, was ich machen soll!“, flüsterte sie.
Ihre Mutter setzte sich auf den Stuhl neben ihr und legte einen Arm um ihre Schultern.
„Ich wünschte, ich könnte einfach Nein sagen und damit wäre es entschieden. Warum muss Liebe so schmerzlich sein? Ich dachte immer, es wäre schön. Wir haben nicht mal einen Tag wirklichen Glücks erlebt.“
Ihre Mutter atmete betroffen aus. „Was für eine Idiotin ich doch war. Einen Mann wie ihn herkommen zu lassen …“
„Was denkst du, Mom? Könnte ich glücklich werden? Würde ich lernen, das Land zu lieben? Würde es mir ausreichen, nur für ihn da zu sein?“
Maddy senkte ihren Blick. „Das weiß ich nicht, Clio“, antwortete sie, holte tief Luft und versuchte, nicht an sich zu denken. „Vergiss nicht, du hättest Zara in der Nähe. Du wärst nicht …“
„Zara lebt in Ostbarakat. Jalal hat mir gestern Abend gesagt, dass er in der Hauptstadt seinen Platz hat. Die liegt viele Kilometer entfernt von dem Palast, in dem Zara lebt.“
Die Klingel des Eiswagens war zu hören. „Das wird Willa mit dem Eis sein“, meinte Maddy.
„Ich gehe hin.“ Clio stand auf und gab ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange, ehe sie zur Eisdiele hinüberlief.
„Was war das gestern für ein Tag!“, begrüßte Willa sie fröhlich. „Der Regen hat meinen ganzen Arbeitsplan durchkreuzt!“ Willa stellte das Eis her und lieferte es auch aus.
Clio war immer gut mit ihr ausgekommen, und der erste Gedanke, der ihr durch den Kopf ging, war, dass Willa mit zu den Leuten gehörte, die sie nicht mehr wiedersehen würde, wenn sie nach Barakat ginge.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte Willa, während sie das Eis ausluden und in den Gefrierschrank einräumten.
„Ja, natürlich“, log Clio. „Ich hatte gestern Kopfschmerzen, aber heute geht es wieder.“
Ein paar Minuten später winkte sie Willa nach. Jetzt würde sie das Geschäft aufmachen können. Einen Augenblick lang stand sie jedoch einfach da und schaute sich um. Sie hatte nie mehr haben wollen als das hier. Zara war da ganz anders gewesen. Sie, Clio, hatte sich nie einen Palast gewünscht, nicht einmal eine Villa am See. Vor ein paar Jahren hatte ihr
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