Julia Gold Band 51
weitaus mehr, als sie erwartet hatte. Kannst du dir vorstellen, welchen Mut sie hat aufbringen müssen, um überhaupt zum Palast zu gehen? Und dann noch darauf zu bestehen, jemanden sprechen zu dürfen, der Einfluss hatte. Vielleicht würde der König sie umbringen, weil sie ihm einen illegitimen Enkel geboren hatte. Vielleicht würde er sie des Betrugs beschuldigen. Woher sollte sie es besser wissen?“
Jalal schaute Clio tief in die Augen. „Sie haben mich heute Abend aus einem bestimmten Grund von dem Komplott wissen lassen. Sie wollten mich damit überzeugen, dass der Mann im Hintergrund mächtig genug ist und sein Versprechen, mir zu meinem Recht zu verhelfen, halten kann. Aber ich bin sicher, dass es nur eine weitere Manipulation war. Sie wollten mir einen solchen Hieb verpassen, dass ich an allem zweifle und mich ihnen restlos ausliefere.“
„Und hat es funktioniert?“
„Es hat mich bis in meine tiefste Seele erschüttert, dass mein Leben so anders war, als ich glaubte. Der Gedanke, dass ich absichtlich frustriert wurde, damit dieser Mann mich in meinem Zorn für seine Zwecke benutzen könnte, ist erschreckend. Er wollte damit meinen Hass schüren, weil man Hass in nützliche Bahnen lenken kann. Er wollte mich als Waffe benutzen.“
„Oh. Jalal, was für ein Monster muss er sein!“, erwiderte Clio und fühlte sich hilflos. Was konnte sie sagen, um Jalal zu trösten?
„Ja, er ist ein Monster. Und ein Narr. Fünfundzwanzig Jahre einem solchen Plan hinterherzuhängen, der nichts anderes zum Ziel hat als Zerstörung. Zerstörung meiner Onkel, der gesamten Emirate. Ein Plan, der nichts Positives, nichts Gutes bedeutet, für niemanden, nur Ignoranz und Boshaftigkeit. Und solange ich in Barakat bin, Clio, werde ich das Objekt solcher Verrückter sein. Immer werden sie mich als mögliche Marionette sehen. Diese Narren können sich nicht erinnern, dass der Prophet gesagt hat, ein Staat kann ohne Religion überleben, aber nicht ohne Gerechtigkeit.“
„Das hat er gesagt?“, fragte sie verwundert.
„Ja, und viele andere weise Dinge, die diese Narren ignorieren.“ Jalal seufzte schwer und nahm Clios Kopf zwischen die Hände. „Du hattest recht. Wie kann ich dich dorthin mitnehmen und dir ein solches Leben zumuten, in dem Verschwörungen uns und unsere Kinder ständig belasten würden?“
Atemlos vor Hoffnung, vor Liebe und Mitgefühl schwieg Clio.
„Dort kann ich nicht mehr leben. Alle Bande sind zerschnitten. Wovon ich ausgegangen war, hat sich als Irrtum erwiesen. Die Vergangenheit kann für mich keine Bedeutung mehr haben. Wenn du mich zum Mann willst, Clio, werde ich hier bei dir bleiben und mir ein Leben an den Seen und in den Wäldern aufbauen. Ich werde dafür sorgen, dass die Nachfahren meiner Großmutter in ein Land zurückkehren, wie sie es geliebt hat, und unsere Kinder werden erben, was wir ihnen schaffen, und nicht mehr. Willst du mich, meine Geliebte? Wird es dir gefallen, wie es mir gefällt?“
Clio strahlte vor Glück, und Jalal las die Antwort in ihren Augen.
Die alte Kirche in Love’s Point hatte schon lange nicht mehr so viele Besucher gehabt. Stolz zogen sie durch die stillen, von Bäumen gesäumten Straßen. Alle trugen sie ihre besten Sachen, ob Jung oder Alt, ob Reich oder Arm, ob Prinz oder Bürger.
Die Hochzeit von Clio Blake und Jalal al Quraishi hatte in der hundertfünfzig Jahre alten Kirche stattgefunden, und der Empfang war in dem wunderschönen Garten, dessen Rasen bis zum Ufer des Sees reichte.
Die Braut trug ein elegantes, langärmeliges Satinkleid in Weiß, das sich wie eine zweite Haut um ihre Rundungen schmiegte und unterhalb der Hüfte in einen weiten Rock überging. Dazu trug sie einen langen, romantischen Schleier, wie ihn sich ihre kleinen Brautjungfern nicht schöner hätten wünschen können.
Auf der Straße wartete eine weiße Limousine mit einem riesigen Schild mit der Aufschrift „Just Married“ und einer langen Kette leerer Blechdosen. Dahinter schloss sich eine lange Reihe Wagen an, mit denen die Gäste das Brautpaar zum Flughafen begleiten wollten.
Die spätherbstliche Septembersonne strahlte noch, während die Gäste in kleinen Gruppen zusammenstanden, und eine leichte Brise hob den Schleier der Braut, sodass er malerisch hinter ihr herwehte.
Es wurden noch Fotos gemacht, aber nur von Freunden. Die Medien hatten ihre Bilder von Braut und Bräutigam längst bekommen, so wie von Prinz Rafi und der hübschen Prinzessin Zara von Ostbarakat, die
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