Julia Gold Band 53
schlicht.
Mariah ärgerte sich, dass sein Anblick ihr dermaßen unter die Haut ging. Am liebsten hätte sie laut aufgelacht. Dieser umwerfende Mann musste der neue Mieter von nebenan sein, von dem Mrs Gill ihr erzählt hatte.
Der Mieter, den Mrs Gill als netten jungen Mann bezeichnet hatte.
Der nette junge Mann zog jetzt eine Braue hoch. „Ich wollte Sie nicht beleidigen. Sie wirken nur ein wenig hilflos.“
Er hatte einen volltönenden Bariton, und dazu einen sexy Akzent. Mariah verdrehte die Augen. Einfach perfekt, dachte sie.
„Ich bin absolut nicht hilflos.“
Er nahm die abgegriffene Ausgabe ihres Taschenbuchs mit dem Titel: Frauen, die Männer lieben, gehören geohrfeigt, warf einen kurzen Blick darauf und reichte es ihr. „Wenn ich einen Vorschlag machen dürfte …“
Hastig riss sie ihm das Buch aus der Hand. „Was für einen? Dass ich in Zukunft besser darauf achten soll, wohin ich laufe?“
„Ja, unter anderem.“ Er richtete sich auf und hielt ihr eine helfende Hand hin. „Wer langsam geht, kommt auch ans Ziel.“
Sie ergriff seine Hand und ließ sich aufhelfen. „Trägheit war noch nie mein Fall.“
Er ging auf ihre Bemerkung nicht ein, sondern meinte: „Außerdem finde ich es einen schönen Zug, wenn man sich entschuldigt.“
Das entlockte Mariah ein vorsichtiges Lächeln. Vielleicht waren doch nicht alle gut aussehenden, intelligenten und charmanten Männer unmöglich. „Ja, es ist ein schöner Zug, und ich nehme Ihre Entschuldigung an. Sie haben mich zwar fast zu Tode erschreckt, aber …“
„Ich meinte damit Sie.“
Alles zurück, dachte Mariah. „Wie bitte?“, entgegnete sie eine Spur kühler.
„Sie waren es, die mich fast umgerannt hat, oder?“
„Schon, aber es war keine Absicht.“
„Trotzdem fände ich eine Entschuldigung angebracht.“
Der Gedanke an ihr juristisches Training gemahnte Mariah, die Sache zu hinterfragen, aber nach einem Tag wie diesem – an dem man jedem ihrer Worte, jeder Frage widersprochen hatte – fühlte sie sich dem nicht mehr gewachsen. Andererseits war sie auch nicht in der Stimmung, klein beizugeben. Also wählte sie einen Mittelweg.
„Ich bedauere zutiefst, Sie angerempelt zu haben.“ Sie strahlte den Fremden an. „Reicht das?“
Er wirkte nicht besänftigt.
„Ich nehme an, damit muss ich mich zufriedengeben, Miss …“ Er musterte sie mit seinen dunklen, unergründlichen Augen.
„Mariah Kennedy“, sagte sie, wobei ihr unter seinem Blick schon wieder heiß wurde.
„Ich heiße Zayad Fandal und bin Ihr neuer Nachbar.“
Na bitte, sie hatte also richtig vermutet. Offenbar war es ihr Schicksal, überall immer nur danebenzustehen, daneben zu wohnen, daneben zu arbeiten, von einem großen, dunklen, gut aussehenden Mann geschieden zu sein und nun mit einem ebensolchen Prachtexemplar herumzustreiten.
„Ich freue mich, Sie kennenzulernen, Mr Fandal. Willkommen in der Nachbarschaft. Und noch einmal mein tiefes Bedauern über den Zusammenstoß.“ Damit wandte sie sich ihrer Haustür zu und schob den Schlüssel ins Schloss.
„Einen Augenblick noch, Miss Kennedy.“
Mariah warf ihm einen Blick über die Schulter zu und ertappte ihn dabei, wie er sie begutachtete. „Ja?“
„Darf ich Sie etwas fragen?“
Im Geiste schüttelte sie den Kopf. Kein Interesse, Playboy, dachte sie. Nach der schlimmen Scheidung, die ihr Leben fast vier Jahre lang beeinträchtigt hatte, nach den Erfahrungen mit den Albträumen, die ihre weiblichen Mandanten mit genau solchen Typen durchmachten, hatte sie sich geschworen, sich nur noch mit untersetzten, schmallippigen Männern ohne diesen hypnotischen Blick einzulassen. Männer, die weder ihren Geist noch ihren Körper in Aufruhr versetzten.
Eine alberne Idee? Vielleicht. Aber so war sie auf der sicheren Seite. Und nur darauf kam es ihr mittlerweile an.
„Was möchten Sie denn wissen, Mr Fandal?“, fragte sie mit einem nachsichtigen Lächeln.
„Ich würde gern erfahren, ob Ihre Mitbewohnerin, Jane Hefner, zu Haus ist.“
So ein Reinfall!
Voller Beschämung nahm Mariah das zärtliche Lächeln wahr, das über sein Gesicht huschte. Hatte sie tatsächlich geglaubt, dieser aufregende Mann würde mit ihr flirten? Natürlich war er nur an Jane interessiert. Sie konnte es ihm nicht einmal übel nehmen. Ihre schöne, schwarzhaarige Freundin konnte sich vor Verehrern kaum retten. Sie dagegen, mit ihrem aschblonden Haar und ihrer zierlichen, kurvenreichen Figur konnte mit Jane, die schlanke lange
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