Julia Gold Band 53
Der Arzt stülpte ihr eine braune Schiene, die an einen Stiefel erinnerte, über den Fuß und die halbe Wade und zog den Klettverschluss stramm. „Wie gesagt, Sie müssen mindestens zwei Tage lang liegen und dürfen den Fuß nicht belasten. Wenn Mr Fandal Sie nicht versorgt, wer dann?“
Mariah setzte zu sprechen an, brachte jedoch nichts heraus. Sie kam sich entsetzlich hilflos vor. Jane war nicht da, und sie konnte sie nicht bitten zurückzukommen – es stand zu viel Geld für ihre Mitbewohnerin auf dem Spiel.
Mariah zog die Stirn kraus und seufzte. Dass ihr verflixter Fuß aber auch so wehtun musste! Sie hatte tatsächlich niemanden, der ihr helfen konnte. Sie sah auf und schaute direkt in Zayads dunkle Augen. Ihr wurde heiß bei seinem feurigen Blick.
„Warum in aller Welt sollten Sie so etwas tun?“, fragte sie ihn. „Sie kennen mich doch kaum.“
Zayad setzte sich neben sie aufs Bett. Hinter seinem Rücken verließ der jungenhafte Arzt diskret das Zimmer.
„Hatten Sie nie das Bedürfnis, einem Menschen in Not beizustehen, Mariah?“
An jedem Tag ihres Lebens, nachdem sie die Depression im Anschluss an ihre Scheidung überwunden hatte. Ihr Exmann hatte sie nicht nur mit seiner Fitnesstrainerin betrogen, sondern ihr auch noch mitgeteilt, dass er die Frau heiraten wollte. Seit diesem Moment verspürte sie den starken Drang, anderen Frauen in ähnlichen Situationen zu helfen – wenn sie allein und verzweifelt waren und nicht wussten, wovon sie leben sollten. Sie hatte studiert, das Examen mit Bestnoten abgelegt und ihre Kanzlei eröffnet.
Mariah ließ sich in die Kissen fallen und seufzte. „Aus unserer Unterhaltung vorhin im Garten müssten Sie wissen, dass ich mich für die Armen und Schwachen einsetze. Sicherlich haben Sie gemerkt, dass das eine Leidenschaft von mir ist.“
Eine Leidenschaft, die mit jedem gewonnenen Prozess auch ihre eigenen Wunden ein wenig heilte, wie sie hoffte. Leider war sie noch immer weit davon entfernt, geheilt zu sein.
„Ich begleite den Arzt hinaus“, erklärte Zayad. „Und wenn ich zurückkomme, sprechen wir über ein Abendessen, ja?“
„Moment noch“, sagte sie, als er aufstand. „Es tut mir leid, wenn Sie mich für undankbar halten, denn ich weiß Ihr Angebot sehr zu schätzen …“
„Aber?“
„Aber ich traue Ihnen nicht.“
„Das kann ich verstehen.“
„Wirklich?“
„Es liegt an Ihrem Wesen.“
„Es liegt an meiner Vergangenheit“, korrigierte sie ihn.
Er nickte nur.
„Offenbar verfolgen Sie hier bestimmte Absichten. Ich weiß nicht, ob es Ihnen um mich oder um Jane geht, oder ob Sie nur Buße tun für vergangene Sünden, aber eins sage ich Ihnen – ich werde Sie mit Adleraugen beobachten.“
„Etwas anderes hätte ich von Ihnen auch nicht erwartet, Mariah.“ Sein Lächeln war sinnlicher denn je.
Sie schluckte. „Schön.“
„Übrigens, meine einzige Sünde ist es, mir immer das zu wünschen, was ich nicht haben kann.“
Sein Lächeln wurde verwegen, und er schaute auf das weiße Handtuch, das sie fest vor die Brust presste.
„Aber Buße tue ich dafür nicht.“
Zayads Worte lösten in Mariah heftiges Verlangen aus. Der Schmerz in ihrem Fuß verblasste dagegen völlig.
Sie schaute ihm nach, als er aus der Tür war und vermisste schon jetzt seine erotische Ausstrahlung. In den letzten vier Jahren hatte sie sich oft gefragt, ob ihr Körper vielleicht vom Nabel abwärts abgestorben war. Jetzt kannte sie die Antwort. Sie war absolut lebendig, in ihrem Körper prickelte es, und sie sehnte sich nach einem Mann.
Aber nicht nach irgendeinem.
Mariah schloss die Augen und holte tief Luft. Sie wollte Zayad. Und das machte ihr schreckliche Angst.
5. KAPITEL
„Du hast was getan?“
Zayad lehnte am Küchentresen, in der Hand eine Dosensuppe, das Handy zwischen Ohr und Schulter geklemmt, und versuchte, seinem Bruder die merkwürdige Situation zu erläutern, in der er sich momentan befand. „Ich habe mich bereit erklärt, die Freundin unserer Schwester zu versorgen, bis sie wieder laufen kann.“
Sakir runzelte die Stirn. „Das ist doch der helle Wahnsinn! Du hast keine Ahnung von Krankenpflege. Du kannst weder kochen noch putzen. Und Small Talk liegt dir auch nicht. Sie wird dich sofort durchschauen.“
„Mag sein, aber ihr bleibt keine andere Wahl. Sie hat niemanden, der ihr hilft. Ihre Angehörigen sind verstorben, ihre Freundin ist verreist und … sie ist nicht liiert.“
„Nicht liiert?“ Sakirs Tonfall hatte einen
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