JULIA HOCHZEITSBAND Band 19
lachen, aber sie würde sich nicht über Carries Sorgen lustig machen.
Wozu gab es Freunde?
„Bist du fertig?“ Kurt stand mit einem Buch über Hawaii in der Hand an der Tür. In seinem schicken Hawaii-Hemd sah er so attraktiv aus, als wollte er für ein Hochglanzmagazin posieren.
„Fertig.“ Carrie ließ das Handy in ihre Handtasche fallen und folgte ihm aus dem Honeymoon Hale nach draußen. Sie war längst nicht so ruhig, wie es den Anschein hatte.
„Klettern, klettern, klettern. Und dann müssen Sie noch ein bisschen klettern.“
Carrie starrte in den aufgeschlagenen Reiseführer in ihrer Hand und las Kurt den Absatz über die „Okolehau-Wanderung“ auf Hanalei vor.
„Es heißt, es gäbe hier überall eine fantastische Vegetation, aber man könne sie kaum genießen, weil man völlig außer Atem sei.“ Sie schlug das Buch zu und reichte es ihm.
Ihre festen Wanderschuhe mit Gummisohle waren mit rotem Schmutz bedeckt. Der Schweiß lief ihr aus den Haaren die Wangen hinunter. Auf dem Hinterteil ihrer neuen Shorts prangte ein Schmutzfleck, weil sie an einem steilen Abhang über eine frei liegende Wurzel gestolpert, gestürzt und ein paar Zentimeter auf dem Boden gerutscht war.
Carrie schüttelte den Kopf und stemmte die Hände in die Hüften. „Auf diese Weise wirst du niemals das Herz einer Frau gewinnen“, erklärte sie lächelnd.
Kurt lächelte ebenfalls und küsste sie auf die Nasenspitze. „Hey, gib es endlich zu. Du hast seit bestimmt einer halben Stunde nicht mehr an die Hochzeit gedacht.“
„Wie sollte ich auch? Ich hatte genug damit zu tun, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Mein Herz wollte beinahe zerspringen. Es ist solche Anstrengungen überhaupt nicht gewohnt.“
Carrie blickte zurück auf den engen Pfad, der sich durch den Kiefernwald schlängelte. Der Weg führte direkt hinauf auf den Gipfel eines Berges, der sich im Hanalei Valley erhob und weit über die Stelle hinausreichte, an der sie kurz angehalten hatten.
„Hast du wirklich vor, bis ganz nach oben zu gehen?“ Ihre Beine schmerzten. Carrie war sich nicht sicher, dass sie es schaffen würde. Um ehrlich zu sein, sie wusste noch nicht einmal, ob sie es überhaupt versuchen wollte.
Kurt blätterte im Reiseführer. „Hier steht, dass man durch die fantastische Aussicht für die Qualen reichlich entschädigt wird. Von dort oben kann man ein Fünftel der Insel überblicken.“
Carrie verkniff sich die Bemerkung, dass sie schon mehr als genug von der Insel gesehen hatte. Aber in diesem Moment glitt eine dunkle Wolke über ihr Gesicht, und die Hitze ließ ein wenig nach. Sie atmete tief durch und schaute sich um. Die Aussicht war jetzt schon spektakulär.
„Was hältst du davon, wenn ich mich dort drüben auf den Felsen setze und auf dich warte, während du nach oben kletterst und die Aussicht genießt? Und wenn du wieder runterkommst, kannst du mir ja erzählen, was du gesehen hast.“
Kurt zögerte und starrte zum Berggipfel. „Kein Problem. Wenn du umkehren willst, komme ich gern mit.“
Eigentlich liebte er die Herausforderung. Carrie sah ihm an, dass er gern weitergegangen wäre.
„Mach dir um mich keine Sorgen. Ich setze mich einfach dorthin und genieße die Ruhe. Wie friedlich es hier ist.“ Carrie atmete wieder tief durch und schaute sich um. Die Stelle war wirklich bezaubernd. Der Waldboden war mit Farnen übersät und machte den Eindruck, als wäre er von vorsintflutlichen Kobolden bevölkert. Überall sprossen kleine Kiefern aus dem Erdreich.
„Ehrlich?“
„Ganz ehrlich.“
Kurt zog eine Wasserflasche aus seinem Rucksack und gab sie ihr. „Ich werde nicht lange brauchen“, meinte er.
„Lass dir Zeit.“ Auf dem ganzen Weg waren sie keiner Menschenseele begegnet. Auf dem Parkplatz neben dem Hanalei River am Anfang des Wanderwegs waren keinerlei Fahrzeuge abgestellt gewesen.
Unwillkürlich wollte Carrie den Staub von dem Felsen wischen, den sie sich ausgesucht hatte, als sie sich erinnerte, dass ihre Hose schon schmutzig geworden war. Sie setzte sich, streckte die Beine aus und überkreuzte die Knöchel. Dann zog sie das Handy aus der Tasche. Aber auf dieser Seite des Berges hatte sie keinen Empfang.
Eine kühle Brise wehte sanft durch die Bäume und schien kaum verständliche Worte zu flüstern … schsch, schsch … ganz in der Nähe zwitscherte eine Drossel ihr Lied. Carrie versuchte zu pfeifen und gab sich die größte Mühe, dabei wie die Drossel zu klingen. Der Vogel verstummte für ein
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