JULIA HOCHZEITSBAND Band 20
Altar zu übergeben. Er hatte gesagt, er könne es kaum erwarten, eine Verantwortung weniger zu haben. Armer Clayton. Dabei liebte er es, sich um seine jüngeren Geschwister zu kümmern.
Colleen arbeitete für ihn in der Versicherungsgesellschaft, die er von seinem Vater übernommen hatte. Obwohl er ihr den Titel Büroleiterin gegeben hatte, weigerte er sich, ihr auch die damit verbundene Verantwortung zu übertragen. Deswegen hatte sie auch keine Schuldgefühle wegen der zwei Nachmittage in der Woche, an denen sie ehrenamtlich im Grand Rapids Krankenhaus arbeitete. Dem Krankenhaus, an dem auch der Trauzeuge und der Bräutigam beschäftigt waren.
Der sitzen gelassene Bräutigam.
Das Brautkleid hing an einem Haken in der Garderobe und wehte in der Brise, die zum offenen Fenster hereinströmte. Molly war weggelaufen? Colleens Magen zog sich zusammen. Molly war zu klug und zu stark, um davonzulaufen. Im Gegensatz zu Colleen, die in ihrer Kindheit häufig ausgerissen war. Aber genau wie sie würde auch Molly gesund und munter wieder nach Hause kommen. Oder?
Der Streit zwischen Abby und Clayton verstummte, als Abby einen zerknüllten Zettel auseinanderfaltete und las. Natürlich hatte Molly eine Nachricht hinterlassen. Schließlich war sie ebenso verantwortungsbewusst veranlagt wie ihr älterer Bruder.
„Was schreibt sie?“, wollte Clayton wissen. „Nun sag schon! Ich will es wissen.“
„Es ist gut, dass sie abgehauen ist“, konterte Abby, „bevor sie den größten Fehler ihres Lebens machen konnte.“
Der Bräutigam schnappte überrascht nach Luft. Nicks Arm spannte sich unter Colleens Fingern. Seine hellgrünen Augen verdunkelten sich vor Zorn. Ein Muskel zuckte an seinem Kiefer, wie wenn er die Zähne zusammenbiss, um eine unbedachte Bemerkung zurückzuhalten.
„Josh, es tut mir leid“, murmelte Clayton betroffen.
Nicks Anspannung milderte sich nicht einmal, als die Kinder zu toben begannen und sich gegenseitig die Blütenblätter von den Ansteckblumen zupften.
Colleen zog die Hand von seinem Arm zurück und ballte sie zur Faust, um das Prickeln, das er in ihr ausgelöst hatte, zu unterdrücken. Sie hätte ihn gar nicht erst berühren dürfen. Er machte kein Geheimnis aus seiner Aversion gegen feste Beziehungen; das Krankenhauspersonal hatte sie hinreichend davor gewarnt, Geschmack an dem gut aussehenden Doktor zu finden. Es konnte zu nichts anderem führen als einem gebrochenen Herzen.
„Ich entschuldige mich auch“, sagte Abby zu Josh. „Das waren nicht ihre Worte … also dass sie einen Fehler gemacht hat. Sie ist einfach nur verwirrt.“
„Geht es ihr gut?“, erkundigte sich Josh. Auf seinem Gesicht zeigte sich keine Spur von dem Zorn, der die Miene seines besten Freundes verfinsterte.
Colleen kannte Josh durch ihre jahrelange freiwillige Arbeit im Krankenhaus recht gut. Im Gegensatz zu gewissen anderen Leuten schenkte er ihr Beachtung. Sie konnte durchaus nachvollziehen, warum ihre große Schwester seinen Antrag angenommen hatte. Ganz abgesehen davon, dass er äußerst attraktiv aussah mit seinen dunklen Haaren und leuchtend blauen Augen, war Dr. Joshua Towers ein wirklich liebenswerter Mensch.
„Ganz bestimmt muss man sich keine Sorgen um sie machen“, versicherte Abby. „Wie gesagt, sie ist momentan nur verwirrt. Sie braucht etwas Zeit für sich, um zu ergründen, was sie wirklich will.“
„Das hätte sie sich überlegen sollen, bevor sie den Antrag angenommen hat“, murrte Nick. „Es ist verdammt flatterhaft, kurz vor dem Altar auszusteigen.“
„Molly ist überhaupt nicht flatterhaft!“, protestierte Colleen. Wie konnte er es wagen, so etwas über ihre Schwester zu sagen? Er kannte sie doch gar nicht.
Leider kannte der Bräutigam sie auch nicht viel besser. Sie waren zwar seit einigen Monaten liiert, hatten sich aber aufgrund ihrer unterschiedlichen Arbeitszeiten nur selten getroffen. War sie deshalb vor der Hochzeit zurückgeschreckt?
Warum hatte die zielstrebige und vernünftige Molly überhaupt zugestimmt, einen praktisch Fremden zu heiraten? Selbst wenn er nett und attraktiv war. Sie glaubte eigentlich nicht an Liebe auf den ersten Blick und handelte nie unüberlegt. Das war eher Colleens Ressort.
„Es ist meine Schuld“, sagte Josh mit einem schweren Seufzer. „Ich habe sie zur Hochzeit gedrängt, obwohl ich hätte ahnen müssen, dass sie dazu noch nicht bereit ist.“
Nick legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Mach dir keine Vorwürfe. Sie hätte es dir
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