JULIA HOCHZEITSBAND Band 20
zu fungieren.
Währenddessen schritt die Brünette am Arm ihres kleinen Bruders über den Mittelgang. Im Sonnenschein, der durch die bunten Kirchenfenster fiel, glänzten ihre Haare wie Bitterschokolade. Nicks Herz schlug höher. Sie war verdammt hübsch. Wie mochte sie heißen? Er konnte sich nicht erinnern, ihren Namen schon irgendwo gehört zu haben.
Als sie in seine Nähe kam, warf sie ihm einen flüchtigen Blick durch dichte schwarze Wimpern zu. Plötzlich rauschte das Blut in seinen Ohren, und er fühlte sich ein wenig benommen.
Das lag jedoch keineswegs daran, dass sie ihm unter die Haut ging. Nein, er machte sich nichts aus ihr. Er hatte in den letzten Wochen nur nicht genug geschlafen und gegessen, wegen der unzähligen Doppelschichten im Krankenhaus. Vielleicht war es wirklich besser, eine Privatpraxis zu führen. Die Idee war nicht neu, sondern bereits während des Medizinstudiums aufgekommen. Dennoch war er nicht darauf vorbereitet, diesen Schritt so bald zu wagen.
Als Nächstes stürmten die Zwillinge durch die Kirche. Dabei stritten sie heftig um das Ringkissen, das einst strahlend weiß gewesen war, nun aber von dunklen Fingerabdrücken verunziert wurde.
Das Blumenmädchen folgte den Jungen in sehr gemäßigtem Tempo und streute gewissenhaft rote Rosenblätter auf den weißen Läufer. Gelächter über ihren kindlichen Eifer ertönte unter den Gästen.
Die Orgelmusik steigerte sich dramatisch. Nick schüttelte sich unwillkürlich, so ominös klang der Hochzeitsmarsch in seinen Ohren. Er hoffte sehr, dass er sich irrte. Er wünschte Josh eine lange glückliche Ehe mit einer Frau, die ihn und seine Söhne auf ewig liebte. Er betete, dass Molly McClintock diese Frau war.
Die Gäste erhoben sich von den Bänken und drehten sich erwartungsvoll nach hinten, um der Braut entgegenzublicken.
Doch Clayton McClintock stand ganz allein auf dem weißen Läufer mit den roten Rosenblättern.
Wo zum Teufel steckt die Braut?
Die Orgel verstummte abrupt. Schockiertes Gemurmel erhob sich in den Reihen.
„Mann, es tut mir leid“, murmelte Nick mit rauer Stimme und drückte Joshs Schulter, die seltsamerweise längst nicht so verkrampft wirkte wie einige Momente zuvor.
„Die Trauung verzögert sich ein wenig“, verkündete Clayton.
„Die Braut ist noch nicht ganz fertig. Wir bitten daher um etwas Geduld. Danke schön.“
Nick ahnte, dass diese Mitteilung nicht der ganzen Wahrheit entsprach. Die blonde Brautjungfer dachte anscheinend ebenso, denn sie rannte blindlings zum Ausgang. Clayton fing sie auf und hielt sie fest.
Die Zwillinge hielten die ganze Sache für ein Fangspiel und jagten einander über den Mittelgang. Das wesentlich besser erzogene kleine Blumenmädchen fasste Rory an der Hand und trippelte gesittet neben ihm her, sodass seine brünette Schwester allein dastand.
Nick eilte an ihre Seite und reichte ihr den Arm. Sie zögerte einen Moment, bevor sie die Hand auf seinen Unterarm legte. Er spürte ihre Wärme durch den Stoff. Sein Körper spannte sich durch ihre Nähe. Seine Lungen begannen zu schmerzen, denn er hielt unwillkürlich den Atem an. Noch nie hat er sich so spontan zu einer Frau hingezogen gefühlt. Warum gerade sie? Sie hatten kaum ein Wort miteinander gewechselt. Er kannte nicht einmal ihren Namen.
Und wie konnte er an etwas anderes denken als an die Misere, die sein Freund gerade durchlitt? Er blickte über die Schulter. Die rothaarige Brautjungfer nahm Josh am Arm und zerrte ihn förmlich den Gang hinab. Offensichtlich war die Trauung nicht nur verschoben.
Zorn stieg in Nick auf. Wie konnte die Braut es wagen, einen derart anständigen Menschen so zu demütigen? Josh begegnete stets allen Leuten mit Freundlichkeit und Respekt. Er verdiente es nicht, so schamlos verletzt zu werden. Schon zum zweiten Mal.
Dieser neuerliche Verrat bewies, was Nick schon lange wusste: Frauen konnte man nicht trauen.
Sicher gab es einige wenige, die ehrlich waren. Aber woher sollte ein Mann wissen, welche es auf sein Herz und welche es auf seine Brieftasche abgesehen hatte?
An Nicks Arm begab sich Colleen zur Hochzeitsgesellschaft, die sich unter aufgebrachtem Stimmengemurmel in der Vorhalle zusammengefunden hatte. Bis auf Abby und Clayton, die sich in der Garderobe der Braut gegenüberstanden und stritten.
Natürlich gab Clayton Abby die Schuld. Und natürlich war er wütend. Er hatte sich verpflichtet gefühlt, sowohl die Hochzeit zu bezahlen als auch an seines Vaters Statt die Braut am
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