JULIA HOCHZEITSBAND Band 20
blonde Brautjungfer und das Blumenmädchen umgetauft. Doch obwohl die Heimkehrer gebührend enthusiastisch und mit offenen Armen aufgenommen wurden, starrten die Gäste immer wieder unverhohlen zu Josh und tuschelten darüber, wie lange er es wohl noch schaffte, gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
Colleen stockte ein wenig der Atem, als Dr. Nick Jameson auf sie zusteuerte.
„Kennst du ihn aus dem Krankenhaus?“, fragte Brenna. Sie zählte zu den wenigen Leuten in Cloverville, die von der ehrenamtlichen Tätigkeit in Grand Rapids wussten, doch selbst sie kannte nicht den Grund dafür.
Colleen nickte. „Aber nur vom Hörensagen.“ Als nüchternen Mediziner, der den Praktikantinnen und Krankenschwestern keinerlei Beachtung schenkte, sosehr sie auch um seine Aufmerksamkeit buhlten. Sie selbst gehörte nicht zu denjenigen, die sich ein Bein ausrissen, um seine Aufmerksamkeit zu erringen. Sie hatte es vorgezogen, überhaupt nicht von ihm beachtet zu werden.
Nun glitt sein Blick über ihre Gestalt wie eine Liebkosung und verweilte auf den nackten Schultern und dem tiefen Ausschnitt des hautengen Kleides. Warum betrachtete er ihr spärliches Dekolleté, obwohl direkt neben ihr eine vollbusige Schönheit stand?
„Hallo, Dr. Jameson“, sagte Brenna. „Wie geht es Josh? Wo steckt er überhaupt?“
Er würdigte sie nur mit einem flüchtigen Blick und zuckte steif die Schultern. „Ich bin mir nicht sicher. Er sucht T. J. und Buzz.“
„Die Jungs sind bei meinen Eltern. Ich gehe ihm Bescheid sagen.“
„Warte.“ Colleen wollte Brenna am Arm zurückhalten, doch es war schon zu spät.
Dafür nahm Nick ihre ausgestreckte Hand und verschränkte die Finger mit ihren. „Tanzen Sie mit mir“, bat er, und schon zog er sie auf das überfüllte Parkett und schloss sie in die Arme.
Vor Überraschung konnte sie keinen Protest äußern. Dabei wollte sie nicht mit einem Mann tanzen, der ihr unzählige Male begegnet war, ohne sie zu beachten. Bis zu diesem Tag. Offensichtlich beruhte sein Interesse allein auf ihrem Anblick in dem roten Kleid, das Brenna für die Brautjungfern ausgesucht hatte.
Mollys Rückzieher in letzter Sekunde war für Colleen nicht völlig unerwartet gekommen, denn sie hatte keinerlei Interesse an den Hochzeitsvorbereitungen gezeigt und sich auch nicht daran beteiligt. Auf keinen Fall war sie flatterhaft, wie Nick behauptete. Wenn sie sich etwas in den Kopf setzte, führte sie es auch zu Ende – wie das Vorhaben, Ärztin zu werden. Unbeirrt widmete sie sich dem Studium, das sie nur für Hochzeit und Flitterwochen unterbrochen hatte.
Für die ausgefallene Hochzeit .
„Wie geht es dem Bräutigam?“, erkundigte sich Colleen.
Zwischen zusammengepressten Zähnen knurrte er: „Es ist keine Braut vorhanden. Also gibt es auch keinen Bräutigam.“
Ihr Widerstreben, mit ihm zu tanzen, beruhte nicht nur auf ihrem verletzten Ego, sondern auch auf seinem Zorn gegen ihre Schwester. Er benahm sich, als wenn er der sitzen gelassene Bräutigam wäre. Sie blieb stehen und versuchte, sich aus seinen Armen zu lösen, doch er hielt sie eisern fest.
Sein Atem streifte ihr Haar. „Er ist mein allerbester Freund.“ Seine tiefe Stimme klang aufgewühlt. „Ich hasse es, dass er das alles noch mal durchmachen muss.“
„Noch mal?“
„Beim ersten Mal ist es nicht am Altar passiert, aber seine Exfrau hat ihn sitzen lassen, als die Zwillinge noch Babys waren.“
Sie wusste, was es bedeutete, allein zurückzubleiben. Kurz nach dem Tod ihres Vaters waren fast alle Personen aus Cloverville fortgegangen, die ihr wichtig waren: Molly und Brenna aufs College, Eric zur Marine und Abby sang- und klanglos sonst wohin.
Colleen erinnerte sich gut, wie furchtbar einsam und verlassen sie sich gefühlt hatte. Sie legte Nick eine Hand auf die Schulter, lehnte sich in seinen Armen zurück und folgte seiner Führung zu den sanften Klängen der Musik. „Es tut mir leid.“
Er zuckte die Schultern. „Er will trotzdem in Cloverville bleiben.“
Um auf Molly zu warten. Die Männer pflegten auf sie zu warten. Colleen dagegen wurde kaum beachtet. Normalerweise.
Langsam ließ Nick die Hand über den glatten roten Satin gleiten. Er sehnte sich danach, die nackte Haut zu berühren, um sich zu überzeugen, ob sie sich genauso seidig anfühlte wie das Kleid. Colleen war so schlank, dass er ihren Rücken beinahe mit einer Hand umspannen konnte. Er zog sie näher an sich und atmete den Duft von Maiglöckchen ein, der einem Zweig in
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