Julia James
gestorben ist, bin ich zu dem Klosterhospiz gefahren", berichtete Cesar. "Die Nonnen erinnerten sich an sie und an dich. Sie haben mir erzählt, wie sehr du deine Mutter geliebt und wie rührend du dich um sie gekümmert hast. Ich habe ihnen Geld für eine Seelenmesse für deine Mutter gegeben. Hoffentlich war das in deinem Sinn. Wenigstens das wollte ich für dich tun. Immerhin hast du dich für deine sterbende Mutter hoch verschuldet."
Rosalind war die Kehle wie zugeschnürt, sie brachte kein Wort heraus.
"Darf ich mir die Kleine ansehen?" Cesar kniete sich vor sie und streichelte behutsam den Kopf des Babys mit dem feinen dunklen Haar.
Die Geste berührte Rosalind sehr, und sie befürchtete, schwach zu werden. Aber das wollte sie auf keinen Fall zulassen.
Ihre Tochter schien es nicht zu stören, dass ihr Vater sie streichelte. Unbeirrt trank sie weiter.
Lange betrachtete Cesar das Baby. Meine Tochter, dachte er überwältigt. Alle möglichen Emotionen überkamen ihn. Er empfand Schmerz, Reue, Freude und ein grenzenloses Glücksgefühl.
"Rosalind!" Er legte die Stirn an ihre, und sie legte ihm den Arm um den Nacken. Dann brach sie in Schluchzen aus.
Zärtlich nahm Cesar sie in die Arme, drückte Rosalind an sich und richtete sich mit ihr und dem Baby in ihren Armen auf. "Wein bitte nicht, mein Liebling", bat er sie leise.
Doch sie konnte nicht aufhören zu weinen. Die Tränen, die sie ein Jahr verdrängt hatte, strömten ihr über die Wangen. All der viele Kummer, der Schmerz, die ungestillte Sehnsucht brachen hervor. Cesar hielt Rosalind umfangen, streichelte ihr Haar und flüsterte Koseworte auf Spanisch. Sie klammerte sich einfach nur an ihn und weinte sich aus.
"Liebes", flüsterte Cesar, "unsere Tochter hat zu trinken aufgehört."
Langsam hob Rosalind den Kopf und beugte sich über Michelle, die sie mit ihren blauen Augen vorwurfsvoll ansah und sich dann ihrem Vater zuwandte, der sie wieder betrachtete. Dann bewegte sie die kleine Hand.
Cesar reichte ihr einen Finger, und prompt griff das Kind danach. Ungläubiges Staunen breitete sich auf seinem Gesicht aus.
"Hallo, mein Kleines", sagte er leise.
Michelle blickte ihren Vater aufmerksam an, dann zog sie seinen Finger an den Mund und saugte daran. Nach wenigen Sekunden ließ sie ihn enttäuscht wieder los und begann zu schreien.
Und plötzlich musste Rosalind lachen, wenn auch noch etwas unsicher. "Ich muss ihr die andere Brust geben", erklärte sie.
Widerstrebend ließ Cesar sie los. Er lächelte glücklich, während Rosalind das Baby stillte.
Wie gebannt sah Rosalind Cesar an. Alle möglichen Emotionen stiegen in ihr auf.
Er erwiderte ihren Blick. Ihm war, als müsste er in der Tiefe dieser grünen Augen versinken, die ihn ein Jahr lang bis in die Träume verfolgt hatten.
Rosalind war Wirklichkeit, sie war kein Traum mehr. Endlich hatte er sie wiedergefunden. Ihm war klar, er musste das sagen, was zu sagen war. Er musste die Verletzungen heilen, die er ihr zugefügt hatte.
"Kannst du mir noch einmal verzeihen?" fragte er leise. "Ich war ein Idiot, dich zu vertreiben." Er atmete tief ein. "Aber als ich von deinen Schulden erfuhr, ist etwas in mir zerbrochen. Ich fühlte mich hintergangen. Es kam mir so vor, als wäre alles, was zwischen uns war, eine Lüge gewesen. Ich habe angenommen, du hättest nur mit mir gespielt und die ganze Zeit darauf gewartet, dass ich deine Schulden übernehme." Er machte eine Pause. "Und dann habe ich alles in Zweifel gezogen. Mir fiel ein, dass du immer so geheimnisvoll getan hattest und nie über deine Vergangenheit reden wolltest. Als ich schließlich erfuhr, dass du Rostrov so viel schuldest, habe ich dir sogar das Schlimmste zugetraut."
"Ich wollte nicht, dass die Schulden zwischen uns stehen und unsere Beziehung vergiften. Deshalb habe ich sie dir verschwiegen. Und als ich dir alles erzählen wollte, hast du mir nicht geglaubt", erwiderte sie schmerzerfüllt. "Ich wollte für dich vollkommen sein", gab sie traurig zu. "Immerhin wusste ich, dass du nie lange mit deinen Freundinnen zusammen warst und dass du dir bald die nächste suchen würdest. Deshalb habe ich mich bemüht, dir alles recht zu machen, damit du mich so lange wie möglich bei dir haben wolltest."
Verbittert verzog er die Lippen. "Ich fand es verdächtig, dass du so anspruchslos, so anschmiegsam, so vollkommen warst."
"Bis du entdeckt hast, dass ich alles andere als vollkommen war. Du warst so schrecklich wütend auf mich, und das konnte
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