Julia Liebeskrimi Band 09
Hemmschuh für seine Pläne dar.
„Eine heikle Situation, jetzt, wo Mrs. Peet nicht da ist. Außer mir, Sharleen und Etta Sue besteht das Personal zurzeit noch aus ein paar Cowboys, die sich um die Pferde und das Vieh kümmern. Sie sind in der Baracke hinter dem Haupthaus untergebracht. Wir alle schlagen uns mit Fertigmahlzeiten und Sandwiches durch. Vermutlich wird Wyatt gezwungen sein, einen Koch einzustellen, wenn die Lodge öffnet.“
„Ich koche sehr gern“, warf Molly mit einem gewinnenden Lächeln ein.
Raleigh erinnerte sich erneut daran, dass er sie nicht anstellen würde. Auch wenn sie zum Anbeißen aussah und ganz offensichtlich die ideale Besetzung für den Job war. „Es geht bei dem Job eigentlich nicht so sehr ums Kochen als vielmehr ums Management, Miss Broome. Sie müssten die Lodge führen, sich um die Gäste kümmern, das Personal beaufsichtigen …“ Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. „Ne Menge Ärger, wenn Sie mich fragen. Für verdammt wenig Kohle.“ Er nannte eine Summe, die sie mit Sicherheit abschrecken würde. In Anbetracht ihrer Designer-Tasche und der zwar ramponierten, aber teuer aussehenden Kleidung im klassischen Stil war Mrs. Broome offenbar an einen gewissen Lebensstandard gewöhnt.
Sie hob die Brauen. „Kost und Logis inbegriffen, nicht wahr?“
„Sie sind noch immer interessiert?“ Hatte sie sich die Lodge denn nicht richtig angesehen, bevor das Licht ausging? Sharleens Fingernägel nicht bemerkt? Und was war mit den hochprozentigen Ausdünstungen von Etta Sue?
„Ich brauche Arbeit, Mr. Tate.“ Sie reichte ihm ihren Lebenslauf. „Und ich kann sofort anfangen.“
Er überflog die wichtigsten Punkte. Sie war erst fünfundzwanzig. Ledig. Lebte in New York City. Wow! „Sie sind aus New York? Was um alles in der Welt wollen Sie dann hier in dieser Einöde, Miss Broome?“
„Nennen Sie mich ruhig Molly.“ Sie lehnte sich zurück.
„Im November haben wir hier nicht viele Touristen … Miss Molly.“
Ihr Lächeln brachte ein reizendes Grübchen zum Vorschein. „Ich bin auch keine Touristin. Eigentlich besuche ich Freunde auf der Goldstream-Ranch. Zufällig bin ich gerade ohne Arbeit, und als ich von Mrs. Peets Missgeschick hörte …“ Sie zuckte die Achseln.
Er überflog erneut ihren Lebenslauf. Daran angeheftet war ein Arbeitszeugnis ihres letzten Arbeitgebers, der Molly in den höchsten Tönen lobte. „Der Laden hat Pleite gemacht, hübsche Lady?“, fragte Raleigh voller Mitgefühl. „Nun, Miss Molly, danke, dass Sie sich die Mühe gemacht haben vorbeizuschauen. Obwohl Ihre Qualifikationen durchaus überzeugend sind, fürchte ich, Sie enttäuschen zu müssen. Außerdem ist die Stelle ohnehin zeitlich befristet.“ Er stand auf.
Molly nicht. Sie sah ungläubig zu ihm auf. „Sie weisen mich ab?“
„Tut mir leid …“
Ein lautes Poltern und ein durchdringender Schrei unterbrachen ihn. Die Stimme war ihm wohlbekannt, und er biss grimmig die Zähne zusammen.
Molly war erschrocken aufgesprungen. Doch Raleigh machte eine beschwichtigende Geste. „Sind Sie das, Etta Sue?“, brüllte er.
Ein weiterer Schrei ertönte, gefolgt von dem panischen Ausruf: „Grizzly packt mich …“
Molly umklammerte Raleighs Arm. „Wir müssen ihr helfen.“
„Machen Sie sich um die keine Sorgen.“ Die muss nur in Ruhe ihren Rausch ausschlafen, fügte er im Stillen hinzu. „Solange sie noch so laut schreien kann, ist sie nicht verletzt.“
Molly schnappte sich seine Taschenlampe vom Kaminsims. „Ich helfe ihr.“
Raleigh sah sich gezwungen, sie die Treppe hinaufzubegleiten. Dabei gestattete er sich den Genuss, ihre wiegenden Hüften zu betrachten und seine Fantasie schweifen zu lassen. Ob sie wohl im hellen Lampenlicht genauso toll aussah wie bei Feuerschein? Mit dreiunddreißig war er über das Stadium hinaus, wo ein Mann eine Frau nur nach ihrem Aussehen beurteilte. Mit den Jahren war der Wunsch nach einer festen Partnerschaft immer stärker geworden. Eine Frau mit Ausstrahlung und Köpfchen, das wär’s. Eine Frau mit Substanz.
Mit großzügigen Kurven, an die geschmiegt sich ein Mann wie im Paradies fühlte.
Molly hatte inzwischen das erste Obergeschoss erreicht. Der Strahl der Taschenlampe huschte über dunkle Holzpaneele, an denen eine ganze Sammlung Bilder prangte, die Szenen aus der guten alten Zeit darstellten: galoppierende Cowboys, die eine Viehherde zusammentrieben, und Planwagenszenen.
Etta Sues Grabesgeheul wies ihnen den Weg. Raleigh Tate,
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