Julia Liebeskrimi Band 09
vorgefallen war. Die Erinnerung daran trieb ihr die Röte in die Wangen.
„Reece, was vorhin in den Ruinen passiert ist …“ Ihre Röte vertiefte sich. „Also, ich will nicht … Du sollst wissen …“
Er hörte sich ihr Stottern noch einen Moment an, dann fragte er mit einem seltsamen Unterton in der Stimme: „Ist das wieder einer deiner Versuche, mir zu versichern, dass du nicht vorhast, dich in mich zu verlieben?“
„So ungefähr.“
„Spar es dir, Sydney.“ Er kam ins Zimmer. „Was vorhin passiert ist, hat mich ebenso durcheinandergewirbelt wie dich, aber ich mache keine wie auch immer gearteten Vorhersagen.“
Ihr Herz spielte verrückt. Sie hielt den Atem an, als er eine Hand hob und sie unter ihr Kinn legte.
„Ich weiß nicht, wohin uns das führt“, sagte er ein wenig ungehalten, „aber ich bin immerhin bereit, mich auf dich einzulassen.“
„Du kennst das Risiko? Als ich mich das letzte Mal mit einem Mann in Chalo Canyon einließ, hat sich die ganze Stadt auf mich eingelassen.“
Ihr schwacher Versuch, einen Scherz zu machen, verpuffte wirkungslos. Reece verzog keine Miene.
„Ich habe dir gesagt, dass ich nicht Jamie Chavez bin.“
„Ja, ich weiß.“
„Ich will nur sichergehen, dass wir uns in diesem Punkt nicht missverstehen.“
„Ganz bestimmt nicht“, sagte sie atemlos.
Selbst wenn sie mit Blindheit geschlagen wäre, hätte Sydney diesen Mann niemals weder mit Jamie noch mit irgendeinem andern Mann verwechseln können. Sein Geruch, seine Berührung, die unbewusste Autorität, die er ausstrahlte, machten ihn einzigartig.
„Und jetzt ist nicht vor zehn Jahren“, sagte er mit Nachdruck. „Du bist nicht allein damit.“
„Womit, Reece?“
Seine Augen leuchteten entschlossen auf. „Das weißt du verdammt genau.“
Seine Erwiderung bewirkte, dass Sydney die Brust eng wurde. Wenn sie ganz ehrlich sein wollte, hatte sie ebenfalls keine Ahnung, wohin das, was sich in so rasend kurzer Zeit zwischen ihnen entwickelt hatte, führen sollte.
Sie versuchte sich an einem Lächeln. „Lass uns einen Schritt nach dem anderen machen, okay?“
Reece antwortete nicht sofort. Er konnte es nicht. Bei der Vorstellung, sich mit ihr über diese Chenilletagesdecke zu wälzen, diesen vollen Mund und diesen straffen, glatten Körper zu küssen, bis sie wieder im Rausch der Sinne alles um sich herum vergessen würden, war ihm das Blut in die Lenden geschossen.
Die lila Schatten unter ihren Augen brachte ihn zur Vernunft. Er erinnerte sich daran, dass sie bereits vor Sonnenaufgang aufgestanden war. Bestimmt war sie hundemüde.
„Okay, machen wir einen Schritt nach dem anderen“, stimmte er zu. „Ab morgen.“
„Ab morgen“, wiederholte sie und stellte sich auf die Zehenspitzen, um das Abkommen mit einem hingehauchten Kuss zu besiegeln. Er erschauerte unter der federleichten Berührung.
„Reece …?“
„Keine Sorge.“ Er bemühte sich um ein Grinsen. „Ich stehe zu meinem Wort. Wir werden es langsam angehen.“
Auch wenn es ihn umbrachte.
Einen Moment später machte er die Verbindungstür zwischen ihren beiden Zimmern zu, wobei er sich fragte, worauf sie sich da in Gottes Namen eingelassen hatten … und wie es wohl enden würde.
Als Sydney am nächsten Morgen vollbepackt aus ihrem Zimmer kam, war der Hopi-Älteste schon im Café. Nachdem sie ihre Last in dem Van deponiert hatte, gesellte sie sich auf eine schnelle Tasse Kaffee zu ihm.
„Was steht heute auf dem Plan?“, erkundigte sich Henry, als sie sich mit einem dampfenden Kaffee neben ihn setzte.
„Ein paar Interviews mit Einheimischen. Ich möchte meinen Zuschauern einen Eindruck der Menschen vermitteln, die jetzt auf dem Land der Ureinwohner leben. Und ich hoffe, dass sie mir etwas über die weinende Frau erzählen.“ Sie lächelte die Frau, die damit beschäftigt war, den Tresen blank zu wienern, an. „Lula und Martha kommen heute Abend an die Reihe, sobald der Essensansturm vorüber ist.“
Henrys zerknittertes Gesicht verzog sich zu einem Lächeln. „Sie würden es dir nie verzeihen, wenn du sie nicht interviewst.“
„Ich weiß.“
Sydney nippte aufseufzend an ihrem Kaffee. Sie hatte im Lauf der Jahre Hunderte von Interviews geführt, und sie wusste aus Erfahrung, dass die schwierigsten die mit Freunden und Bekannten waren.
„Ich möchte auch Mrs. Brent interviewen. Hat sie immer noch ihre ‚Visionen‘?“
„Immer wenn der Mond voll ist.“
Henrys eigene Kultur war viel zu sehr in Geisterglauben
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