Julia Liebeskrimi Band 09
platziert. Auf einem Tisch daneben waren der Computer und das übliche Zubehör untergebracht. Raleigh machte sich nicht erst die Mühe, ihn näher in Augenschein zu nehmen. Es handelte sich nicht um technisch derart hochwertige Geräte, dass man damit Falschgeld produzieren könnte.
Eine rasche Inspektion der Schreibtischschubladen bestätigte, was er ohnehin schon wusste: Wyatt steckte bis über beide Ohren in Schulden. Raleigh knipste die Taschenlampe aus und lehnte sich zurück, um seinen nächsten Schritt zu erwägen. Die Zeit lief ihm davon. Wyatt steckte in einer derart aussichtslosen finanziellen Situation, dass er rasch handeln musste, um sich zu sanieren. Sonst lief er Gefahr, dass man ihm das Haus über dem Kopf wegpfänden würde.
Raleigh ließ den Blick durch das dämmrige Zimmer gleiten. Rustikale Wandpaneele, mitten im Zimmer stand ein Sessel neben einem Tischchen mit einer nachgemachten Tiffany-Lampe und einer Zigarrenkiste darauf. Das einzig Interessante war die Papierschneidemaschine auf dem Schreibtisch. Ein sauberer Schnitt war Grundvoraussetzung für täuschend echtes Falschgeld. Ansonsten war das Büro eine Sackgasse.
Raleigh inspizierte soeben die Wände hinter den Kunstdrucken, als er das unverkennbare Tapsen bloßer Füße auf der Treppe hörte. Mit ein paar Sätzen war er aus dem Büro verschwunden und schloss leise die Tür hinter sich.
Eine in Weiß gekleidete Gestalt beugte sich über das Geländer. „Jocelyn? Bist du das?“
Molly. Raleigh atmete auf. Den Rücken gegen die Wand gepresst, bewegte er sich seitwärts auf die Rezeption zu. „Ich bin’s, Raleigh.“
„Raleigh? Ich kann Sie nicht sehen.“
„Folgen Sie einfach dem Klang meiner Stimme.“
Er hörte, wie sie nach Luft schnappte. „Können wir nicht Licht anmachen?“
„Mir gefällt’s im Dunkeln.“
Die Zweideutigkeit seiner Worte war unüberhörbar. Mit gespannt angehaltenem Atem fragte Molly: „Was genau gefällt Ihnen denn im Dunkeln?“
„Sie.“
„Ich?“, echote sie.
„Ganz genau Sie, Miss Molly.“ Er ließ die kugelschreibergroße Taschenlampe in die Gesäßtasche seiner Jeans gleiten und trat aus dem dunklen Schatten heraus, damit sie ihn sehen konnte. Sein hastig übergeworfenes Hemd hatte er nicht zugeknöpft. Wenn er Glück hatte, regte das ihre Fantasie in positivem Sinn an.
„Was machen Sie hier?“ Ihre Stimme zitterte kaum merklich. „Es ist mitten in der Nacht.“
„Das ist die beste Zeit, es zu tun.“
Die Worte schockierten sie, das hätte er wetten mögen. „Ich hatte Appetit.“ Er blieb dicht vor ihr stehen.
Ihr Gesicht war noch ganz weich vom Schlaf. Sie trug dicke graue Wollsocken und einen weißen Frotteebademantel, der vorn aufstand und ihren rot-schwarz gestreiften Pyjama enthüllte. Er streckte die Hand aus, um den Stoff zu befühlen. Flanell? Aber klar doch.
Sie zuckte zurück und sog scharf die Luft ein. Zwischen zwei Knöpfen ihrer Pyjamajacke öffnete sich ein Spalt und gab den Blick frei auf milchig weiße Haut und die gerundete Unterseite einer vollen Brust. Raleigh spürte, wie ihm das Blut in die Lenden schoss.
„Ich verstehe nicht, was Sie meinen“, erwiderte sie leise.
„Mitternachtsimbiss“, improvisierte er, um ihr die Verlegenheit zu nehmen. „Und was hat Sie aus dem Bett getrieben? Etwa auch die Lust auf ein Stück Ananastorte?“
„Nein, es war eins der Kätzchen, das an meiner Tür gescharrt und miaut hat.“
Die Kätzchen, verflixt! Zwei davon hatte er im Büro eingeschlossen.
„Aber als ich die Tür öffnete, war es weg“, fuhr Molly fort. „Ich dachte, es ist unterwegs nach unten. Eigentlich sollte Jocelyn die drei heute Nacht bei sich im Zimmer behalten.“ Sie zögerte kurz, schien nachzudenken. „Wo ist es bloß hin? Haben Sie es gesehen? Nein? Sind Sie sicher? Hören Sie, ich hab die Kätzchen schließlich hier angeschleppt und fühle mich verantwortlich für sie. Nach dem ganzen Ärger heute wäre Mr. Wyatt sicher nicht begeistert, wenn …“ Sie brach ab. Nervös zupfte sie am Kragen ihrer Pyjamajacke und massierte sich die Schulter. Genau an der Stelle, wo Raleigh sie am liebsten küssen wollte.
„Noch mehr Ärger können wir ganz sicher nicht gebrauchen“, neckte er sie liebevoll. Ein plötzliches Poltern von oben ließ ihn aufhorchen. Einen solchen Lärm konnte nur einer produzieren: Cord Wyatt. In einer instinktiven Geste riss er Molly an sich und presste seine Lippen auf ihre. Er legte alles in diesen Kuss: heißes
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