Julia Liebeskrimi Band 09
warum?“
„Sind Sie sicher, dass Sie nicht doch versehentlich …“
„Wagen Sie es ja nicht, diesen Satz zu beenden!“, fauchte sie. „Schon vergessen? Ich verursache keine Desaster.“
Raleigh grinste wissend.
Molly errötete verlegen. „Die Brötchen waren die sprichwörtliche Ausnahme von der Regel.“ Sie drohte ihm scherzhaft mit dem Finger. „Sie haben mich abgelenkt.“ Seine Gegenwart verursachte ihr ein angenehmes Prickeln auf der Haut, und ihr Herz klopfte ein wildes Stakkato. Das passte ihr im Moment aber gar nicht, denn noch mehr Ablenkung konnte sie wirklich nicht gebrauchen. Sie hatte schließlich nicht vor, die Medaillons auch noch zu schwarzer Kohle zu verbrutzeln.
Molly Broome hatte ihn, Raleigh, in Verdacht, wobei ihr Instinkt sie nicht einmal trog. Doch für das versalzene Stew zeichnete nicht er verantwortlich. So tief würde er nicht sinken.
Raleigh hängte sein Jackett über die Stuhllehne und bückte sich, um das Kätzchen hochzunehmen, das an seinem Hosenbein turnte. Es war kurz nach zwei Uhr morgens. Die Lobby lag in völlige Dunkelheit getaucht da. Das Holz der Balken arbeitete in der kalten Novemberluft und knackte unaufhörlich, sodass der Raum wie ein riesiges schlafendes Ungetüm wirkte, dessen Knochen vor Altersschwäche krachten. Irgendwo knallte ein loser Fensterladen gegen eine Wand.
Raleigh erschauderte, bis auf die Knochen durchgefroren auf dem Weg von seinem Quartier bis zur Lodge. Er bewohnte eines der sechs kleinen Gästehäuser, die in pittoresker Lage über das Gelände verteilt waren. Die Cowboys Rip und Nicky schliefen in einer Baracke in der Nähe der Ställe. In der Lodge selbst gab es zwanzig Gästezimmer sowie Cord Wyatts Suite. Dann war da noch der Ostflügel, in dem das Hauspersonal untergebracht war.
Dort schlief Molly. Dick eingemummelt in ihre Decken. Sie trug …
Raleighs Fantasie war gerade dabei, etwas Durchsichtiges, Schimmerndes heraufzubeschwören, doch sein Verstand funkte dazwischen. Molly war eher der Typ für einen kuscheligen Flanell-Pyjama. Das Bild, was seine Fantasie daraufhin produzierte, war auch nicht zu verachten. Molly war für ihn wie eine süße Versuchung, geschaffen zum Genießen, zum Kuscheln in einer kalten Winternacht.
Ein leises Geräusch riss ihn aus seinen Träumereien und versetzte seine Aufmerksamkeit in höchste Alarmstufe. In die Dunkelheit starrend, ging er langsam auf die Treppe zu.
Im nächsten Moment hätte er fast laut losgelacht. So viel zu seinen geschärften Instinkten! Ein zweites Kätzchen ließ sich Stufe für Stufe die Treppe hinunterplumpsen. Das kleine Schwänzchen kreiste aufgeregt in der Luft herum, und die winzigen Pfötchen krallten sich in den abgewetzten Treppenläufer.
Auf halber Strecke ließ das Kätzchen sich gemächlich nieder und sah gähnend zu Raleigh auf. Er rettete es von der Treppe und setzte es mit seinem Geschwisterchen auf den Boden. Es bestand zwar die Gefahr, dass Jocelyn sich auf die Suche nach ihren Schutzbefohlenen machte, aber das musste er eben mit einkalkulieren. Es lief eben nicht immer alles so, wie man es plante.
Genau wie mit der Hilfskraft, die er in Gestalt von Stankle für Molly hatte anheuern wollen. Als er beim Essen diesen Vorschlag gemacht hatte, nachdem Molly die Meute mit köstlichen Schweinemedaillons beschwichtigt hatte, hatte Wyatt ihn mit einem klaren Nein abgefertigt. In der gästefreien Zeit sei er nicht bereit, noch mehr Hauspersonal einzustellen. Somit war Raleigh wieder so weit wie zuvor. Er musste sehen, wie er allein vorankam.
Deswegen war er jetzt auch hier. Im Schutz der Nacht wollte er sich Wyatts Büro vornehmen. Sollte er etwas finden, konnte er das zwar nicht als Beweis fürs Gericht verwenden, aber es ließe sich zumindest eine Hausdurchsuchung veranlassen. Und wenn der Rancher erst mal hinter Schloss und Riegel saß, konnte er, Raleigh, endlich die Cowboy-Scharade beenden.
Er könnte aufrichtig um Molly werben.
Wyatts Büro war unverschlossen, und Raleighs Hoffnung schwand. Belastendes Material fand sich selten hinter unverschlossenen Türen, das wusste er aus Erfahrung.
Er öffnete die Tür und schaltete eine unauffällige kleine Taschenlampe ein. Die Kätzchen folgten ihm ins Büro, und aus einem Impuls heraus wollte er sie wegscheuchen. Doch dann überlegte er es sich anders. Sollte man ihn hier erwischen, wo er nichts zu suchen hatte, würden sie eine passable Ausrede liefern.
Cord Wyatts Schreibtisch war an der Außenwand
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