Julia Liebeskrimi Band 09
einen Becher aus dem Schrank.
„Ja, danke.“ Er nahm den bis obenhin vollgeschenkten Becher entgegen, wobei seine eiskalten Fingerspitzen ihre warme Hand berührten.
Die schwere Tür zur Lobby wurde aufgestoßen. Rasch zog Molly ihre Hand weg. „Wer ist zurück? Mr. Wyatt?“
„Sharleen“, erwiderte Raleigh. Er lehnte sich lässig gegen die Arbeitsplatte.
„Dann ist es ja gut. Aber vergiss nicht, die Kätzchen hier rauszuschaffen, bevor Mr. Wyatt zurückkommt.“ Während seiner Abwesenheit hatte Molly ihre kleinen Schützlinge bei sich in der Lodge aufgenommen. Doch sie erwarteten Cord Wyatt heute Abend zurück, sodass die drei wieder zu Raleigh umziehen mussten.
Molly blickte sich gehetzt um. „Ich muss erst mal die Küche aufräumen, bevor ich mit dem Dinner anfangen kann.“ Raleigh half ihr, die Berge eingetüteter und in Plastikdosen geschichteter Plätzchen in die große Kühlkammer zu verfrachten. Als sie fertig waren und Molly die letzte Dose im obersten Regal untergebracht hatte, schenkte sie ihm ihr strahlendstes Lächeln. „Danke.“
„War mir ein Vergnügen.“ Er genoss offenbar die Annehmlichkeiten des beengten Raums.
In diesem Moment schlug die Tür zu.
Raleigh fuhr herum. Er zog an der Klinke und hämmerte mit der Faust gegen die schwere Tür. Nichts. Als Nächstes warf er sich mit voller Breitseite dagegen, aber auch das half nicht. „Aufmachen!“
„O Gott, nein“, stöhnte Molly ungläubig. Sie trommelte mit beiden Fäusten gegen die kalte Edelstahltür. „Sharleen, das ist nicht lustig! Sharleen! Lassen Sie uns raus!“
Ein scharrendes Geräusch auf der anderen Seite der Tür ließ sie innehalten. Beide pressten die Ohren gegen den kalten Stahl und lauschten. Noch ein Kratzen, dann stieß etwas polternd gegen die Tür.
Raleigh runzelte die Stirn. „Der Tisch?“
„Ich fürchte, ja.“ Der Tisch war zwar schwer, aber mit einem kräftigen Stoß konnte man ihn schon bis hierher vor die Tür bewegen, die dann blockiert wäre. Dieser gruselige Gedanke inspirierte Molly zu einer weiteren Attacke gegen die Tür, doch umsonst.
Keine Antwort von draußen. Geistesgegenwärtig schaltete Molly den Temperaturregler aus, doch das würde ihnen auch nicht viel nützen. Solange die Tür nicht geöffnet wurde, um warme Luft hereinzulassen, wurde die Temperatur im Inneren der Kühlkammer noch für eine sehr, sehr lange Zeit konstant gehalten.
Sie knöpfte sich den Pullover bis hoch zum Kinn zu. Die eisige Kälte kroch ihr bereits bis in die Knochen. Und das Bewusstsein, hier eingesperrt zu sein, machte alles nur noch schlimmer.
Raleigh untersuchte den Schließmechanismus der Tür. „Ich dachte, das Ding lässt sich nicht abschließen.“
„Aus Sicherheitsgründen geht das auch nicht, zumindest von innen nicht.“ Sie gab ein hysterisches Kichern von sich. „Damit man sich nicht versehentlich einsperrt, weißt du. Doch wenn von außen jemand mit Absicht die Klinke blockiert, dann hat man Pech gehabt.“
„Vielleicht kann ich die Klinke abmontieren.“ Doch Minuten später gab er auf. Ohne das richtige Werkzeug war es unmöglich, die eiskalte Klinke abzuschrauben.
Molly rubbelte sich die Arme. „Ich friere.“ Ach ja? höhnte sie im Stillen. Eine wirklich überraschende Feststellung, hier in der Kühlkammer.
Raleigh drückte beruhigend ihre Schulter. „Versuch’s mal mit dem ‚Hampelmann‘. Vielleicht wärmt das Hüpfen dich ein bisschen auf.“ Er machte den Vorschlag, ihr Gefängnis auszukundschaften. Doch viel gab es nicht zu sehen. Ein schmaler Streifen Betonfußboden, zwei halb gefüllte Regale. Einige Entlüftungsschlitze, aber kein Fenster. Er wog zwei Beutel Erbsen und Blumenkohl in den Händen. „Wäre ich MacGyver …“
Molly erschauderte. „Mir ist wirklich kalt.“
Er legte die Tüten zurück ins Regal und schlang beide Arme um sie. „Sag etwas Warmes.“
„Berge von dampfendem Kartoffelbrei mit zerlassener Butter.“ Sie vergrub das Gesicht an seiner Brust. „Soßenschüsseln, bis zum Rand gefüllt mit heißer, cremiger Soße.“ Ganz langsam durchflutete sie die Wärme seines Körpers. „Zwanzig Pfund schwere Thanksgiving-Truthähne, frisch aus dem Ofen, knusprig braun.“
„Barbecue“, fiel er ein. „Brutzelnde Steaks, verkohlte Burger, gebackene Kartoffeln, ein Spanferkel am Spieß.“
„Heiße Schokolade.“ Ihr Magen fing an zu knurren. „Vielleicht sollten wir die Plätzchen essen, bevor sie gefroren sind.“
Er rubbelte ihren Rücken.
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