Julia Liebeskrimi Band 09
dicke Flocken zerbarst.
„Ich muss gehen.“ Molly kam sich linkisch vor, als sie Raleigh vorsichtig zur Leiter folgte. Sie hatte sich von ihrem gemeinsamen Ausflug auf den Heuboden etwas mehr versprochen.
Erstaunt registrierte sie, wie Raleigh ihre Hand nahm und sie auf die erste Stufe dirigierte. Sein Griff war fest und vertrauenerweckend.
Sie sah ihm in die Augen, während sie behutsam die Leiter herunterkletterte. Einen scheinbar ewig dauernden Moment lang sagte er nichts, doch dann seufzte er ihren Namen. „Molly.“
Einfach nur Molly.
Und ihr wurde bewusst, dass das Zwischenspiel auf dem Heuboden doch sehr viel intimer gewesen war, als sie geglaubt hatte.
Eine Woche später war Molly gut gelaunt damit beschäftigt, selbst gebackene Weihnachtsplätzchen einzutüten, um sie einzufrieren. Ihre Familie konnte es immer noch nicht fassen, dass sie beschlossen hatte, in Wyoming zu bleiben, doch sie selbst war angenehm überrascht festzustellen, wie problemlos sie sich dem Leben auf der Ranch angepasst hatte.
Rückblickend wurde ihr klar, dass sie in New York fehl am Platz gewesen war. Ihre Freundinnen hatten schon immer gesagt, sie sei zu weich für das harte Leben im Big Apple, und sie wusste jetzt, dass sie recht gehabt hatten.
Seltsamerweise jedoch war sie nicht zu weich für das Leben im abgelegenen, frostig-kalten Wyoming.
In der vergangenen Woche hatte sie gelernt, den Cherokee über vereiste Waschbrett-Straßen zu lenken. Sie hatte ihren ersten Schneesturm überstanden, von dem Raleigh behauptete, er sei nicht mehr als ein kurzer Schauer gewesen. Sie hatte Sicherungen gewechselt, Faulenzer schikaniert, ihren Fön dazu benutzt, eingefrorene Wasserleitungen aufzutauen. Sie war mit den plumpen Annäherungsversuchen ihres Bosses fertig geworden, ohne gerichtliche Schritte androhen zu müssen, und hatte sogar den Kampf mit Etta Sue um den Besitz des Staubwedels gewonnen.
Doch anstatt erschöpft zu sein, hungerte Molly nach mehr. Zugegeben, die Hausarbeit und das Kochen fingen an, ihr zuzusetzen, aber jetzt, da sie erst einmal Grund in den Haushalt gebracht hatte, freute sie sich auf ihre eigentliche Aufgabe: das Managen der Lodge und des Gästebetriebs. Ihr erster Blick in die Bücher war zwar nicht gerade ermutigend gewesen, doch sie war sich sicher, dass sie mit der Zeit einen ordentlichen Gewinn würde herauswirtschaften können.
Laut Raleigh lag die arme Mrs. Peet immer noch im Streckverband. Etta Sue schleppte sich durch die Gegend, behängt mit mindestens fünf Pfund falschen Schmucks. Einen Großteil ihrer Zeit verbrachte sie in der Unterkunft der Cowboys, wo sie mit Rip Lawless herumknutschte. Und Sharleen fuhr tagtäglich in die Stadt, um Gesangsunterricht zu nehmen, und blieb dort immer so lange, bis es Zeit war, ihre Tochter von der Schule abzuholen.
Das Sahnehäubchen obenauf war, dass Cord Wyatt zwei wundervoll erholsame Tage verreist war.
Molly hatte Ruhe und Frieden, sie hatte Arbeit und Weihnachtsplätzchen. Und manchmal hatte sie sogar Raleigh. Das Leben war schön.
Und ein freudiges Ereignis stand bevor: der Hochzeitsempfang von Grace Farrow und Shane McHenry, der in der zweiten Dezemberwoche auf der Triple Eight abgehalten werden sollte. Bis dahin war noch jede Menge zu tun: Dachschindeln mussten repariert und die Sicherungen im Haus ersetzt werden. Molly fungierte gleichermaßen als Brautjungfer wie auch als Organisatorin der Party. Sie war fest entschlossen, das Ereignis zu einem unvergesslichen Erlebnis werden zu lassen. Mit den Vorbereitungen dafür würde sie völlig ausgelastet sein.
Ein Blick aus dem Fenster zeigte ihr, dass es angefangen hatte zu schneien. Der trübe graue Winterhimmel öffnete seine Pforten und ließ ganze Heerscharen dicker, wattiger Schneeflocken auf die Erde rieseln. Molly erschauerte wohlig, denn im Gegensatz zu draußen war es in der nach Zimt duftenden Küche mollig warm. Sie hoffte, dass alle Bewohner heil auf die Ranch zurückfanden.
Raleigh tauchte auf dem Weg auf, der von der Scheune zur Lodge führte. Mollys Puls fing an zu rasen. Sie vergrub die Hände tief in den Taschen ihres Pullovers, und in ihrem Bauch kribbelte es erwartungsvoll.
Während der vergangenen Woche hatte sie Raleigh kaum zu Gesicht bekommen. Sie fragte sich ernsthaft, ob er sie absichtlich mied. Zugegeben, er hatte alle Hände voll zu tun. Aber trotzdem …
Raleigh öffnete die Hintertür, und mit ihm kam ein eiskalter Luftzug herein.
„Kaffee?“, bot Molly an und holte
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