Julia Liebeskrimi Band 09
Molly gab Rip ein Zeichen, sie zum Flughafen zu chauffieren.
Nur Etta Sue glänzte durch Abwesenheit.
Molly kehrte in die Küche zurück. „Jocelyn, hast du Etta Sue gesehen?“
Das Mädchen, das gerade dabei war, die Katzen zu füttern, blickte auf. „Ja, Ma’am. Sie ist auf ihrem Zimmer. Der Gestank stört sie nicht, hat sie gesagt.“
„Sie ist doch nicht etwa krank? Vielleicht sollte ich ihr das Frühstück nach oben bringen.“ Und somit meine Neugier befriedigen, fügte sie im Stillen beschämt hinzu.
„Ich denke …“ Jocelyns Augen waren groß vor Besorgnis. Sie senkte den Kopf. „Ich denke, sie betrinkt sich.“
Was genau das war, was Etta Sue sie alle glauben machen wollte. „Es war Etta Sue, die das Stew versalzen hat“, bemerkte Molly unvermittelt. Sie war sich hundertprozentig sicher, dass ihr Instinkt sie nicht trog.
Jocelyn wand sich buchstäblich vor Verlegenheit. „Ich darf nichts sagen.“
„Das brauchst du auch nicht, Liebes.“ Ich weiß es auch so, fügte sie in Gedanken hinzu.
Die Hintertür wurde aufgerissen, und eine völlig aufgelöste Sharleen eilte herein. Über den Kleidern, die sie seit dem vergangenen Abend anhatte, trug sie eine pinkfarbene Jacke aus Kunstleder. Sie schlug die Tür zu und fuhr sich in einer dramatischen Geste mit beiden Händen in ihren zerzausten Dutt, wobei sie einen lauten Seufzer ausstieß.
„Mommy!“ Jocelyn sprang auf und schlang ihrer Mutter beide Arme um die Mitte, wobei sie den ohnehin schon ramponierten Rock noch mehr zerknitterte.
„Oh!“, meinte Molly erstaunt. „Willkommen zu Hause. Ist Raleigh auch zurück?“
Sharleen ignorierte Mollys Frage. Mit einer Hand tätschelte sie ihrer Tochter den Rücken, die andere streckte sie mit gespreizten Fingern von sich. „Sie haben mir die Nägel abgebrochen“, klagte sie. Sie tastete nach ihren Ohrläppchen. „Und meine Diamantohrringe konfisziert.“
„Aber Sie stehen doch …“ Molly biss sich noch gerade rechtzeitig auf die Lippen. Die Worte „unter Arrest“ wollte sie in Gegenwart des Kindes nicht aussprechen.
„Sie haben mich stundenlang verhört. Es war schrecklich – einfach furchtbar!“ Tränen hatten mascaraverschmierte Spuren durch Sharleens Make-up gezogen. Sie hatte sich die falschen Wimpern entfernt und vergessen, frischen Lippenstift aufzulegen. So wirkte ihr Gesicht plötzlich ganz nackt, jung und verletzlich.
Mollys Herz schmolz vor lauter Mitgefühl, erst recht, als Jocelyn ihr Gesicht an Sharleens Bauch schmiegte und bettelte: „Verlass mich nicht, Mommy. Ich will auch ganz brav sein. Ich spiele nie mehr mit den Kätzchen – das verspreche ich.“
„Oh, mein kleines Zuckerschneckchen.“ Sharleen ging in die Hocke und zog ihre Tochter in die Arme. „Mach dir nur keine Sorgen um deine Mommy. Ich bin ’ne Kämpfernatur, das weißt du doch.“ Sie blickte anklagend zu Molly auf. „Keiner wird mich für etwas drankriegen, das ich nicht getan habe.“ Ein schrilles Lachen entrang sich ihrer Kehle, doch es klang nicht allzu zuversichtlich. „Ich hab in meinem Leben genug falsch gemacht. Diesmal bin ich unschuldig. Das schwöre ich.“
Molly glaubte ihr. „Aber warum haben Sie dann … na, Sie wissen schon?“
„Ich hab doch mitgekriegt, wie Sie und Etta Sue sich wegen der Zeitungsstapel in die Haare gekriegt haben. Und dann hat sie sie doch glatt alle in den Keller geschleppt. Da musste doch was faul dran sein. Also hab ich mir die Zeitungen mal vorgenommen und das Geld gefunden. Das war wie ein Sechser im Lotto, wissen Sie?“
„Sie hätten es gleich jemandem sagen sollen“, hielt Molly ihr entgegen.
Sharleen zuckte die Achseln. „Ich dachte, Etta Sue ist eine von diesen kauzigen alten Ladys, die sich fünfzig Katzen halten und auf einer mit Banknoten vollgestopften Matratze schlafen. Wie hätte ich denn ahnen sollen, dass das verdammte Zeug Falschgeld ist? Für mich sah’s ziemlich echt aus.“
Und dann, als alle mit Feiern beschäftigt waren, hat Sharleen beschlossen, ihr Bankkonto ein bisschen aufzustocken, schloss Molly im Stillen. Sie ist des Diebstahls von Falschgeld schuldig, nicht der Herstellung. Und technisch betrachtet nicht einmal das, denn Raleigh hatte sie ja mitten im Stehlen unterbrochen.
„Na gut“, räumte Molly ein. „Und welche Rolle spielt Cord bei der ganzen Geschichte?“
Sharleens Gesicht umwölkte sich sorgenvoll. Sie hat den alten Knaben wirklich gern, dachte Molly erstaunt. Das musste sie wohl auch, denn
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