Julia Liebeskrimi Band 09
Müllbehälter untergebracht war.
Was zugegebenermaßen ziemlich verdächtig wirkte. Am besten richtete sie alles wieder so her, wie sie es vorgefunden hatte, und rief Raleigh auf dem Polizeirevier an.
Doch dazu kam sie nicht mehr.
Ein markerschütternder Schrei durchschnitt die Stille.
Zu Tode erschrocken blickte Molly in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war. Etta Sue lehnte über dem Geländer im zweiten Stock. Ihr unnatürlich helles Haar fiel ihr ins Gesicht, und sie fuchtelte wild mit den Armen in der Luft herum. „Wagen Sie ja nicht, meinen Rollwagen anzurühren!“
Geschickt wich Molly den Weihnachtsbaumkugeln aus, die Etta Sue auf sie abfeuerte. Sie zersprangen auf dem Boden in tausend goldglitzernde Scherben. Als Nächstes folgte der große goldene Stern. Molly duckte sich gerade noch rechtzeitig hinter dem Karren, bevor der Stern direkt dort hineinsauste und mit einer Spitze die Außenhülle einer Spraydose durchbohrte. Flaschen fielen zu Boden, die Besen klapperten gegeneinander.
Molly riskierte einen raschen Blick. Etta Sue griff in den Baum, um nach weiterer Munition zu fischen. Sie bekam eine Sternchenkette zu fassen, riss daran, wobei weitere Kugeln zu Boden fielen und zerschellten. Die Lichterketten flackerten.
In diesem Moment wurde die Eingangstür geöffnet. Raleigh erschien auf der Türschwelle. Seine imposante Silhouette zeichnete sich dunkel vor dem blauen Himmel und den schneebedeckten Bergwipfeln ab.
Seine Stimme klang laut und gebieterisch, als er befahl: „Lassen Sie auf der Stelle die Kette los, Etta Sue!“
Raleighs Staubmantel war geöffnet, ebenso wie sein Jackett. Die Hände hielt er an seinen Seiten, ein Stück vom Körper entfernt, die Finger leicht gekrümmt.
Wenn er jetzt einen Revolver zieht, dachte Molly, gebe ich meinen Videothekausweis zurück.
Auch Etta Sue hatte offensichtlich zu viele Western gesehen. Sie starrte Raleigh direkt in die Augen, während sie ganz langsam die Kette fallen ließ und die Hände hob. Der Strom flackerte, und aus dem Baum stoben Funken.
Etta Sues Mund stand weit offen, und sie schien wie festgewurzelt. Dann kippte sie mit einem leisen Aufschrei nach hinten über und schlug der Länge nach hin.
Die Gefahr war gebannt.
Molly schoss hoch und flog auf ihren Retter zu. Die Glassplitter knirschten unter ihren Schuhsohlen. „Mein Held“, flötete sie glückstrahlend, während sie Raleigh um den Hals fiel. Ihr war ganz schwindelig vor Liebe. „Ich weiß, das ist ein Klischee, aber was um Himmels willen ist schon verkehrt an einem guten Klischee?“
Raleigh zog sie in die Arme, den Blick mit einem Ernst auf Molly gerichtet, der mehr besagte als alle Worte. Dann verzog er die Lippen zu einem Grinsen. „Ein tolles Gefühl, ein Held zu sein.“
11. KAPITEL
Des Wartens überdrüssig, öffnete Molly die Tür und trat hinaus in die Kälte. Sie war in eine leichte Wolldecke gehüllt, die sie jetzt enger um sich zog. Die Luft war kälter geworden, und die Sonne war untergegangen. Eiskalte Luft füllte das Tal wie flüssiges Eis.
Molly stellte sich die Ranch in einer Schneekugel eingeschlossen vor. Schmuck, anheimelnd, pittoresk: die Lodge und die Holzhäuschen, die Scheune und Pferche, die Hügelkette mit den Pinien. Einmal schütteln, und die Schneeflocken stoben auf, umwirbelten die Frau auf der Türschwelle, die auf die Rückkehr ihres Cowboys wartete.
Keine Schneekugel, dachte Molly. Ein Film. Das Finale.
Natürlich.
War es schon vorbei? Hatte es damit geendet, dass Raleigh mit Etta Sue im Polizeiwagen entschwand?
Wie es aussah, würde Cord Wyatt ziemlich glimpflich davonkommen. Man hatte ihn vor wenigen Stunden gegen Kaution freigelassen, und er war außergewöhnlich kleinlaut auf die Ranch zurückgekehrt. Sharleen hatte ihm die kalte Schulter gezeigt, sich aber zunehmend erwärmt, nachdem Cord versprochen hatte, dass Jocelyn eines der Kätzchen behalten dürfe.
Mollys Nasenspitze war eiskalt. Sie blickte hinauf in den Sternenhimmel. Ihr schien, als gäbe es hier in Wyoming andere Sterne – heller, gleißender. Wie glitzernde Diamanten sprenkelten sie den samtschwarzen Himmel.
Ein Paar Scheinwerfer erstrahlte am Horizont. Mollys Herz machte einen freudigen Satz.
Sie beobachtete, wie der Wagen des Sheriffs durch den pulvrigen Schnee pflügte. Raleighs Heimkehr. Vielleicht kam sie ja doch noch in den Genuss eines Happy Ends in Technicolor.
Raleigh stapfte barhäuptig und ohne Handschuhe durch den Schnee zur Lodge. Molly
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