Julia Liebeskrimi Band 09
dann fragte er ins Telefon: „Mom?“
„Ich bin noch dran“, sagte sie. „Mike wollte nur, dass ich dir sage, in welches Motel wir gehen.“
„Kein Motel, Mom. Wir möchten, dass ihr zu uns kommt. Ich ziehe mir nur schnell etwas über, dann hole ich euch.“
Phyllis zögerte. Sie war sich nicht sicher, ob sie bereit war, ihrer Schwiegertochter unter den gegenwärtigen Umständen unter die Augen zu treten.
„Findest du wirklich?“, fragte sie schließlich verunsichert. „Ich meine, deine Frau könnte womöglich …“
„Sie heißt Mary, Mom, und es war ihre Idee, dass ihr zu uns kommt, nicht meine. Ich bin gleich da.“
Phyllis hörte, wie er auflegte, und legte dann ebenfalls auf. Sie kannte ihren Sohn. Wenn er sich erst einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, konnte ihn nichts und niemand wieder davon abbringen. Sie schaute ihren Mann an und befahl: „Geh und wasch dir das Gesicht, Mike. Daniel holt uns ab.“
3. KAPITEL
Mary wurde von den ersten Strahlen der Morgensonne geweckt. Das Letzte, woran sie sich erinnerte, war, dass sie neben Daniel auf der Couch gesessen hatte und …
O Gott, Mike und Phyllis waren hier, und sie war irgendwann in den frühen Morgenstunden, während sie alle noch zusammengesessen hatten, auf der Couch eingeschlafen!
Sie fuhr hoch und sprang auf. Was sollten sie von ihr denken?
Beim Anblick der blitzblank aufgeräumten Küche stöhnte sie laut auf. Wieder etwas, das man ihr ankreiden konnte. Phyllis würde es ihr immer wieder unter die Nase reiben, dass Daniel sämtliche Hausarbeiten selbst machen musste. Sie drehte sich schnell um und ging den Flur hinunter, wobei sie ständig damit rechnete, dass sich Türen öffneten und sich ihr mahnend erhobene Zeigefinger entgegenstreckten. Doch stattdessen hörte sie aus dem Gästezimmer nur leises Schnarchen.
Erleichtert darüber, dass ihre Schwiegereltern noch schliefen, ging sie in ihr Schlafzimmer. Das Bett war leer, und im Bad rauschte die Dusche. Daniel war auf und machte sich fertig, um in die Kanzlei zu gehen.
Im Kinderzimmer lag Hope auf dem Rücken und versuchte mit ihren Patschhändchen, das Mobile zu erhaschen, das über ihrem Bettchen baumelte.
„Guten Morgen, meine süße Kleine“, flüsterte Mary.
Als das Baby die Stimme seiner Mutter hörte, drehte es den Kopf und begann vor Freude lauthals zu krähen. Mary hob Hope lachend aus ihrem Bettchen und legte sie auf den Wickeltisch.
„Eine trockene Windel und ein warmes Fläschchen, und zwar genau in dieser Reihenfolge, junge Dame. Wie klingt das?“
Hope verzog das winzige Gesichtchen und krähte ungehalten, als ihre Mutter begann, ihr den Strampler aufzuknöpfen.
„Oh, so schlimm kann es doch nicht sein“, redete Mary leise auf das Baby ein, während sie den kleinen Popo abwusch und eincremte und dann eine saubere Windel unterschob und zumachte. „Ich verspreche, mich zu beeilen. Okay?“
Einige Handgriffe und ein paar Druckknöpfe später war Hope fertig. Mary hob sie hoch, drückte sie an ihre Brust und ging zur Tür, wobei sie es auskostete, das seidige Haar der Kleinen und ihre samtweiche Haut zu spüren.
Als sie auf dem Flur Daniel begegnete, sah sie zu ihrer Überraschung, dass er statt eines Anzugs Jeans und ein T-Shirt anhatte.
„Daniel, du wirst zu spät kommen.“
„Ich mache heute frei. Ich habe schon angerufen.“
Mary verspürte leise Panik in sich aufsteigen. „Ist das auch wirklich okay?“
„Absolut“, beruhigte er sie. „Ich habe ihnen erzählt, was Mom und Dad passiert ist, und sie hatten vollstes Verständnis. Und da ich heute keinen Gerichtstermin habe, ist es kein Problem, wenn ich freinehme.“ Dann legte er Mary einen Arm um die Schultern und gab ihr und Hope einen flüchtigen Kuss. „Davon abgesehen macht es mir erheblich mehr Spaß, den Tag mit meinen zwei Lieblingsmädels zu verbringen, als mich durch unser verzwicktes Rechtssystem zu wursteln.“
Mary nickte, aber sie runzelte immer noch die Stirn, während sie zusammen in die Küche gingen. „Du hättest mich letzte Nacht nicht einfach einschlafen lassen dürfen. Was müssen deine Eltern von mir gedacht haben?“
„Dass du todmüde bist und einen verdammt leckeren Kuchen machst.“
Sie blieb stehen. „Wirklich?“
Er lächelte und streckte die Hände aus, um ihr Hope abzunehmen. „Ja, wirklich. Und jetzt gib mir mal unsere Tochter. Wenn ihr Fläschchen warm ist, gebe ich es ihr, während du uns einen Kaffee machst, einverstanden?“
Mary ging das Herz
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