JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN BAND 56
raus?“
„Sharon?“ Faith wischte sich über die Augen und bereute sofort, dass sie sich heute Morgen geschminkt hatte. Wahrscheinlich sah sie jetzt zu allem Überfluss aus wie ein Waschbär. „Was machst du denn hier?“
„Ich habe deinen Streit mit Vale gehört“, gestand die andere Frau. Mitgefühl lag in ihrer Stimme.
Na, wunderbar. Das Letzte, was Faith brauchte, war Mitleid. Sie würde nur wieder anfangen zu weinen.
„Ich wollte nicht lauschen“, fuhr Sharon fort. „Mir ist noch etwas eingefallen, das ich Vale fragen wollte, deswegen bin ich zurückgekommen. Als ich an deinem Büro vorbeiging, habe ich meinen Namen gehört, und dann habe ich es natürlich trotzdem getan – also gelauscht.“
Faith atmete tief ein. Sie hasste es, dass sie vom Weinen Schluckauf bekam. Sie hasste es, dass Sharon bemerken würde, wie heftig sie geweint hatte. „Tut mir leid, dass du Zeugin dieses unschönen Gesprächs geworden bist.“
„Warum? Ich finde, du warst großartig.“
Faith blinzelte verwirrt. Sie musste sich verhört haben. Nachdem sie die Kabinentür aufgestoßen hatte, stand sie da und sah Vales Cousine fragend an. „Findest du?“
„Absolut“, erwiderte Sharon. Sie nahm Faith die Brille aus der Hand und begann, die Gläser mit einem Kosmetiktuch trocken zu reiben. „Ich habe noch nie gehört, dass jemand so mit Vale geredet hat. Selbst in meiner Familie haben alle etwas Angst vor ihm, niemand wagt es, ihm zu widersprechen.“ Sie gab Faith die Brille zurück. „Wir werden gute Freundinnen werden.“
In Faiths Kopf drehte sich alles. „Aber …“
„Kein Aber.“ Sharon öffnete ihre Handtasche, nahm ein kleines Kosmetiktäschchen heraus. Sie drückte etwas flüssiges Make-up aus einer Tube auf ihren Zeigefinger und forderte Faith auf, nach oben zu gucken. Dann verteilte sie die Creme unter Faiths Augen und begutachtete das Resultat. „Ich bewundere jede Frau, die meinem Cousin widerspricht und dafür sorgt, dass ihm ausnahmsweise mal die Worte fehlen.“
Plötzlich wurde Faith das Ausmaß dessen klar, was geschehen war. „Himmel, ich habe meinen Job gekündigt.“
„Aber du hast gesagt, du hättest ein Angebot einer anderen Klinik“, erwiderte Sharon stirnrunzelnd. Sie kramte noch einmal in ihrem Täschchen, dann reichte sie Faith einen nagelneuen Lippenstift. „Das hier ist meine Lieblingsfarbe. Ich habe immer einen zusätzlichen Stift dabei, falls ich meinen verliere. Ich glaube, er wird dir stehen.“
Faith blinzelte. Plauderte Sharon wirklich gerade über Lippenstifte? Automatisch schaute sie auf den kleinen Zylinder. Pink Passion hieß die Farbe.
„Ich habe gelogen“, bekannte sie, während sie den Lippenstift aufschraubte. Die Farbe war wirklich hübsch.
„Oh.“ Sharon schien diese Information erst verarbeiten zu müssen. „Aber du bist doch Gehirnchirurgin, oder?“
Faith schaute in den Spiegel und malte sich die Lippen an. „Ja, ich bin immer noch eine Neurochirurgin. Eine arbeitslose Neurochirurgin.“
Warum also wurde sie nicht vollkommen panisch? Warum stand sie hier in der Damentoilette und schminkte sich, während sie mit Sharon Wakefield Woodard plauderte, als wäre alles in bester Ordnung?
„Perfekt.“ Sharon klatschte begeistert in die Hände. „Dann wirst du dich einfach selbstständig machen und eine eigene Praxis eröffnen. Und ich werde deine erste Patientin. Mein Kopf muss dringend untersucht werden, um festzustellen, wie ich auf die dämliche Idee gekommen bin, Steve zu heiraten.“
Faith öffnete ihre mit Pink Passion geschminkten Lippen und schloss sie wieder. Was sollte sie darauf sagen? „Aber … ich kann keine eigene Praxis eröffnen.“
„Warum nicht?“ Sharons Reaktion kam so spontan und überzeugend, dass Faith sich plötzlich dieselbe Frage stellte. Ja, warum eigentlich nicht?
Warum sollte sie für jemand anderen arbeiten und nicht selbst über ihre Karriere bestimmen? Natürlich war es eine Prestigefrage, bei einer angesehenen Klinik wie Wakefield and Fishe angestellt zu sein, doch Prestige konnte sie sich auch selbst verdienen.
Schnell jedoch dämpfte die Realität ihren Enthusiasmus. „Ich weiß deine Begeisterung wirklich zu schätzen, Sharon. Leider verfüge ich aber nicht über genug Mittel, um eine eigene Klinik zu eröffnen.“
„Also, wirklich …“ Sharon verdrehte theatralisch die Augen. „Natürlich tust du das. Ich bin Millionenerbin, schon vergessen? Vale hält mir immer wieder vor, dass ich mit meinem Leben
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